Der Aufsichtsrat sucht einen neuen Intendanten. Die Belegschaft protestierte.

Der Aufsichtsrat des Deutschen Schauspielhauses hat in seiner gestrigen Sitzung Kultursenatorin Dana Horakova einstimmig beauftragt, mit Matthias Hartmann, Intendant in Bochum, Verhandlungen über die Intendanz des Schauspielhauses ab Sommer 2005 zu führen. Hartmann ist in Hamburg kein Unbekannter. Unter Frank Baumbauer hat er bereits mehrere erfolgreiche Inszenierungen am Schauspielhaus herausgebracht, darunter Kleists "Käthchen von Heilbronn" (1994) und Ibsens "Peer Gynt" (1997). Von Hartmann, der mit großem Schauspielertheater ebenso wie mit Uraufführungen deutscher Autoren Publikumsmagneten in seinem Spielplan präsentiert, erhofft man sich eine Steigerung der Besucherzahlen und der Einnahmen an Deutschlands größtem Sprechtheater. In Bochum hatte Hartmann sowohl mit neuen Stücken von Botho Strauß oder Sibylle Berg Erfolge wie auch mit der Verpflichtung von Publikumslieblingen wie Harald Schmidt, Helge Schneider oder Michael Maertens. Zum Angebot Hamburgs sagte Hartmann: "Die Freie und Hansestadt habe ich aus den sieben Jahren meiner Arbeit am Schauspielhaus in guter Erinnerung. Das Deutsche Schauspielhaus ist eines der schönsten, aber auch schwierigsten Theater Deutschlands." Der Intendant, der auch von der Stadt Bochum für eine Verlängerung seines Vertrages umworben wird, will sich seine Entscheidung bis zum Spielzeitbeginn im September offen lassen. "In den letzten Jahren bin ich künstlerisch neue Wege gegangen. Ob ich an neuen Häusern arbeiten werde, hängt stark davon ab, ob ich diese Projekte verwirklichen kann", sagte er. Kultursenatorin Horakova zeigt sich optimistisch: "Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht. Wir hatten eine sehr konstruktive Debatte im Aufsichtsrat. Alle waren sehr engagiert. Ich hoffe, dass sich die Lage am Schauspielhaus jetzt beruhigt und die Diskussion über dieses Theater auf Inhalte beschränkt." Zunächst aber ging es gestern noch einmal zur Sache. Kurz vor 14 Uhr ging der Theaterdonner um das Schauspielhaus in die nächste Runde: Mit lautem Trommel- und Trillerpfeifengewitter - allen voran die Schauspielerin und Intendantengattin Wiebke Puls an der großen Pauke - versammelte sich die Theaterbelegschaft vor dem Foyer des Schauspielhauses, um gegen die Kulturpolitik der Stadt zu demonstrieren. Anlass war die Aufsichtsratssitzung, in der unter anderem über die Zukunft von Noch-Intendant Tom Stromberg entschieden werden sollte. "Wir stellen uns vor das Schauspielhaus", war auf dem Plakat zu lesen, das Mitarbeiter des Theaters - darunter Techniker, Bühnenarbeiter und künstlerisches Personal - vor den Eingang gespannt hielten. "Das ist keine Aktion für oder gegen Tom Stromberg, sondern für das Theater. Wir sind es leid, dass immer nur über , nie aber mit uns gesprochen wird", erklärte Stefan Kraschon, Leiter der Statisterie. Maja Schöne, Schauspielerin, ergänzte: "Wir wollen zeigen, wie wir als Belegschaft zu den Vorgängen stehen." Ihnen zur Seite stand die Bühnenbildklasse der Hochschule für bildende Künste mit eigenen Schildern ("Dressierte Kunst"). Als Kultursenatorin Dana Horakova, auf deren Eintreffen die Demonstranten vor dem Haupteingang warteten, den Umweg durch den Bühneneingang wählte, stürmte die Belegschaft den Sitzungsraum im Theatercafe Ellmenreich. "Ich bitte die Geschäftsführung, dafür zu sorgen, dass diese Sitzung ordnungsgemäß beginnen kann!" appellierte Horakova hilflos an Stromberg. Zunächst aber musste sie sich den offenen Brief der Demonstrierenden anhören, in dem die 250 Unterzeichner "die mehr als fragwürdige Umbesetzung des Aufsichtsrates und die Forderung des Innensenators, das Schauspielhaus zu schließen" kritisieren und die Senatorin dazu aufrufen, "das Angebot von Herrn Stromberg, seine Intendanz über 2005 hinaus verlängern zu wollen, ernsthaft zu prüfen und darüber mit ihm in Dialog zu treten". Außerdem fordert die Belegschaft "die Rückkehr zu einer sachlichen Debatte" und bittet Horakova um "Auskunft über Ihre Visionen für die zukünftige Theaterlandschaft dieser Stadt". Nach Übergabe von Brief und Unterschriften verließen die Schauspielhaus-Mitarbeiter ohne weitere Verzögerung, aber zufrieden trommelnd den Sitzungsraum. Über die Zukunft von Intendant Tom Stromberg entschied der Aufsichtsrat indes, dass sie andernorts als am Deutschen Schauspielhaus stattfinden werde. Hier hofft man auf Hartmann.