Lübeck/Barsbüttel. Bei Razzia im Februar wurden 90 Kilogramm Marihuana sichergestellt. Jetzt hat in Lübeck der Prozess gegen 47-Jährigen begonnen.
Vor dem Landgericht Lübeck hat am Montag im Zusammenhang mit dem Fund von 90 Kilogramm Marihuana bei einer Razzia im Februar in Barsbüttel der Prozess gegen einen 47-Jährigen aus Geesthacht begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft Joachim K. (Name geändert) bandenmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln vor (Az.: 713 Js 2446/21).
So kamen die Ermittler Drogenbande aus Barsbüttel auf die Spur
K. soll Teil einer Bande mit dem Ziel gewesen sein, Drogen in großer Menge aus Spanien nach Deutschland einzuführen und zu verkaufen. Das Land gilt wegen seiner Nähe zu Marokko, dem weltweit führenden Exporteur von Haschisch, als Einfallstor der Droge nach Europa. „Unseren Erkenntnissen zufolge schloss sich der Angeklagte spätestens zu Beginn des Jahres mit dem gesondert verfolgten Simon M. und einer dritten, unbekannten Person zusammen“, sagt Staatsanwalt Felix Schwetzko.
Bei einer Razzia wurden die Männer auf frischer Tat ertappt
Der Anklagebehörde zufolge fiel dem 47-Jährigen dabei die Aufgabe zu, die Drogen im Ausland zu bestellen und nach der Ankunft in Deutschland an die Abnehmer auszuliefern. Am 13. Februar hatte die Polizei Joachim K. und seinen 32 Jahre alten Komplizen bei einer Razzia auf dem Gelände eines Gewerbehofes an der Stemwarder Landstraße im Barsbütteler Ortsteil Willinghusen ertappt, als die Männer damit beschäftigt waren, eine Lieferung von 96 je etwa ein Kilogramm schweren Paketen Marihuana aus einem Lastwagen auszuladen.
Die Tatverdächtigen sitzen derzeit in Untersuchungshaft
Die beiden sitzen seitdem in Untersuchungshaft. Gegen M. wird in einem separaten Verfahren verhandelt. Es beginnt am Mittwoch. Dem Hamburger wirft die Anklagebehörde Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in insgesamt 13 Fällen vor. Zudem soll er die Räume auf dem Firmengelände organisiert haben, in denen die Bande die Drogen lagern wollte. Sie waren an seinen Bruder vermietet, der dort eine Werkstatt betreibt.
Vermieter glaubte, eine Kühlanlage auszuladen
Dessen Vermieter, der zugleich Eigentümer des Gewerbehofes ist, soll den Kriminellen seinen Gabelstapler zur Verfügung gestellt haben, um den Lkw zu entladen – allerdings in dem Glauben, es handele sich bei der Fracht um ein Kühlgerät. Tatsächlich befanden sich im Inneren der Anlage verbaut jedoch die Pakete mit Marihuana. „Ich bekam morgens einen Anruf von Simon M., der mich fragte, ob ich helfen kann“, erzählte der 48 Jahre alte Barsbütteler vor Gericht. Wenig später sei die Polizei aufgetaucht und habe ihn und die anderen Männer festgenommen. „Ich konnte die Situation aufklären und kam wieder frei“, sagte der 48-Jährige.
Kommunikationsdienst Encrochat führte Ermittler auf die Spur der Bande
Ein Ermittler der Kriminalinspektion Bad Oldesloe schilderte, wie Polizei und Staatsanwaltschaft der Bande auf die Spur kamen. „Dem Zugriff sind umfangreiche Observierungsmaßnahmen vorausgegangen“, sagt er. Zunächst sei Simon M. ins Visier der Behörden geraten. „Wir konnten ihn als Encrochat-Nutzer identifizieren“, so der Beamte. Encrochat ist ein verschlüsseltes Kommunikationsnetzwerk, das vor allem von Kriminellen genutzt wird.
Die Männer trafen sich mehrfach auf Parkplatz des Glinder Friedhofs
Durch die Auswertung der Standortdaten sei es den Ermittlern gelungen festzustellen, dass M. sich regelmäßig auf einem Parkplatz des Friedhofs in Barsbüttels Nachbarstadt Glinde aufgehalten habe. Daraufhin sei eine Observierung des 32-Jährigen angeordnet worden. „Dabei erhärtete sich der Verdacht weiter“, sagte der Kripo-Beamte. Als Kontaktperson bei den Treffen hätten die Ermittler Joachim K. identifizieren können. „Er war aktenkundig, weil er bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten war.“
K. lebte unangemeldet in einer Wohnung in Geesthacht
Der 47-Jährige habe zu dem Zeitpunkt unangemeldet in einer Wohnung in Geesthacht gelebt. Daraufhin habe die Kripo die Observation der beiden Männer ausgeweitet. „Es gab insgesamt vier weitere Treffen zwischen dem Angeklagten und Herrn M., wobei in einem Fall auch ein unbekannter Dritter zugegen war“, so der Ermittler.
Die Ermittler fertigten Fotos und hörten Gespräche im Auto mit
Bei diesen Treffen und auch bei einer gemeinsamen Fahrt der Männer zu dem Gewerbehof in Barsbüttel habe die Polizei nicht nur Fotos von den Verdächtigen gefertigt, sondern auch die Gespräche im Innenraum des Porsche Panamera, den M. gefahren sei, abgehört. Dabei habe K. unter anderem damit geprahlt, dass er in Deutschland ein „Geist“ sei, weil er weder gemeldet sei, noch über ein zugelassenes Auto oder eine Versicherung verfüge.
Telefongespräch gab Hinweis auf bevorstehende Drogenlieferung
„Außerdem haben wir die Funkzellen im Umkreis ausgewertet und dabei festgestellt, dass sich wiederholt ein Handy eingewählt hat, aus dessen Daten wir schließen konnten, dass darüber per Kryptochat kommuniziert wurde.“ Trotz Verschlüsselung sei es den Ermittlern gelungen, das Mobiltelefon, das Joachim K. gehört habe, zu überwachen. „Dabei haben wir auch den entscheidenden Hinweis bekommen, dass für den 13. Februar eine Lieferung erwartet wurde und konnten zugreifen“, so der Beamte.
Der 47-Jährige bestreitet, Teil der Bande zu sein
Joachim K. äußerte sich selbst nicht zu den Vorwürfen, ließ aber über seinen Anwalt Alkan Dogan eine Erklärung verlesen. Darin räumte er seine Beteiligung ein, bestritt aber, tiefer in die Bande integriert zu sein. Es habe sich um eine einmalige Sache gehandelt. „Eigentlich habe ich mit meiner Lebensgefährtin in Spanien gelebt“, so K. Doch als er im Zuge der Corona-Pandemie seine Anstellung als Koch verloren habe, sei er aus finanzieller Not nach Deutschland zurückgekehrt, um für einen Bekannten Gelegenheitsjobs zu übernehmen. „Er hat mich an einen Freund vermittelt, der Hilfe beim Entladen dieser Lieferung brauchte“, so der 47-Jährige.
Der 47-Jährige wurde bereits in Frankreich zu Haft verurteilt
Diese Darstellung ist allerdings insofern fragwürdig, als dass K. mehrfach vorbestraft ist. Zuletzt verurteilt ihn ein Gericht in Frankreich 2018 zu zwei Jahren Haft – weil er versucht hatte, 60 Kilogramm Marihuana aus Spanien in das Land einzuführen. Das Verfahren wird bereits am Donnerstag fortgesetzt. Am selben Tag wird auch das Urteil erwartet.