Hamburg. Zellerfeld-Gründer Cornelius Schmitt hat Großes vor. Die Hamburger Firma hat Millionen-Investitionen eingesammelt – mit besonderer Idee.

In einem Gewerbegebiet in Hamburg-Stellingen entstehen Produkte, die eine ganze Industrie revolutionieren sollen. Zumindest, wenn es nach dem Erfinder geht. Cornelius Schmitt, Chef und Gründer von Zellerfeld, hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Sneakermarkt auf den Kopf zu stellen. Das Motto seines Unternehmens: „Printed shoes on every foot“, zu Deutsch: Gedruckte Schuhe an jeden Fuß.

Gedruckte Schuhe? Genau. Zellerfeld druckt Schuhe im 3-D-Drucker. 200 Geräte stehen in der sogenannten Farm. „Alle Drucker wurden von uns entwickelt und gebaut. Die Schuhe können also aktuell nur hier bei uns gedruckt werden.“ Ein Alleinstellungsmerkmal. Fotos von den Druckern sind verboten, sonst könnten Konkurrenten die Technologie kopieren.

Zellerfeld: Wie eine Hamburger Firma die Schuhindustrie revolutionieren will

„Die Schuhe werden aus einem flexiblen Filament-Strang gedruckt“, sagt Schmitt beim Rundgang durch die Farm. Filament, das ist ein Kunststoff, dieser wird wie mit einer Heißklebepistole Schicht für Schicht aufgebracht. Ein aufwendiger Prozess. „Früher hat ein Schuh 200 Stunden gebraucht. Heute dauert der Druck 24 Stunden. Aber wir werden jede Woche schneller“, sagt Schmitt.

Hamburger Firma will die Schuhindustrie revolutionieren

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Wollen die Schuhindustrie revolutionieren: Zellerfeld-Gründer Cornelius Schmitt (l.) und Michael Krause, zuständig für die Plattform. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe
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Zellerfeld produziert in Hamburg Schuhe aus dem 3D-Drucker © Zellerfeld | Josh Greet
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200 Drucker stehen in der Farm in Hamburg-Stellingen. © Zellerfeld | Josh Greet
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Zunächst wird eine Stützstruktur gedruckt... © Zellerfeld | Josh Greet
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... dann werden die Schuhe Schicht für Schicht aufgebracht. © Zellerfeld | Josh Greet
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Wie fest oder weich beispielsweise die Sohle ist, wird von der gedruckten Dichte und Struktur beeinflusst. © Zellerfeld | Josh Greet
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Die Stützstruktur wird nach dem Druck einfach abgewaschen. Auch zu Hause können die Schuhe einfach in die Waschmaschine. © Zellerfeld | Josh Greet
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Grelle Farben, spezielle Designs: Die Schuhe von Zellerfeld fallen ins Auge. © Zellerfeld | Josh Greet
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Sieht klobig aus, wiegt aber nicht mehr als ein „normaler“ Schuh. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe
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Für den Sportartikelriesen Nike hat Zellerfeld den Air Max 1000 gedruckt. Noch in limitierter Auflage. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe
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Die ersten Nike-Schuhe „Made in Germany“ entstanden in Hamburg. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe
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Die Schuhe werden auf eine Stützstruktur gedruckt, diese wird später einfach abgewaschen. Künftig soll das Material recycled und wiederverwendet werden. Auch wenn der Stromverbrauch der Drucker enorm ist, die Nachhaltigkeit spielt bei Zellerfeld eine große Rolle. Sie war einer der Gründe, die Michael Krause, zuständig für die Plattform, überzeugten, Teil von Zellerfeld zu werden. Krause war lange General Manager für Europa bei Spotify.

„Mich hat die Vision von Cornelius sehr an meine Arbeit bei Spotify erinnert. Das ist eine völlig neue Art, Schuhe herzustellen“, sagt Krause. „Die Schuhe müssen nicht geklebt werden, bestehen nur aus einem einzigen Material und sind dadurch sehr gut recyclebar.“ 100 Paar entstehen in der Farm pro Tag.

Hamburger Firma Zellerfeld: US-Investoren stecken Millionen Dollar in gedruckte Schuhe

Aus der Idee, die Schmitt vor etwa fünf Jahren in seinem Studentenwohnheimzimmer hatte, ist ein Unternehmen mit fast 100 Angestellten geworden, weil auch andere an seine Vision glaubten. 2019 baute der 29-Jährige seinen ersten 3-D-Drucker. „2021 haben wir vom Founders Fund und Peter Thiel aus den USA 15 Millionen Dollar Investment bekommen“, sagt der Gründer. „Das hat alles geändert.“ Die Summe ist mittlerweile auf mehr als 34 Millionen Dollar gestiegen. 2020 zog die Firma nach Hamburg. Der Name ist eine Hommage an den Gründungsort: Clausthal-Zellerfeld.

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Für den Sportartikelriesen Nike druckt Zellerfeld den Air Max 1000. Der erste Nike-Schuh „Made in Germany“. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Nicht nur bei Stars und Investoren kommt die Idee gut an. Designer wie Heron Preston, Matthew Schuetz und Finn Rush-Taylor haben Schuhe entworfen. Mehr als 100 Designs stehen auf der Webseite zur Auswahl. Der Ritterschlag war die Kooperation mit dem Sportartikelriesen Nike. Für den US-Konzern druckte Zellerfeld den Air Max 1000, zunächst exklusiv für eine Messe.

Zellerfeld: Auch Cro designte schon Schuhe für die Hamburger 3-D-Drucker-Farm

„Wir sind mit unserer Drucktechnik Marktführer bei Schuhen aus dem 3-D-Drucker“, sagt Schmitt. Verschickt wird von Hamburg aus in alle Welt. Doch der Fokus von Zellerfeld liegt auf den USA. „Der US-Markt ist offener. Kunden und Investoren sind eher bereit, etwas auszuprobieren. Und es gibt eine entsprechende Zahlungsbereitschaft. Der Sneakermarkt in den USA ist riesig, macht gut 30 Prozent des Weltmarktes aus.“

Die USA sind auch deshalb wichtig, weil dort Superstars wie Sänger Justin Bieber und der Rapper 2 Chainz öffentlichkeitswirksam die Schuhe aus dem 3-D-Drucker tragen. Doch auch in Deutschland konnte die Marke Fuß fassen. Vor wenigen Wochen kam ein von Rapper Cro kreierter Schuh in den Zellerfeld-Shop. Eigene Designs produziert die Firma nicht. „Wir bieten nur den Marktplatz“, sagt Schmitt.

Hamburger Firma Zellerfeld will in den nächsten Jahren stark wachsen

Der Bestellprozess ist etwas kompliziert, was bei einigen Kunden für Unmut sorgte. Wer einen Schuh bestellen möchte, muss zunächst einen Produktionsslot reservieren, zehn Dollar werden dafür fällig. Der Preis für ein Paar Schuhe liegt je nach Modell zwischen 159 und 380 Dollar. Auf der Webseite scannen die Kunden dann ihren Fuß mit der Handykamera ein, die Schuhe werden individuell angepasst. „Teilweise war die Nachfrage so groß, dass wir den Bedarf nicht erfüllen konnten. Deshalb kam es zeitweise zu langen Wartezeiten“, sagt Krause.

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„Wir finden es unfair, dass die Kunden bezahlen, aber ihr Produkt nicht bekommen. Deshalb haben wir das System mit den Produktions-Slots eingeführt“, sagt Michael Krause. Bezahlt wird erst, wenn der Schuh in die Produktion geht. Ein bisschen Geduld brauchen die Kunden trotzdem: „Aktuell dauert es etwa drei Monate, bis die bestellten Schuhe bei den Kunden sind“, sagt Schmitt. Das soll künftig schneller gehen. „Wir suchen nach einem Platz für die neue, größere Farm“, so Krause. In ein paar Jahren wolle man die Kapazität auf 5000 Drucker erhöhen – und zwar in Hamburg.