Hamburg. Ärger bei der bekannten Hamburger Maklerfirma: Auch ein ehemaliger Geschäftsführer zieht vor Gericht. Worum es genau geht.
- Mehrere Mitarbeiter ziehen wegen ihrer Kündigungen vor Gericht
- Offenbar wurden die Beschäftigten wegen der schlechten finanziellen Lage entlassen
- Diese Vorwürfe stehe nun im Raum
Der Stellenabbau beim Hamburger Makler Grossmann & Berger zieht weitere Kreise. Viele der entlassenen Beschäftigten wollen sich mit ihrer Kündigung nicht abfinden und haben deshalb vor dem Arbeitsgericht Hamburg geklagt. Vor dem Landgericht Hamburg wehrt sich zudem der ehemalige Geschäftsführer Lars Seidel gegen seine fristlose Entlassung. Er ist vor das Landgericht gegangen, weil Geschäftsführer nicht der Gerichtsbarkeit der Arbeitsgerichte unterliegen.
Durch die gesunkenen Immobilienpreise war die Maklerbranche seit dem Jahr 2022 in Turbulenzen geraten. Käufer warteten ab, Umsätze blieben aus. Auch Grossmann & Berger, ein 100-prozentiges Tochterunternehmen der Haspa-Finanzholding, trennte sich von Beschäftigten. „Von unseren 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind weniger als zehn Prozent betroffen“, hatte im Oktober 2024 Andreas Rehberg, Sprecher der Geschäftsführung, gesagt. Nach Informationen des Abendblatts soll es um 15 Mitarbeiter gegangen sein.
Grossmann & Berger: Ehemalige Mitarbeiter klagen nach Kündigungen
Elf davon haben Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Hamburg erhoben. „Einige Verfahren sind bereits beendet, in einigen gibt es im Januar und Februar 2025 Verhandlungstermine“, sagt Ulrike Höppner, Vizepräsidentin des Arbeitsgerichts Hamburg. Termine für drei Verfahren sind in den nächsten Monaten noch angesetzt. Acht Verfahren „sind entweder durch den Abschluss eines Vergleichs erledigt worden oder ruhen wegen außergerichtlicher Vergleichsgespräche. Zu den Inhalten des Vergleichs kann ich aus datenschutzrechtlichen Gründen leider keine Auskünfte erteilen“, so Höppner.
Von Grossmann & Berger hieß es auf Anfrage: „Zum Schutz unserer ehemaligen Mitarbeitenden möchten wir uns hierzu nicht äußern“, so eine Sprecherin des Unternehmens.
Grossmann & Berger: Kaufmännischer Geschäftsführer wehrt sich gegen Vorwürfe
Die Kündigungen waren offenbar der letzte Ausweg, um die Kosten zu senken. Die schlechte wirtschaftliche Lage wird unter anderem dem entlassenen Geschäftsführer Lars Seidel angelastet, der auch für die kaufmännischen Belange zuständig war. Gegen seine fristlose Kündigung klagt er vor dem Landgericht Hamburg, denn sein Geschäftsführer-Vertrag läuft noch bis zum Jahr 2026. Am Freitag war die erste Verhandlung.
Die Vorwürfe wiegen schwer. So soll der 58-jährige Seidel nach Meinung von Grossmann & Berger Vorschläge für geforderte Kosteneinsparungen nicht geliefert haben. Zudem seien Mitarbeiter jahrelang mit Provisionen, die in falscher Höhe abgerechnet worden seien, überbezahlt worden. Das sind nur zwei von sechs Punkten, mit denen Grossmann & Berger die fristlose Entlassung rechtfertigt. Seit Juli 2024 bezieht Seidel kein Gehalt mehr.
Grossmann & Berger: Richter sehen fristlose Entlassung kritisch
Seidel zeigte sich vor Gericht entsetzt über die Vorwürfe. Er und sein Anwalt bestritten sie energisch. So habe Seidel vorgeschlagen, sich von Geschäftsbereichen wie dem in Berlin und der Gutachtertätigkeit zu trennen. Das sei aber am Widerstand der anderen Geschäftsführer gescheitert.
Offenbar war die Lage bei dem Makler ernst. Wilfried Jastrembski, Aufsichtsratsvorsitzender von Grossmann & Berger, der sich mehrfach in die Auseinandersetzungen vor Gericht am Freitag einschaltete, sagte: „Es ging ums Überleben.“ Liquiditätsengpässe seien viel zu spät angezeigt worden. Das Unternehmen habe in einer schwierigen Phase schlechter agiert als andere in der Branche, was Seidel anzulasten sei.
Grossmann & Berger: Streit vor Gerichten
Nach der Verhandlung befragte das Abendblatt Seidel nochmals zu den Vorwürfen. Darauf sagte er: „Ich möchte mich wegen des laufenden Verfahrens nicht weiter äußern.“
Das Gericht machte zudem in der Verhandlung deutlich, dass die bisherigen Vorwürfe aus seiner Sicht keine fristlose Kündigung rechtfertigten, und regte einen Vergleich an. „Sich von einem Geschäftsführer zu trennen, ist immer teuer“, sagte der Vorsitzende Richter. Auch zeigten sich die Richter darüber verwundert, dass bei einer siebenköpfigen Geschäftsführung nur einer für die Fehlentwicklung verantwortlich sein soll.
Grossmann & Berger soll 270.000 Euro Abfindung zahlen
Das Gericht machte einen Vergleichsvorschlag. Mit 270.000 Euro sollen alle Ansprüche aus dem Geschäftsführervertrag abgegolten sein und das Dienstverhältnis zum 31. Dezember 2024 enden. Zuvor hatte Grossmann & Berger Zahlungen in Höhe von 107.000 Euro angeboten.
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Seidel ist bereit, das Vergleichsangebot anzunehmen. Die Gegenseite, die mit vier Vertretern erschienen war, konnte sich trotz hektischer Telefonate in einer Verhandlungspause aber nicht dazu durchringen. Man bat um Bedenkzeit und wollte die Entschädigung um einige Zehntausend Euro reduzieren. Der Vorsitzende Richter redete Grossmann & Berger ins Gewissen: „Wir haben einen maßvollen Vorschlag gemacht, der weit von den Vorstellungen des Klägers entfernt ist und juristische und kaufmännische Aspekte berücksichtigt.“
Grossmann & Berger braucht Bedenkzeit zu Vergleichsvorschlag
Doch am Ende sah sich das Viererteam nicht in der Lage, eine Entscheidung zu treffen. „Ich muss Leute abholen, die eine Meinung zu den Dingen haben“, sagte Aufsichtsratchef Jastrembski.
Das Gericht wird jetzt den Vergleichsvorschlag schriftlich formulieren. Die Beteiligten haben dann bis zum 20. Januar 2025 Zeit, über die Annahme zu entscheiden. Sonst kommt es zu einem Prozess mit Beweisaufnahme. Die Geschäfte und Kompetenzprobleme beim Hamburger Makler würden dann in aller Öffentlichkeit ausgebreitet. Auch in der Causa Seidel sagt Grossmann & Berger: „Zum Schutz unserer ehemaligen Mitarbeitenden möchten wir uns hierzu nicht äußern.“