Hamburg. Das Haus der Erde wird viel teurer – wie so viele öffentliche Bauten. Woran liegt das?

Die Stadt bekommt eine neue Elbphilharmonie. Leider kein weiteres Wahrzeichen der Kultur, sondern nur einen Leuchtturm schlechter Planung. Wie das Konzerthaus an der Kehrwiederspitze, steht das Haus der Erde an der Bundesstraße für ein Planungsdesaster – zum wiederholen Male wird das Projekt teurer und verzögert sich.

Ursprünglich sollte der Prestigebau für die Exzellenzforschung 2019 fertig sein und 177 Millionen Euro kosten. Nun rechnet die Politik mit Kosten in Höhe von bis zu 425 Millionen Euro und der Vollendung Ende 2024. Am Dienstagabend teilten Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) und Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) mit, dass infolge der Pandemie und des russischen Angriffskriegs der Kostenrahmen gesprengt werde.

Kräftige Steigerungen bei Baustoffen

Das ist nicht ganz falsch, aber eben nicht die ganze Wahrheit. Zweifellos hat die Weltlage Einfluss auf die Kalkulation – die Energiepreise sind dramatisch gestiegen, die Baustoffe haben sich noch deutlich stärker verteuert als die durchschnittliche Inflation. Der Preis des Baustahls etwa stieg 2021 um 53 Prozent, im vergangenen Jahr um weitere 22 Prozent, bevor der Trend zuletzt drehte.

Auch die Lieferengpässe machen vor den Baustellen nicht halt: Derzeit gelingt es kaum einem Bauherrn, in der geplanten Zeit sein Projekt fertigzustellen: Ob der Bunker auf St. Pauli oder das Überseequartier – beide Großprojekte mussten Verzögerungen und Preissteigerungen hinnehmen.

Öffentliche Bauten werden fast immer teurer als geplant

Zugleich zeigen die Beispiele, dass die Preise öffentlicher Prestigebauten aber nicht nur steigen, sondern geradezu explodieren. 2015 untersuchten Forscher um die Expertin Genia Kostka 170 in Deutschland seit 1960 realisierte Großprojekte. Die Kosten stiegen demnach im Schnitt um 41 Prozent. Inzwischen dürfte es noch viel mehr sein.

Diese Zuwächse sind kein Zufall. Auf der einen Seite rechnet die Politik sich gerade bei Prestigebauten die Kosten gerne schön. Zudem gewinnt bei öffentlichen Ausschreibungen stets der Bewerber mit dem günstigsten Angebot; das verleitet dazu, später hohe Nachforderungen zu riskieren – die Elbphilharmonie lässt grüßen.

Der Stadt fehlt es an Köpfen und an Kompetenz

Auf der anderen Seite gibt es massive Defizite im Entscheidungs-, Planungs- und Steuerungsprozess. In den Behörden und Verwaltung fehlt es oft nicht nur an Köpfen, sondern auch an der Kompetenz, komplexe Vorhaben zu begleiten. Der Versuch an dieser Stelle zu sparen, ist nach hinten losgegangen.

Zudem werden Kostensteigerungen bei der öffentlichen Hand wie Schicksal hingenommen – der Steuerzahler wird die Mehrkosten schon begleichen. In der Privatwirtschaft hingegen muss jemand zwangsläufig die Verantwortung für Missmanagement und Planungsfehler übernehmen.

Das letzte öffentliche Großprojekt, das im Kosten- und Planungsrahmen blieb, war der Neubau des UKE, der 2008 pünktlich fertig wurde. Gedankt hat es der damalige SPD-Senat dem Macher Jörg Debatin im Übrigen nicht, er verließ das Haus 2011.

Schon vor der Fertigstellung lastet nun ein Makel auf dem Haus der Erde. Immerhin ein Trost bleibt – die Elbphilharmonie verzögerte sich sogar um sieben Jahre und wurde am Ende gut elfmal so teuer wie die ursprünglichen veranschlagten 77 Millionen Euro. Heute ist die Stadt stolz auf ihr Konzerthaus. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Haus der Erde am Ende eine Elbphilharmonie der Klimaforschung wird – auch inhaltlich. Dafür muss es aber rasch und im Kostenrahmen fertig werden. Jede weitere Verzögerung wäre ein Desaster für die Exzellenzuniversität.