Hamburgs Trainer schafft es nicht, seinen Spielern Selbstvertrauen zu geben. Doch für Harakiri-Aktionen ist keine Zeit. Ein Kommentar.

Normalerweise kann man auf diese unfassbar erbärmliche Darbietung des HSV in Sandhausen nur mit Häme und Spott reagieren. Zum Beispiel so: Die Hamburger wollen unbedingt in der kommenden Saison in der Zweiten Liga, der heimlichen Super League, dabei sein mit Schalke, Köln, vielleicht noch Hertha sowie den Aufsteigern Dresden und Rostock und 1860 München. Es wäre ein höchst attraktives Familientreffen der Traditionsclubs und würde volle Stadien garantieren – wenn sie denn wieder erlaubt sind.

Autor Alexander Laux leitet das Sportressort des Hamburger Abendblatts.
Autor Alexander Laux leitet das Sportressort des Hamburger Abendblatts. © Mark Sandten | Unbekannt

Doch Ironie hilft an der Stelle auch nicht wirklich weiter. Wie wäre es also mit einer Trainerdiskussion? Wer mit seiner Mannschaft gegen den Tabellenletzten Würzburg und den Vorletzten Sandhausen die schlechteste Saisonleistung abliefert und aus den vergangenen zehn Spielen nur zwei Siege holt, macht sich angreifbar.

Warum auch immer, aber Daniel Thioune ist es einem Entscheidungsspiel wie in Sandhausen nicht gelungen, die Spieler mit dem nötigen (mentalen) Rüstzeug zu versorgen, um mit Selbstvertrauen auf dem Platz zu agieren und die zweifellos vorhandene Qualität auszuspielen. Gegen ein Team, das gerade aus der Quarantäne kam, was es noch lächerlicher macht.

HSV-Trainer Thioune muss sich einiges fragen lassen

Dass er am Donnerstagabend immer wieder lautstark die richtige defensive Ordnung anmahnen musste, spricht natürlich nicht für die Profis, aber genauso nicht für ihn. Wieso fehlen zu diesem Zeitpunkt der Saison jegliche Automatismen? Warum werden die Spieler nicht dort eingesetzt, wo sie ihre Stärken ausspielen können?

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Es gehört zu den Mechanismen des Geschäfts, dass in einer solchen veritablen Krise die Frage nach einem Retter wie Horst Hrubesch gestellt wird, der das angekündigte Scheitern des Aufstiegstraums in letzter Sekunde noch aufhalten soll.

Ob das die Wahrscheinlichkeit für Erfolg erhöhen würde, ist aber äußerst fraglich. Bis ein neuer HSV-Coach alle Fehlerquellen entdeckt hat, ist die Saison vorbei, es ist schlicht keine Zeit mehr für solche Harakiri-Aktionen.

Was lief falsch bei der Planung des HSV-Kaders?

Nach der Saison aber muss eine – ergebnisoffene – Fehleranalyse erfolgen, und auch Thioune wird sich vielen Fragen stellen müssen: Hat er die Mannschaft mit seinen Ideen überfordert? Wie ist ein so katastrophaler Spielaufbau möglich mit Irrläufer-Abschlägen von Sven Ulreich als Krönung? Warum sind Führungsspieler wie Sonny Kittel und Simon Terodde genauso ins Formtief gerutscht wie ein Josha Vagnoman?

HSV-Einzelkritik in Sandhausen:

Aber auch: Was ist falsch gelaufen bei der Kaderplanung? Die Mentalitätsprobleme wurden schon im vergangenen Sommer erkannt, geholt wurde daraufhin auch ein Klaus Gjasula, der aber in Sandhausen auf der Bank saß.

Unterm Strich wächst jedenfalls die Erkenntnis: Der HSV quält wieder einmal seine Fans, aber auch sich selbst. Erfolgt in Regensburg und gegen den KSC keine Trotzreaktion, läge alles in Trümmern, bevor sich das Team vor den letzten beiden Spieltagen in eine Zwangsquarantäne begeben müsste. Die Zeit im Hotel würde sich dann aber wohl eher wie eine (gerechte) Strafe im Gefängnis anfühlen. Mit ausreichend Zeit, über das eigene Versagen nachzudenken.