Bargteheide. Verschiedene Gruppen setzen sich für Erhalt der maroden Immobilie als lebendigen Treffpunkt ein. Politik plant dort Wohnungsbau.
Wie ein verwunschenes Kleinod liegt die Villa Wacker in einem verwilderten Garten nahe der Bahntrasse durch Bargteheide. Die Einfahrt von der Straße An den Stücken ist zwar noch klar erkennbar. Doch weiter hinten hat sich die Natur längst zurückgeholt, was der Mensch nur unzureichend gepflegt hat. Dabei ist die Villa selbst samt Nebengelassen seit Jahren zum Domizil für gemeinnützige Organisationen geworden. Sie beherbergt eine Fahrradwerkstatt, Club-, Versammlungs- und Lagerräume. Die Frage ist nur: Wie lange noch?
„Diese Frage stellt sich drängender denn je, seit im Februar ein verstopftes Siel für eine Überschwemmung im Keller gesorgt hat“, sagt Margit Hegenbart, Erste Vorsitzende des Integrationsvereins Bunte Vielfalt. In der Folge hätten nicht nur die reparierten Fahrräder in ein Nebengebäude umgelagert werden müssen. Die Stadt habe im Erdgeschoss ein neues Schließsystem eingebaut, sodass ein Teil der Villa nun nicht mehr zugänglich sei.
Gebäudekomplex verfällt seit Jahren zusehends
Seit Jahren verfällt der einstige Gebäudekomplex der Familie Wacker zusehends. Die Stadt, die seit geraumer Zeit Eigentümerin der Immobilie ist, überließ dem Verein Bunte Vielfalt als auch den Sozialarbeitern der Hilfsorganisation tohus die Bauten in Form einer Duldung. Jedoch ohne dauerhafte Zusagen und das Aufzeigen von Perspektiven.
„Der Stadtverwaltung ist bewusst, dass es hier erheblicher Sanierungsbedarf besteht, ohne dass es dafür bislang eine belastbare Kostenschätzung gibt“, sagte Stadtsprecher Alexander Wagner unserer Redaktion auf Anfrage. Problematisch sei die Situation nicht zuletzt deshalb, weil das gesamte Terrain eigentlich für den Wohnungsbau vorgesehen ist.
Viele Einwendungen bei Öffentlichkeitsbeteiligung
Im Zuge der Öffentlichkeitsbeteiligung war es indes zu zahlreichen Einwendungen gekommen, in deren Folge das Bebauungsplanverfahren gestoppt worden ist. „Für die Bebauung der drei ausgewiesenen Baufenster wären radikale Eingriffe in den Naturraum vonnöten, die wir Grünen von Beginn an abgelehnt haben“, sagt Fraktionschefin Ruth Kastner. Nicht zuletzt, weil dort in mehr als 100 Nestern eine große Krähenkolonie niste, die nicht einfach vergrämt werden dürften.
Darauf hatte auch die Bürgerinitiative Basta immer wieder hingewiesen, die sich seit Jahren für den Erhalt der Wald- und Grünflächen in Bargteheide einsetzt. „Es ist schlicht unverantwortlich, hier eine weitere grüne Oase zu zerstören. Es gibt keinen zwingenden Grund, sie zu bebauen, weder für Wohnhäuser, noch für eine Parkpalette“, sagt Karl Dziomba.
Als soziales Zentrum längst etabliert
Es sei hinlänglich belegt, dass das Aufsplitten von Krähenkolonien die Probleme mit den geschützten Tieren nur noch vergrößern würde. Nur in Einzelfällen dürften sie an sensiblen Orten wie Krankenhäusern oder Kindergärten vertrieben werden. „Beides trifft im konkreten Fall nicht zu. Deshalb sollten die Krähen bleiben, wo sie sind, und ihre Bäume den Bürgern weiter als Ausgleichsfläche für die umfangreichen Grünlandzerstörungen innerhalb der Stadtgrenzen dienen“, fordert Naturschützer Dziomba.
Zumal sich die Villa Wacker längst als soziales Zentrum verschiedener Organisationen etabliert hat. Laut Sozialarbeiter Fabian Josten nutze tohus die Villa seit 2017 für verschiedene Workshops, inklusive Projekte und die Einzelfallbetreuung. „Die Villa ist zu einem lebendigen Treffpunkt geworden, der Bedarf für solch ein Haus der Begegnung steht doch seit Langem außer Frage“, so Josten. Parkplätze gebe es im Umfeld hingegen zur Genüge, eine viergeschossige Parkpalette sei an dieser Stelle deshalb absolut entbehrlich.
Jonas Bewig: „Abriss wäre eine Katastrophe“
Das beurteilt Jonas Bewig von der Initiative „Jugend für Jugend“ ebenso. „Es wäre eine Katastrophe, wenn hier alles plattgemacht würde“, sagt Bewig. Da es bekanntermaßen an geeigneten Räumen und Flächen für Jugendliche in Bargteheide mangele, berge gerade die Immobilie im Krähenwald großes Potenzial.
„In den Reihen von JfJ gibt es viele, die bei der Renovierung und Sanierung der Villa tatkräftig mitanpacken würden“, berichtet Bewig. Dadurch könnte die aus rund 20 Mitgliedern im Alter zwischen 15 und 21 Jahren bestehende Initiative, die sich vom autonomen Jugendhaus abgespalten hat, zu einer beträchtlichen Kostensenkung beitragen. „Solch ein Gemeinschaftsprojekt braucht engagierte, motivierte und interessierte Jugendliche, wir haben sie“, so Bewig.
Initiative Jugend für Jugend präsentiert Nutzungskonzept
Die Initiative „Jugend für Jugend“, die kurz vor der Vereinsgründung steht, hat bereits ein komplettes Konzept vorgelegt, mit dem sie möglichst bald an den Start gehen will. Dazu zählen umfangreiche Angebote wie Bildungsseminare, Podiumsdiskussionen, diverse Workshops für die Bereiche Musik, Holzarbeiten, Film und Politik sowie Gruppenarbeit zu Themen wie Umweltschutz und Feminismus.
All das will JfJ am Mittwoch, 1. Juni, im Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport vorstellen, der ab 19 Uhr im Ratssaal tagt. Um auf diese Weise noch ein Argument mehr zu liefern, warum die Villa Wacker auf jeden Fall Investitionen der Stadt lohnt. Und warum dieses Gemeinschaftsprojekt im Zuge des bereits angeschobenen Städtebauförderungsprogramms unbedingt berücksichtigt werden sollte.