Hamburg. Für sechs Hamburger Görtz-Filialen gibt es Räumungsklagen. Um welche Läden es geht und welche Filiale des Schuhhändlers bereits geschlossen ist.
- Schuhhandelskette Görtz droht die Räumung von sechs Hamburger Filialen
- Görtz-Läden in der Europa Passage und im AEZ betroffen.
- Görtz-Stammhaus an der Spitalerstraße vor Räumung
Erst in der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass bei einem Unternehmen aus dem Firmengeflecht von Görtz-Chef Bolko Kissling in Norderstedt der Gerichtsvollzieher vor der Tür stand. Jetzt kommen die schlechten Nachrichten rund um den Hamburger Schuhhändler Schlag auf Schlag: Nach Abendblatt-Informationen wurde bereits am Montag die Görtz-Filiale in Henstedt-Ulzburg zwangsgeräumt und ist seitdem geschlossen.
Auch in Hamburg drohen Räumungen und Zwangsschließungen bei dem Schuhhändler, der 2023 von Kissling aus der Insolvenz übernommen worden war. Beim Landgericht Hamburg liegen Räumungsklagen für sechs Görtz-Filialen in der Hansestadt vor. Dabei geht es um das Görtz-Stammhaus an der Spitalerstraße sowie die Filialen in der Europa Passage, im Alstertal-Einkaufszentrum (AEZ), im Elbe Einkaufszentrum (EEZ), im Mercado sowie im City Center Bergedorf. Nach Abendblatt-Informationen sollen an den Standorten in den vergangenen Monaten hohe Mietrückstände aufgelaufen sein. Aktuell sind diese Geschäfte wie gewohnt geöffnet.
Görtz: Schuhhandelskette droht Räumung in sechs Hamburger Filialen
Gerichtssprecherin Marayke Frantzen bestätigte den Eingang der Klagen gegen die Görtz Retail GmbH, in der die Filialen des Unternehmens zusammengefasst sind, auf Abendblatt-Anfrage. Geklagt hatten die Eigentümergesellschaften der Immobilien. Die Verfahren waren zwischen Ende August und Anfang November beim Landgericht eingegangen. Weitere Angaben wie etwa zur möglichen Höhe etwaiger Mietschulden wurden nicht gemacht. Görtz-Inhaber Bolko Kissling äußerte sich auf Anfrage nicht.
Besonders betroffen ist der Shoppingcenter-Betreiber ECE mit drei Standorten (Europa Passage, AEZ, EEZ), an denen Görtz seit vielen Jahren vertreten ist. Ein Sprecher sagte auf Abendblatt-Anfrage: „Wir äußern uns nicht zu einzelnen Mietern und Vertragsverhältnissen.“ Bundesweit gibt es insgesamt elf Görtz-Filialen in Einkaufszentren der Gruppe.
Läden in der Europa Passage und im AEZ betroffen
Schon seit Längerem wird hinter vorgehaltener Hand über die Zahlungsmoral von Görtz geklagt. Nach der Schließung von mehr als 100 Filialen im Zuge der Insolvenz 2022 hatte der neue Eigentümer in den vergangenen Monaten weitere Standorte dichtgemacht. Jetzt steht auch das Geschäft in Lüneburg vor dem Aus. Am kommenden dritten Adventssonnabend ist nach Abendblatt-Informationen der letzte Öffnungstag. Zuletzt hatte es einige Neueröffnungen gegeben, darunter in Hamburg-Eppendorf.
In Henstedt-Ulzburg wurden die Beschäftigten völlig unvorbereitet von dem Gerichtsvollzieher erwartet, als sie am Montag den Laden öffnen wollten. Alles, was im Geschäft war, sei gepfändet worden, sagte ein Mitarbeiter dem Abendblatt. Sie hätten Schlüssel und Geldbestand übergeben müssen und seien dann nach Hause geschickt worden. Betroffen sind 14 Beschäftigte. Hintergrund sind offenbar Mietrückstände. Jetzt prangt ein Schild im Fenster, dass die Filiale geschlossen bleibt. Anfragen bei Görtz zu dem Vorgang blieben unbeantwortet.
Auch das Lager in Norderstedt ist offenbar dauerhaft dicht. Schon am Dienstag vergangener Woche hatte ein Gerichtsvollzieher eine große Halle in Norderstedt räumen lassen. Das Gebäude wurde lange als Görtz-Zentrallager gebraucht. Aktuell wird der Standort von der Atlant Logistik GmbH genutzt, einem Unternehmen aus dem Görtz-Firmengeflecht, bei der Kissling ebenfalls Geschäftsführer ist.
Görtz-Stammhaus an der Spitalerstraße vor Räumung
Bei dem Räumungstitel geht um Mietforderungen, hatte der Direktor des Amtsgerichts Norderstedt, Wolf Reinhard Wrege, den Vorgang auf Abendblatt-Anfrage bestätigt. Im Rahmen der Vollstreckung waren Schlösser ausgetauscht worden, um Waren und Inventar in dem Gebäude zu sichern. Der Betrieb wurde eingestellt, die etwa 40 Beschäftigten sind nach Hause geschickt worden.
Görtz-Inhaber Kissling hatte einen direkten Zusammenhang mit der Schuhhandelskette zurückgewiesen. „Görtz ist dort Kunde“, sagte Inhaber Kissling auf Abendblatt-Anfrage. In dem ehemaligen Zentrallager werden seinen Angaben zufolge aktuell nur noch geringe Warenmengen gelagert. Der Standort solle Ende dieses Jahres aufgegeben werden. „Wir nutzen verstärkt die Lager in unseren Filialen.“ Allein in das Stammhaus in der Hamburger Innenstadt seien 50.000 Paar Schuhe gebracht worden.
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Kissling, der ursprünglich aus der Logistikbranche kommt, hatte Görtz im Juli 2023 mit seinem Unternehmen CK Technology Solutions GmbH mit Sitz in Wien aus der Insolvenz übernommen. Er betont, dass er das 1875 gegründete Unternehmen nach der Insolvenz mit einem veränderten Geschäftsmodell und einer eigenen Modekollektion neu aufstellen will.
Zuletzt hatte er mit Problemen zu kämpfen. Auch in Österreich, wohin das Unternehmen erst Ende vergangenen Jahres expandiert war, gibt es Streit um Mieten für Geschäftsflächen. Im August hatte ein Schuhhersteller seine Waren von einem Gerichtsvollzieher aus den Läden holen lassen. Andere hatten die Belieferung beendet.