Hamburg. Neue Studie zeigt erstmals, welchen Einfluss Wohnkosten auf die Zahl der armen Menschen in Hamburg haben. Wer besonders betroffen ist.
Hohe Mieten, steigende Nebenkosten – in Städten wie Hamburg fließt bei vielen Menschen ein großer Teil ihrer Einnahmen in die Kosten fürs Wohnen. Das zeigt nun auch eine Studie des Paritätischen Gesamtverbandes zum Thema Wohnarmut. In der Analyse liegt Hamburg auf Platz drei, hier ist die Armut also wegen der hohen Wohnkosten besonders ausgeprägt. Das ist auch eine Folge der hohen Mieten.
Im vierten Quartal 2024 stiegen die durchschnittlichen Mieten in Hamburg laut ImmoScout24 auf 12,48 Euro pro Quadratmeter, im Vorjahresquartal waren es noch 11,88 Euro pro Quadratmeter gewesen, eine Steigerung von etwa fünf Prozent. Ein Trend, der sich seit Jahren fortsetzt. Im vierten Quartal 2020 zahlten die Hamburger im Durchschnitt noch 10,79 Euro Miete pro Quadratmeter.
Hamburg: Steigende Mieten machen viele Menschen in der Stadt arm
Die Studie zeigt außerdem: Werden die Wohnkosten berücksichtigt, leben 5,4 Millionen Menschen mehr in Deutschland in Armut als bei konventioneller Berechnung der Armutsquote. 21,2 Prozent der Bevölkerung in Deutschland leben demnach in Wohnarmut, das sind insgesamt 17,5 Millionen Menschen.
In Hamburg liegt dieser Wert mit 26,8 Prozent deutlich über dem Bundesdurchschnitt, nur in Bremen (29,3 Prozent) und Sachsen-Anhalt (28,6 Prozent) ist er höher. In Hamburg leben damit 497.000 Menschen, also fast jeder vierte in wohnkostenbereinigter Armut.
Als arm gelten Menschen, die unter 60 Prozent des mittleren Einkommens liegen
„Wohnen entwickelt sich mehr und mehr zum Armutstreiber“, sagt Joachim Rock, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes. „Die Schere geht durch die steigenden Wohnkosten immer weiter auseinander.“ Eine Lösung aus Sicht des Gesamtverbandes: neue, dauerhaft sozial gebundene Wohnungen zu schaffen. „Eine zielgerichtete Politik zur Vermeidung von Armut in Deutschland braucht gute Löhne, eine bessere soziale Absicherung und eine Wohnungspolitik, die Mieten bezahlbar hält“, so Rock.
Aber wer gilt in Deutschland überhaupt als arm? Nach einer EU-Konvention gelten Menschen als einkommensarm, die mit ihrem Einkommen unter 60 Prozent des mittleren Einkommens liegen. Für diese Berechnung wird das gesamte Nettoeinkommen des Haushalts herangezogen, inklusive Wohngeld, Kindergeld und anderen Transferleistungen.
Bei der Berechnung der Wohnungsarmut werden zusätzlich die Wohnkosten miteinbezogen, immerhin machen diese für viele deutsche Haushalte mehr als ein Viertel ihres Einkommens aus. Dadurch verändert sich die Armutsquote je nach Bundesland teilweise deutlich. Am stärksten ist der Unterschied in Hamburg (plus 11,8 Prozentpunkte) und Schleswig-Holstein (plus 10,3 Prozentpunkte). Die Daten für die Studie des Paritätischen Gesamtverbandes stammen vom Statistischen Bundesamt.
Wohnen ist besonders für junge und ältere Menschen in der Hansestadt ein Armutsfaktor
Die Analyse der Paritätischen Forschungsstelle zeigt, dass einige Bevölkerungs- bzw. Altersgruppen besonders hart von hohen Wohnkosten getroffen werden. Je nach Lebensumständen leiden manche Menschen also besonders stark unter den steigenden Mieten und hohen Nebenkosten.
In der Altersgruppe der 18- bis 25-Jährigen ist die sogenannte wohnkostenbereinigte Armut mit 31 Prozent am höchsten, gefolgt von der Altersgruppe der Menschen über 65 Jahren (27,1 Prozent). Dies sei eine Folge der Erwerbsgesellschaft, da ein hoher Anteil der jungen Erwachsenen am Anfang ihrer Erwerbstätigkeit bzw. in der Ausbildung sei und die meisten Menschen über 65 Jahren im Ruhestand seien, heißt es als Erklärung in der Studie.
Armut in Hamburg: Alleinstehende leiden besonders unter hohen Wohnkosten
Nach Haushalten aufgeschlüsselt zeigt sich, dass vor allem Alleinstehende von Wohnarmut bedroht sind. Bei den Frauen sind 40,4 Prozent von wohnkostenbereinigter Armut betroffen, bei den Männern immer noch mehr als jeder Dritte (34,4 Prozent). Am höchsten ist der Wert auch bei den Alleinstehenden in der Altersgruppe über 65 Jahren (41,7 Prozent).
Bei Haushalten mit zwei Erwachsenen ohne Kinder fallen nur 15,8 Prozent unter die wohnkostenbereinigte Armutsgrenze. Den größten Einfluss hat laut der Analyse aber der Erwerbsstatus. Unter den Erwerbslosen liegt die Armutsquote bei Einbeziehung der Wohnkosten bei 61,3 Prozent.
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Steigende Wohnkosten betreffen alle Menschen. Der Anteil der Wohnkosten am verfügbaren Haushaltseinkommen ist in Deutschland seit 2020 von durchschnittlich 21,5 Prozent auf 25,2 Prozent im Jahr 2023 gestiegen. Für Menschen, die von Armut betroffen sind, liegt dieser Wert allerdings deutlich höher. 2020 gingen bei Armutsbetroffenen 42,7 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens für die Wohnkosten drauf, 2023 waren es schon 45,8 Prozent. Damit liegt der Wert mehr als doppelt so hoch wie bei Menschen, die nicht von Armut betroffen sind (21,8 Prozent im Jahr 2023).