Hamburg. Millionenförderung: Firmen, Stadt und Wissenschaft sehen am Standort Hamburg viel Potenzial für industrielle Nutzung. Wie das klappen soll.
Hamburg soll zu einem „Leuchtturm“ in Sachen 3D-Druck werden, zumindest wenn es nach den führenden Forschungseinrichtungen und hiesigen Unternehmen geht. Denn die additive Fertigung, wie der Prozess im Fachjargon heißt, ist für viele Industriezweige wie etwa die Luft- und Raumfahrt schon jetzt von großer Bedeutung – dabei steht die industrielle Nutzung von 3D-Druck noch ganz am Anfang.
Doch in der Branche steckt viel Innovationsgeist. Hamburger Firmen, Forschungseinrichtungen und die Stadt sehen offenbar großes Potenzial in dieser Technologie. Das soll sich nun in einem neu gegründeten Verein unter dem Namen IAMHH bündeln. Der Name steht für die englische Bezeichnung „Industrialized Additive Manufacturing Hub Hamburg“.
So will Hamburg beim 3D-Druck zum Vorreiter in Deutschland werden
Dahinter stecken zehn Gründungsmitglieder aus Industrie und Wissenschaft, unterstützt von der Behörde für Wirtschaft und Innovation. Senatorin Melanie Leonhard (SPD) sagte zur Gründung, in Zeiten des Wandels müsse großen Herausforderungen mit innovativen Lösungen begegnet werden. „Mit diesem Verein stärken wir den Innovationsstandort Hamburg“, so Leonhard.
Die Stadt lässt sich den Verein einiges kosten: Bis Ende 2027 erhält IAMHH rund 840.000 Euro von der Hamburgischen Investitions- und Förderbank (IFB) als Anschubfinanzierung. Danach muss sich der Verein selbst tragen.
Hamburg bald Vorreiter im 3D-Druck? Wer tragende Rolle bei Gründung von IAMHH spielt
Eine tragende Rolle bei der Gründung des Vereins spielte die Fraunhofer-Einrichtung für Additive Produktionstechnologien (IAPT). Parallel zur Gründung des Vereins entstehe in Hamburg ab 2025 ein gleichnamiges Leistungszentrum von Fraunhofer, das als Innovationszentrum fungieren soll, sagt Axel Müller-Groeling von der Fraunhofer-Gesellschaft.
Erst im Oktober gab es den Startschuss für den Neubau des IAPT in Bergedorf. Ein Megaprojekt, mit dem Hamburg laut Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) zum „Hotspot des 3D-Drucks“ werden soll.
„Das Leistungszentrum ist das erste seiner Art in Norddeutschland. Wir sind überzeugt, dass das Vorhaben maßgeblich zur langfristigen Sicherung des Standorts beitragen wird“, so Müller-Groeling. Drei Jahre lang fördere die Fraunhofer-Gesellschaft den Transfer von Innovationen im Bereich 3D-Druck in die industrielle Anwendung mit jährlich einer Million Euro.
Hamburger Industrie und Wissenschaft wollen Stadt zum Innovationsstandort machen
Hamburg solle eine Vorreiterrolle bei der additiven Fertigung einnehmen, findet Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne). Wissenschaftliche Einrichtungen wie TUHH, HAW, Desy und IAPT stärkten gemeinsam mit mittelständischen und Großunternehmen in Zukunft gemeinsam die Rolle Hamburgs im Bereich des systematischen 3D-Drucks. „Wir können hier einen echten Leuchtturm etablieren“, so Fegebank.
Die Gründung des Vereins komme zum richtigen Zeitpunkt, sagt Ingomar Kelbassa, Vorstandsvorsitzender von IAMHH und Institutsleiter des IAPT. Ein Ziel des Vereins und des gleichnamigen Leistungszentrums müsse sein, dass die Wertschöpfung der innovativen Lösungen aus Deutschland auch in Deutschland stattfinde. „Der Druck aus Asien und den USA ist groß“, so Kelbassa. China investiere Milliarden in die Entwicklung von Technologien zur additiven Fertigung. „Wir müssen jetzt loslegen, sonst werden wir rechts überholt.“
„Hamburg bietet ideale Voraussetzungen als Innovationsstandort“
Ähnlich sehen das auch die Vereinsmitglieder aus der Wirtschaft. Es sei wichtig, dass das Thema 3D-Druck nun vorangetrieben werde, sagt Henning Fehrmann, Geschäftsführer der Fehrmann Materials GmbH und Sprecher des Netzwerks 3D-Druck Nord. „Wir haben in Hamburg ideale Voraussetzungen, weil es eine geschlossene Wertschöpfungskette und viele mittelständische Unternehmen gibt. Hamburg ist jetzt schon ein Big Player beim 3D-Druck. Aber wir müssen schneller und innovativer werden.“ Dann könne der Standort zu einem Best-Practice-Beispiel werden.
Die Fehrmann Materials GmbH gehört wie die Nikon SLM Solutions AG, Siemens Digital Industries, Siemens Energy und das recht junge Unternehmen Zellerfeld zu den Gründungsmitgliedern von IAMHH. Zellerfeld druckt in Hamburg individuell anpassbare und recycelbare Schuhe in speziellen 3D-Druckern. Lennard Stoever von Zellerfeld ist zudem Mitglied im Vorstand des Vereins.
Zellerfeld, Siemens, Nikon und Fehrmann Materials: Unternehmen setzen auf 3D-Druck
Aber nicht nur für kleinere Firmen, auch für Großunternehmen wie Siemens gewinnt 3D-Druck an Bedeutung. „Der Markt wächst, die Chancen sind groß“, sagt Karsten Heuser, der den Bereich Additive Fertigung bei Siemens betreut. Die Vereinsgründung ermögliche den Aufbau eines starken Ökosystems zur Industrialisierung der additiven Fertigung in Hamburg. „Diese Technologie ist ein entscheidender Treiber für viele Industrien auf dem Weg zu einer ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft“, so Heuser.
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Ein erstes Verbundprojekt nimmt genau dieses Anliegen in den Fokus. Unter dem Projektnamen „Akropolys“ soll daran gearbeitet werden, Kunststoffmaterialien mehrfach für 3D-Druck-Komponenten aufzubereiten und Produkte aus Kunststoff am Ende ihres Lebenszyklus im 3D-Druck wiederzuverwerten. Rund 2,5 Millionen Euro soll das Projekt kosten, die IFB hat bereits 1,75 Millionen Euro Fördergeld zugesagt.
Hamburg: Stadt investiert bereits Millionen in 3D-Druck-Projekte
„Das zweite Verbundvorhaben hat schon ein Projektvolumen von 25 Millionen Euro und auch das dritte Projekt liegt im zweistelligen Millionenbereich“, sagt Ingomar Kelbassa. Vieles werde aus Eigenmitteln finanziert, doch die Landesbanken einiger norddeutscher Bundesländer hätten bereits Förderbereitschaft signalisiert.
Jetzt gehe es darum, den Verein wachsen zu lassen. „Grundsätzlich kann jede Körperschaft Mitglied bei IAMHH werden“, sagt Kelbassa. Mehr als zehn Organisationen hätten bereits Anträge gestellt, die Zahl der potenziellen Interessenten sei groß. Ebenso wie die Ziele des Vereins. Henning Fehrmann: „Es soll dreistellig werden.“