Die RTL II-Sendung hat Folgen: Ein Mitarbeiter des Caritasverbands wurde entlassen. Er verabredete sich mit einer vermeintlich Minderjährigen.
Köln/Würzburg. Nachdem Anfang der Woche die erste Folge der umstrittenen RTL-2-Serie „Tatort Internet“ ausgestrahlt wurde, hat der Caritasverband Würzburg den Leiter einer Jugendhilfeeinrichtung entlassen. Weil er sich mit einer vermeintlich Minderjährigen zunächst in einem Chatroom unterhalten und dann auch getroffen habe, sei der Mann mit sofortiger Wirkung von seiner Aufgabe entbunden und mit Hausverbot belegt worden, teilte die Caritas mit.
Ein Sprecher des Trägervereins sagte, man habe erst am Donnerstag von den Inhalten der Sendung erfahren und sich diese im Laufe des Tages zusammen mit dem 61-Jährigen noch einmal im Internet angesehen. Dieser habe eingeräumt, die im Film unkenntlich gemachte Person zu sein. „Er hat auch die Einschätzung geteilt, dass dieses Verhalten nicht vereinbar ist mit der Leitung eines Kinderdorfes“, sagte ein Sprecher vom Caritasverband. Hinweise auf mögliche Übergriffe in dem Kinderdorf gebe es nicht.
In der Sendung gehen Stephanie zu Guttenberg, Ehefrau von Verteidigungsminister Karl-Theodor, und der frühere Hamburger Innensenator Udo Nagel Sexualtätern im Netz auf die Spur. Eine Journalistin gibt sich darin als minderjähriges Mädchen in Internetchats aus, um mit mutmaßlichen Kinderschändern in Kontakt zu treten. Dokumentiert werden dann Treffen der Männer mit ihren vermeintlichen Chatpartnerinnen. Dabei werden sie von einem Filmteamgestellt. Die Personen werden gepixelt, außerdem wird die Stimme verzerrt.
In besagter Folge hatte der Sender gezeigt, wie sich der Mann als Leiter einer Jugendhilfeeinrichtung vorstellte. „Das halte ich für klar rechtswidrig“, sagte der Presserechtler Carsten Brennecke dem Juristenportal „Legal Tribune Online“. Die Medien müssten verhindern, dass der Mann an den Pranger gestellt werden könne. „Dass man einen Menschen mit bestimmten Informationen im Internet dentifizieren kann, muss ein TV-Sender wissen. Er hat alles zu unterlassen, was es der Öffentlichkeit und selbst dem unmittelbaren persönlichen Umfeld des mutmaßlichen Täters ermöglicht, diesen zu erkennen.“
Giegerich kritisierte, dass RTL 2 die Verantwortlichen nicht schon informiert habe, als die Filmaufnahmen entstanden. „Sonst hätten wir schon im Mai Konsequenzen ziehen können“, monierte er. Auch der Missbrauchsbeauftragte des Bistums Würzburg, Klaus Laubenthal, kritisierte das Verhalten des Senders, das Kinderdorf nach den Vorkommnissen im Mai nicht informiert zu haben. „Wenn das stimmt, erscheint es mir aus präventiven Gründen bedenklich“, sagte er.
Nach Auskunft des Würzburger Leitenden Oberstaatsanwaltschafts Dietrich Geuder wird gegen den beurlaubten Leiter des Jugenddorfes nun ermittelt wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern. Laubenthal sagte indes: „Nach meinen bisherigen Informationen sind die im Fernsehen gezeigten Vorfälle noch keine Sexualstraftat sondern nur eine Distanzlosigkeit und Grenzüberschreitung.“ Aufgrund der Leitlinien der deutschen Bischofskonferenz seien aber dennoch disziplinarische Maßnahmen möglich, „alleine schon aus präventiven Gründen“.
Der Sender rechtfertigte sein Verhalten mit der Rechtslage. „In dem Fall lag kein Straftatbestand vor und wenn das so ist, dürfen wir als Sender auch niemanden informieren“, sagte eine Sprecherin. Hingegen sei in zwei Fällen, bei denen Straftaten begangen wurden, unverzüglich die Polizei eingeschaltet worden. Zudem werde nach der Ausstrahlung das gesamte Original-Filmmaterial den Ermittlungsbehörden zur Verfügung gestellt. Die Sprecherin wehrte sich auch gegen den Vorwurf, der Mann sei identifizierbar gewesen. Genau um dies zu verhindern, habe der Sender sein Gesicht unkenntlich gemacht und die Stimme verstellt.
In der am Montag ausgestrahlten Sendung hatte der 61-Jährige über einen Chatraum im Internet mit einer RTL-2-Journalistin Kontakt aufgenommen, die sich als 13-jähriges Mädchen aus München ausgegeben hatte. Er wollte bei dem Mädchen übernachten und traf sich mit ihm - gemimt von einer Schauspielerin - in einem Restaurant. Dorthin fuhr der Pädagoge mit einem Auto des Kinderdorfes. Als er von der angeblichen Mutter des Kindes zur Rede gestellt wurde, sagte er: „Es ist nichts passiert und es wäre nichts passiert.“