Kunst und Kultur haben es nicht leicht. Kaum jemand käme in dieser Stadt auf die Idee, die Erneuerung einer sanierungsbedürftigen Kaimauer zu...
Kunst und Kultur haben es nicht leicht. Kaum jemand käme in dieser Stadt auf die Idee, die Erneuerung einer sanierungsbedürftigen Kaimauer zu hinterfragen. Bei Theatern - in diesem Fall bei Hamburgs Theater-Flaggschiff, dem Deutschen Schauspielhaus - sieht das anders aus: Da muss veraltete Bühnentechnik immer wieder mit Bordmitteln zum Laufen gebracht werden, bis irgendwann gar nichts mehr geht. Das kostet. Eine zukunftsfähige Sanierung, für 2010 in Aussicht gestellt, findet nicht den Weg in den Doppelhaushalt 2010/2011 - warum?
Solche Kurzsicht hat Tradition: In den 80er-Jahren baute man ein Parkhaus, das die Hinterbühne blockiert und jeden Kulissen-Umbau zum Balanceakt macht. Vor einigen Jahren wollte man dieses Parkhaus samt Umbauung aus Theater-Werkstätten und -Büros dann komplett verkaufen. Dieser Unsinn wurde erst in letzter Minute gestoppt.
Das Denkmuster dahinter ist stets gleich platt: Kultur bringt keine direkte Rendite. Doch selbst wenn das Wort wie eine Entschuldigung für die Existenz von Kultur klingt: Sie bringt "Umwegrendite" - jeder investierte Euro kommt 1,6-fach bis dreifach zurück, den geistigen Nähr- und Mehrwert nicht mal eingerechnet. Kultur hält viele Sparrunden aus. Aber sie wird zukunftsunfähig, wenn man notwendige Investitionen aufschiebt und die Etats nicht den Kostensteigerungen anpasst. Das ist am Ende teurer.
Im Schauspielhaus, das künstlerisch langsam wieder Fahrt gewinnt, sollte man die Erneuerung energisch betreiben, sich aber hüten, das marode Gebäude als Generalentschuldigung für unattraktive Stücke zu nehmen. Es sollte mit lebensprallen, aussagekräftigen und beglückenden Theaterereignissen die Sanierungsbremser unter Druck setzen. In meinem Schulorchester wurde gespottet: "Auf einer gestimmten Geige kann jeder spielen."