Hamburg. Mehr als 60 Prozent der Hamburger sind betroffen. Dabei ist es einfach, die Stromrechnung zu senken. Wie man in Hamburg und dem Umland spart.

Die Hamburger geben für ihren Strom deutlich mehr Geld aus, als notwendig wäre. Denn über die Hälfte der Hamburger ist noch in der Grundversorgung von Vattenfall, einem der teuersten Tarife, mit fast 42 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Mit einem Anbieterwechsel können Singles und Familien mehrere Hundert Euro im Jahr sparen. Nach einer YouGov-Studie, die dem Abendblatt exklusiv vorliegt, sind 64,4 Prozent der Hamburger noch in der Grundversorgung beim Strom, das ist bundesweit der höchste Wert aller Bundesländer und Stadtstaaten nach Berlin (66 Prozent).

Eine Familie mit einem Jahresverbrauch von 4000 kWh zahlt in Hamburg im Grundtarif von Vattenfall 1827 Euro, ein Single mit 1500 kWh 782 Euro. Im Umland von Hamburg zahlt sich Wechseln noch stärker aus, weil die Grundversorger-Tarife dort zum Teil noch teurer sind. So werden Familien in Pinneberg und Ahrensburg mit mehr als 1900 Euro auf der Jahresrechnung zur Kasse gebeten, ermittelte das Hamburger Unternehmen Wechselpilot exklusiv für das Abendblatt. Am günstigsten ist der Grundversorger-Tarif für Familien noch in Reinbek beim e-werk Sachsenwald mit 1554 Euro im Jahr.

Wechselpilot-Chef Maximilian Both
Maximilian Both leitet das Hamburger Unternehmen Wechselpilot, das für Verbraucher den günstigsten Stromanbieter ermittelt. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

Strompreis Hamburg: Jüngere Kunden bleiben lange in der Grundversorgung

„Oft bleiben Haushalte in diesen Verträgen, weil es bequem ist oder sie es nicht besser wissen“, sagt Maximilian Both, Geschäftsführer und Mitgründer von Wechselpilot, ein Dienstleister, der für seine Kunden den Wechsel des Stromanbieters organisiert. Ein Blick auf die demografischen Daten zeigt, dass insbesondere jüngere Altersgruppen zwischen 18 und 34 Jahren (53,5 Prozent) häufiger in der Grundversorgung verbleiben.

Obwohl ein Tarifvergleich für diese Altersgruppe im Internet kein Problem sein sollte, verharren sie in der teuren Grundversorgung. „Junge Leute wollen es auch bequem haben“, sagt Both. „Sie leben in einer WG oder in einer kleinen Wohnung, wo der Stromverbrauch noch nicht so die große Rolle spielt.“ Doch erst in der Altersgruppe ab 55 Jahren sinkt der Anteil der Stromkunden in der Grundversorgung auf unter 50 Prozent.

Hamburger verschenken jährlich 100 Millionen Euro durch zu teure Stromtarife

Insgesamt kostet die mangelnde Wechselbereitschaft die Hamburger viel Geld. „Weil ein Großteil der Hamburger nicht wechselt, verschenken sie über 100 Millionen Euro Ersparnis im Jahr“, sagt Both, und das ist noch eine sehr konservative Rechnung.

Die von Wechselpilot errechneten Einsparungen durch einen Anbieterwechsel sind hoch. Für die Familie in Hamburg mit einem Jahresverbrauch von 4000 kWh sind es 455 Euro im Jahr, der Single mit einem Jahresverbrauch von 1500 kWh kann 255 Euro im Jahr sparen.

Für konsequente Ersparnis ist jährlicher Wechsel des Anbieters notwendig

In anderen Städten im Hamburger Umland ist die Ersparnis für Familie und Single noch viel höher. 805 Euro im Jahr kann die Familie in Norderstedt sparen, wenn sie von den Stadtwerken Norderstedt wechselt. Mehr als 700 Euro im Jahr sind in Seevetal und Pinneberg als Ersparnis möglich. Auch der Single kann in Norderstedt, Seevetal und Pinneberg mehr als 300 Euro im Jahr sparen.

Um eine solche Ersparnis aber über Jahre hinweg zu erreichen, muss man jedes Jahr den Anbieter wechseln. „Daran führt kein Weg vorbei, denn das Wettbewerbsumfeld unter den Stromanbietern ist sehr stark ausgeprägt“, sagt Both. Da nur relativ wenige Verbraucher den Anbieter wechseln, müssen die Anbieter mit besonders attraktiven Tarifen werben, die sie sich dann im zweiten Jahr schon nicht mehr leisten können. Für den Verbraucher wird es teurer. Außerdem spielen die Bonuszahlungen für die Höhe der Einsparungen nach Boths Einschätzung eine große Rolle. „An diesen Tarifen kommen auch wir nicht vorbei“, sagt er. Außerdem kann das Unternehmen auch über Tarife verfügen, die in den Vergleichsportalen wie Check24 nicht auftauchen.

Wechselpilot übernimmt für Kunden den jährlichen Wechsel

Die Kunden können den Wechselaufwand selbst bewerkstelligen oder sie greifen auf Dienstleister wie Wechselpilot, Switch up oder Remind me zurück. Wechselpilot kümmert sich neben dem Tarifvergleich auch um den vollständigen Vertragswechsel und die Kommunikation mit den Versorgern. Dafür nimmt das Unternehmen 20 Prozent von der Einsparung gegenüber dem Vorjahr, maximal 200 Euro, als Provision. Die Bewertungen der Kunden von Wechselpilot bei Trustpilot sind überwiegend positiv und meist nah an der Höchstbewertung von fünf Sternen.

„Wir machen den Kunden drei Monate vor Ablauf der Vertragslaufzeit drei Tarifvorschläge: den Preissieger, unsere Empfehlung und einen Tarif für grünen Strom“, sagt Both. Wenn der Kunde nicht reagiert, und das ist immerhin rund die Hälfte der 100.000 Kunden, „dann nehmen wir unsere Empfehlung“.

Große Versorger gelten als verlässliche Lieferanten für die Kunden

In 50 Prozent der Fälle sind Preissieger und die Empfehlung von Wechselpilot identisch. Im Vergleich der sieben norddeutschen Städte spiegelt sich das aber nicht wider. Denn nur im Fall des Single-Haushalts in Ahrensburg, der damit knapp 300 Euro sparen kann, stimmen Empfehlung und Preissieger überein. Die Empfehlung sind oft große Energiekonzerne wie E.on, Vattenfall, Stadtwerke oder Ableger davon.

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„Wir bewerten die Anbieter in drei Kategorien. Neben dem Preis geht es darum, wie verlässlich der Bonus gezahlt wird, wie der Service des Unternehmens ist und wie unkompliziert der Wechsel läuft“, sagt Both. In fast allen Tarifempfehlungen in der Tabelle setzt Wechselpilot auf E wie Einfach. Das ist ein Tochterunternehmen von E.on, das als seriöser Anbieter gilt und sich durch hohe Kundenzufriedenheit auszeichnet, begründet Wechselpilot seine Wahl. Außerdem gibt es eine transparente Preisgarantie und die Boni werden verlässlich ausgeschüttet.

Mit dem Preissieger lassen sich in Hamburg 663 Euro sparen

Noch größere Einsparungen sind möglich, wenn Kunden jeweils den preisgünstigsten Stromlieferanten wählen. Dann könnte die Familie in Hamburg sogar 663 Euro im Jahren sparen, wenn sie einen Tarif von NEW wählt, einem Energieunternehmen vom Niederrhein. Das sind immerhin gut 200 Euro mehr als mit der Empfehlung von Wechselpilot.

Auch in anderen untersuchten Städten ist das Unternehmen der Preissieger.  In Norderstedt wäre mit dem Preissieger NEW eine Einsparung für die Familie von 962 Euro möglich. Das sind 157 Euro mehr als mit der Empfehlung von Wechselpilot. Im Schnitt liegt die zusätzliche Einsparung durch den Preissieger für die Familie in Städten wie Reinbek, Seevetal oder Wedel bei mindestens 100 Euro.

Aber wer konsequent auf den Preissieger setzt, muss dann auch damit rechnen, sich früher oder später Probleme einzuhandeln. Die größten Probleme sind nach Einschätzung von Wechselpilot, dass der Bonus nicht ausgezahlt wird und dass höhere Abschläge erhoben werden als eigentlich notwendig sind.