In ihrem Film “Meine Familie bringt mich um!“ hat Iris Berben Angst - vor dem Alter, der Ehe, vor Fremdem. Wie sieht's denn privat aus?
Hamburg. Als Frau will Iris Berben einfach nicht altern, in ihren Rollen dafür um so mehr. So wie in der ZDF-Tragikomödie "Meine Familie bringt mich um!". Der Gärtnereibetrieb, den sie mit ihrem Mann Peter (August Zirner) betreibt, dümpelt vor sich hin. Sohn Daniel (Ben Unterkofler) und Tochter Lizzy (Paula Kroh) sind in der Pubertät und machen ihr das Leben schwer. Als auch noch ihre Mutter einen Schlaganfall erleidet und zum Pflegefall wird, droht Helen die Contenance zu verlieren. Ein Gespräch über Ängste, Comedy, Wechseljahre und den Wahnsinn der Pubertät.
Hamburger Abendblatt: Frau Berben, im Film haben Sie ständig Angst: vor Fremdem, dem Alter, um Ihre Ehe, die Kinder. Sind Sie auch so ängstlich?
Iris Berben: Nein. Natürlich gibt es Schnittstellen der Erkenntnis, ab wann einem die Fäden der eigenen Lebensführung aus der Hand genommen oder die Kinder selbstständig werden. Aber das Lebensmuster meiner Figur Helen ist ein völlig anderes als meines, sowohl in der Kindheit als auch danach.
Eine Hausfrau waren Sie nie.
Berben: Als alleinerziehende Mutter war ich die ersten vier Jahre ganz anders gepolt. Da ist man zu früh zu selbstständig, um sich auf häusliche Tätigkeiten zu konzentrieren. Deshalb ist mir die Form des Zusammenlebens dieser klassisch-bürgerlichen Familie im Privaten fremd, obwohl sie zur Tragikomödie überspitzt wird. Trotzdem ist die Angst vorstellbar, nicht mehr gebraucht zu werden oder seine Attraktivität zu verlieren.
Genau damit steigt der Film ein - im Schönheitssalon.
Berben: Haarausfall, furchtbar. In meinem Alter merke ja auch ich, dass Zeit begrenzt ist.
Setzt Sie die Öffentlichkeit unter Druck, nicht zu altern?
Berben: Nicht mehr, und das war ein Stück Befreiung. Ich werde als Berta Krupp, Betsy Buddenbrook oder gealterte RAF-Terroristin wahrgenommen, also in erwachsenen Charakterrollen, die sich parallel zur Entwicklung des eigenen Alters und dessen Gefühlen, Erkenntnissen, Verlusten abspielen. Die Themen meiner Figuren beschäftigen mich selbst, ich fühle mich eins zu eins in vertrauenswürdigen Rollen besetzt.
Nur selten komisch wie hier.
Berben: Comedy ist Teil meines Lebens, ich möchte nur die Messlatte von einst nicht unterschreiten. Zumal bei vielen "Sketchup" präsenter ist als manch neuer Film. Und diese Komödie ist ja im Wesen tragisch, weshalb mich gewundert hat, dass beim Filmfest in Hamburg an Stellen, wo ich ein Schmunzeln erwartet hätte, laut gelacht wurde.
Eher von Männern oder Frauen?
Berben: Von Ersteren. Während Frauen es gewohnt sind, Dinge zu benennen und anzugehen, machen Männer viel mit sich selber aus. Für sie sind Filme über innere Konflikte was Abstraktes, das ermöglicht einen befreiten Umgang damit. Aber jetzt werden Sie lachen: privat mache ich die Dinge auch lieber mit mir selbst aus. Auch das Altern oder die Wechseljahre.
Vor denen die Tragikkomödie "Meine Familie bringt mich um!" ausdrücklich zu warnen scheint.
Berben: Das Thema verträgt durchaus Ironie statt Tabuisierungen. Aber heutzutage neigen wir ja dazu, zum Tabu zu erklären, was nicht in Serien, Talkshows und Filmen breitgetreten wird. Unsere Gesellschaft ist aufgeklärt genug, um die Menopause nicht unter Besprechungsverbot zu stellen. Nur: Deshalb muss man damit auch nicht andauernd hausieren gehen.
Zumal manche gern tabuisieren, was sie verkaufen wollen.
Berben: Absolut, nehmen Sie Sarrazins These vom angeblichen Tabu Migration. Für solche Debatten taugen die Wechseljahre gottlob nicht.
Aber sie führen im Film immerhin zu heftigen Verlustängsten. Hatten Sie die bei Ihrem eigenen Sohn auch?
Berben: Nee! Oliver hat zu mir gesagt, er sei froh, dass ich mich so von Helen unterscheide. Doch obwohl er schon früh in meinem Leben erwachsen war, entgleiten mir manchmal mütterliche Sätze, für die ich mich sofort schäme. Vielleicht will ich da was nachholen, aber es sind natürlich bloß Ausrutscher (lacht) .
Pflegen Sie ein Arbeitsverhältnis, wenn er wie hier Ihren Film produziert?
Berben: Ja, auf Augenhöhe und professionell. Das liegt auch an der Emanzipation meines Sohnes von mir; er will diese Loslösung schon lange. Chef einer Firma wie Constantin wirst du jedenfalls nicht, weil du protegiert wirst.
Hat man mit Ihrer Filmbiografie so etwas wie Macht?
Berben: Ich habe keine Macht, höchstens ein Mitspracherecht, wie in jedem Film üblich. Filmemachen ist ein Prozess. Trotzdem reden wir natürlich über die Arbeit. Oliver hat mir früh den Roman gegeben - dessen Titel ich im Übrigen viel schöner finde als den des Films. Er heißt: "Mein Sohn hat ein Sexleben und ich lese meiner Mutter Rotkäppchen vor". Wunderbar! Aber ich bin da wie so oft gegen Mauern gelaufen. Jetzt heißt er eben "Meine Familie bringt mich um!".
Eine Waffe heißt Pubertät. Hat Sie die Ihres Sohnes in den Wahnsinn getrieben?
Berben: Es hat sich in Grenzen gehalten. Vielleicht ja, weil ich ebenso wenig wie meine Eltern strenge Erziehungsvorstellungen hatte. Und Helen wird nicht in den Wahnsinn getrieben, sie lässt sich treiben.
Und Ihre Pubertät Anfang der 60er-Jahre: Wahnsinn oder Ruhe?
Berben: Eher Wahnsinn. Ich bin von drei Internaten geflogen.
Würden Sie um den Preis der Pubertät noch mal 15 Jahre alt sein?
Berben: Um Gottes willen!
Meine Familie bringt mich um! Mo 31.1., ZDF 20.15