Ina Müller macht es vor: Viele prominente, erfolgreiche Frauen haben einen jüngeren Partner. Was sie erwarten - und wovor Forscher warnen.
Hamburg. Simone Thomalla, Nena, Iris Berben, Demi Moore - und nun auch Ina Müller: Diese erfolgreichen Frauen in den besten Jahren haben eines gemeinsam: Sie führen Beziehungen mit jüngeren Männern. Und zwar mit viel jüngeren.
17 Jahre trennen die Hamburger Entertainerin Ina Müller, 45, von ihrem neuen Freund, dem Musiker Johannes Oerding. Schauspielerin Iris Berben ist zehn Jahre älter als ihr Partner, Sängerin Nena 13 Jahre, Simone Thomalla, 45, könnte gut und gern die Mutter ihres 25-jährigen Freundes, des Handball-Nationaltorwarts Silvio Heinevetter, sein. "Mars Robinson" (Anne Bancroft), die in dem Kultfilm "Die Reifeprüfung" von 1967 den Studenten Benjamin Braddock (Dustin Hoffman) verführt, lässt grüßen.
Von der Skandal- zur trendigen Lifestyle-Liaison war es ein recht kurzer Weg: Der "Cougar", der amerikanische Berglöwe, fungiert dabei als das Wappentier dieser Frauenbewegung, der freilich als Slang-Begriff aus dem nordamerikanischen Raum verstanden werden muss. Geboren wurde er in einer Nachtbar in Vancouver, als herabwürdigende Bezeichnung für reifere Frauen, die am Ende einer durchzechten Nacht mit den Männern nach Hause gehen, die übrig geblieben sind. Die Pornofilmindustrie und die "Datingbranche" im Internet taten ein Übriges dazu, die "Cougars" als stets sexwillige, ultrascharfe Mittvierzigerinnen zu apostrophieren, die bevorzugt dem Freund der eigenen Tochter zeigen, wo es zwischen den Laken langgeht.
Als dann jedoch Demi Moore, vierfache Mutter, ihren Ehemann Bruce Willis 2003 gegen Ashton Kutcher eintauschte, der 15 Jahre jünger ist als sie, und ihn sogar heiratete; als die Talkshow-Ikone Oprah Winfrey dem Thema eine eigene Sendung widmete; als die TV-Serien "Sex and the City" und "Desperate Housewives" das "neue" Liebesleben weltweit in die Welt hinausposaunten - da bekam der Begriff einen positiven Charakter. Inzwischen rümpft auch in Deutschland niemand mehr die Nase. Auf der Strecke - an der Bar - bleiben freilich nun die Männer. Die in den angeblich besten Jahren.
Für den Paarforscher Arnold Retzer ist das "Cougar"-Phänomen ein alter Hut, der bereits seit der sexuellen Befreiung in den wilden 60er- und 70er-Jahren getragen wird, nur eben nicht so öffentlich. "Männer und Frauen altern nicht mehr synchron", sagt Retzer. Dafür macht er den Zeitgeist verantwortlich, "denn viele Männer im Alter zwischen 40 und 50 erliegen dem Autonomie-Mythos. In unserer 'Jeder-kann-machen-was-er-will-Gesellschaft' erleiden sie Niederlagen und erkennen, dass es mit der Unsterblichkeit nichts wird. So wirken sie auf die modernen Frauen, die nach der Familienphase noch einmal sexuell durchstarten, nicht mehr enthusiasmierend." Der Mann um die 50 gilt zurzeit als biologisches Auslaufmodell. "Bis vor 20 Jahren", so Retzer, "gab es in den Sexualsprechstunden zwei Hauptthemen: den vorzeitigen Samenerguss und den Scheidenkrampf. Heute heißt die Störung Nummer eins 'sexuelle Lustlosigkeit'. Denn wer muss, der kann nicht mehr."
Die durchschnittliche Dauer einer "Cougar"-Beziehung liegt statistisch bei erstaunlichen 13 Jahren, die jedoch nicht nur von Leichtigkeit geprägt sind. Denn trotz der erhöhten gesellschaftlichen Akzeptanz gilt es für die ungleichen Paare noch immer, so manches Vorurteil auszuhalten, das im Familien- oder Freundeskreis kursiert. Und während der junge Mann sich bei der Familienplanung Zeit lassen kann, tickt bei der älteren Frau die biologische Uhr.
Auch die Attraktivität zu bewahren kann in Stress ausarten. Bereits 2005, so Retzer, hätten die Dänen anhand aller Personenstammdaten den Zusammenhang zwischen der Altersdifferenz der Partner und deren Lebenserwartung erforscht: "Männer mit jüngeren Frauen haben eine höhere Lebenserwartung als andere gleichaltrige Männer. Ältere Frauen mit jüngeren Partnern dagegen weisen eine geringere Lebenserwartung auf." Das gelte auch für die jungen Liebhaber. "Für die 50-jährigen Männer", sagt Retzer, "besteht also noch Hoffnung."