Hamburg. Wie wirkt sich eine schlechte Energieeffizienz auf den Preis aus? Experten haben genau hingeschaut und gerechnet. Die Ergebnisse im Detail.

Die Nachrichten über langsam wieder steigende Preise für Häuser und Wohnungen sind nicht für alle Immobilienbesitzer in Hamburg eine gute Nachricht. Denn nicht alle werden davon profitieren. Was sich mit dem Beginn der Energiekrise im Jahr 2022 abzeichnete, entwickelt sich immer mehr zu einem klaren Trend: Immobilien mit schlechter Energieeffizienz haben drastisch an Wert verloren. Und der Preisverfall könnte anhalten.

Gleich mehrere aktuelle Studien zeigen einen klaren Zusammenhang zwischen dem Energieverbrauch eines Hauses oder einer Wohnung und dem Immobilienwert. Zwar spielt bei den Immobilienpreisen auch das Baujahr eine wichtige Rolle: Jüngere Immobilien sind teurer als ältere Objekte, in denen sich in Küche und Bad noch der Charme der 70er- und 80er-Jahre versprüht.

Immobilien Hamburg: Gefährliche Preistendenz für Eigentümer

Aber eine Untersuchung der Bank ING zeigt, die Preisabschläge gegenüber der besten Energieeffizienzklasse A+, die nicht mehr als 30 Kilowattstunden (kWh) Energie pro Quadratmeter und Jahr verbrauchen darf, gegenüber der schlechtesten Energieeffizienzklasse H mit über 250 kWh haben sich innerhalb weniger Jahre mehr als verdoppelt. Das kann nicht nur an Baujahr und Ausstattung liegen.

Neugraben
Für moderne Immobilien mit guter Energieeffizienzklasse zahlen Käufer einen deutlichen Aufschlag. Hier ein Einfamilienhaus im Neubaugebiet in Neugraben. © FUNKE Foto Services | Thorsten Ahlf

Die Daten der ING haben besonderes Gewicht, weil sie nicht auf Angebotspreisen aus Anzeigen beruhen, sondern auf hauseigenen Finanzierungsfällen und damit tatsächlich gezahlten Kaufpreisen. Wohnimmobilien mit der schlechtesten Energieeffizienzklasse H kosteten im Jahr 2024 rund 40 Prozent weniger als die energieeffizienten Pendants der Klasse A+. Im Jahr 2021, also bevor die Energiepreise durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine hochschnellten, lag der Unterschied zwischen den beiden Energieklassen erst bei 17 Prozent.

Immobilien Hamburg: Gipfel bei Preisabschlägen erreicht?

Von dieser Entwicklung sind nicht nur Immobilien mit der schlechtesten Energieeffizienzklasse betroffen. In den Klassen D, E, F und G sieht es nicht viel besser aus. Hier liegt der Abschlag bei 31 Prozent und hat sich ebenfalls seit 2021 Jahr für Jahr deutlich erhöht. Beispiel: Bei der Energieklasse E lag der Kaufpreisabschlag im Jahr 2021 noch bei 15 Prozent, stieg im Folgejahr auf 20 Prozent und 2023 auf 30 Prozent.

Da dieser Anschlag aktuell mit 31 Prozent kaum gestiegen ist, scheint der Gipfel zunächst erreicht. Viele Immobilienbesitzer haben zwar aufgeatmet, als die Europäische Kommission von ihrem Ziel, dass alle Wohnimmobilien in der EU bis 2033 mindestens das Energielabel D tragen sollen, bereits im vergangenen Jahr abgerückt war. Aber im April 2024 verabschiedete sie eine neue Gebäuderichtlinie, die zwar nicht mehr Vorgaben für jede einzelne Wohnimmobilie macht, aber für die Reduzierung des durchschnittlichen Primärenergieverbrauchs des gesamten Wohnimmobilienbestandes.

Immobilien Hamburg: Neue Sanierungspflichten der EU drohen

Das macht es für Immobilienbesitzer nicht viel besser, wie die ING in ihrer Studie vorrechnet. Sie geht davon aus, dass der durchschnittliche Primärenergieverbrauch am deutschen Wohnimmobilienmarkt im Jahr 2020 bei 185 kWh pro Quadratmeter Wohnfläche lag. Das entspricht etwa der Energieeffizienzklasse F. Bis zum Jahr 2030 soll dieser Wert auf 155 kWh sinken. Im Jahr 2025 müsste dann ein Wert von 144 kWh pro Quadratmeter erreicht sein. Eine künftige Regierung muss diese Vorgaben bis 2026 in nationales Recht umsetzen.

Vor diesem Hintergrund werden selbst kleine Preiserholungen am Immobilienmarkt, wie sie sich derzeit abzeichnen, an dem Trend hoher Preisabschläge für Immobilien mit schlechter Energieeffizienz wenig ändern. Für die Hamburger Immobilienbesitzer hat das große Relevanz, denn bei ihren Einfamilienhäusern sieht es mit Blick auf die Energieeffizienz schlecht aus.

Immobilien Hamburg: Jedes zweite Einfamilienhaus ist ein Sanierungsfall

Nach einer Untersuchung von ImmoWelt entfallen in der Hansestadt fast 50 Prozent der Einfamilienhäuser, die zum Verkauf angeboten werden, auf die drei schlechtesten Energieklassen F, G und H. Diese drei Klassen führen zu einem Energiebedarf zwischen mindestens 160 und mehr als 250 Kilowattstunden (kWh) pro Quadratmeter Wohnfläche und Jahr. Rund 29 Prozent haben die Energieklassen D und E. Zu den Einfamilienhäusern werden auch Reihen- und Doppelhäuser gezählt.

Besser sieht es bei Eigentumswohnungen in Hamburg aus. Mehr als die Hälfte (51,1 Prozent) der Objekte hat zumindest die Energieeffizienzklasse D und E. Nur 19,1 Prozent entfallen in die schlechtesten Klassen F, G und H. Unabhängig von der Bausubstanz verbessern innenliegende Wohnungen ohne Außenwände die Energieeffizienz des Gebäudes. Aufgrund der starken Neubautätigkeit in Hamburg im Geschosswohnungsbau liegt der Anteil in den vier besten Effizienzklassen A+, A, B und C bei rund 30 Prozent.

Unterschied zwischen Energieklasse A und D liegt bei 650 Euro pro Quadratmeter

Bei Eigentumswohnungen hat das Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW) den Aufpreis ermittelt, den Käufer zahlen, wenn sie ein Objekt mit der Energieeffizienzklasse A+ oder A im Vergleich zu einem Pendant mit der Energieeffizienzklasse D oder E kaufen. Der Aufschlag liegt bei rund 650 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche, aber nur wenn Verkäufer einen Bedarfsausweis vorlegen, der den Energieverbrauch anhand objektiver Gebäudedaten bestimmt. Können die Verkäufer nur einen Verbrauchsausweis, der vom individuellen Heizverhalten abhängt, vorweisen, liegt der Preisaufschlag nur bei 225 Euro pro Quadratmeter.

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„Der deutlich geringere Aufpreis für energieeffiziente Wohnungen bei Verwendung eines Verbrauchsausweises lässt sich durch dessen höhere Manipulationsanfälligkeit und die Verzerrung aufgrund vergangener Verbrauchsdaten erklären“, sagt Studienautor Steffen Zetzmann vom IfW.

Immobilien: Preisaufschläge haben seit dem Ukraine-Krieg zugenommen

So kann der Energieverbrauch durch einen längeren Urlaub sinken oder es werden nur wenige Räume beheizt. „Diese Schwächen führen dazu, dass Marktteilnehmer einen Verbrauchsausweis als weniger informativ bewerten“, so Zetzmann. Dies spiegele sich direkt in geringeren Aufschlägen auf Verkaufspreise wider.

Auch bei dieser Untersuchung zeigt sich im Zeitverlauf ein deutlicher Anstieg der Preisaufschläge. Der durchschnittliche Preisaufschlag vor dem russischen Angriffskrieg für Wohnungen der Kategorie A+ und A im Vergleich zu Wohnungen mit den Ratings D und E beträgt 390 Euro pro Quadratmeter, wenn die Angaben zur Energieeffizienz auf einem Bedarfsausweis basieren, und 188 Euro pro Quadratmeter, wenn ein Verbrauchsausweis verwendet wird.

Energieeffizienz zu verbessern kostet 700 Euro pro Quadratmeter

Bei den Daten stützt sich das IfW auf die Kaufpreise von Eigentumswohnungen aus den Jahren 2014 bis 2024 in 19 deutschen Städten, darunter auch Hamburg, die zum Teil von den Gutachterausschüssen stammen, die jeden Immobilienverkauf erfassen.

Um die Energieeffizienzklasse von D und E auf A+ und A zu verbessern, fallen laut IfW Kosten von durchschnittlich rund 700 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche an. Die tatsächlichen Ausgaben für Eigentümer dürften geringer sein, weil staatliche Zulagen noch nicht berücksichtigt sind. Manchem Eigentümer werden diese Werte zu niedrig vorkommen.

Energieeffizienz: Jeder dritte Eigentümer will nur sanieren, wenn er dazu gezwungen wird

„Wir konzentrieren uns ausschließlich auf die energiebedingten Mehrkosten“, sagt Zetzmann. „Andere Studien berücksichtigen häufig die Vollkosten einer Sanierung.“ Auch die Finanzierungskosten und die Preissteigerungen der vergangenen Jahre im Handwerk wurden in die Rechnung einbezogen.

Die Bereitschaft, im Bestand die Energieeffizienz der eigenen Immobilie zu erhöhen, ist aber nur gering ausgeprägt. Nach einer Umfrage der ING würde rund jeder dritte Eigentümer nur sanieren, wenn er gesetzlich dazu gezwungen wird. Dann würden die bisherigen Preisabschläge vor einer Neubewertung stehen – und das sicherlich nicht zugunsten der Immobilienbesitzer.