Hamburg. Hohe Nachfrage könnte zu Kapazitätsproblem führen. Wie die Ticketpreise sich entwickelt haben – und ist der Airport wirklich so teuer?

Corona hat die stets auf Wachstumskurs (f)liegende Luftfahrtbranche in ein tiefes Tal gebracht. Die Passagierzahlen brachen mit Beginn der Pandemie massiv ein. Seitdem erholen sie sich nach und nach und dürften bald in neue Höhen schnellen – auch am Flughafen Hamburg.

„Bis 2050 erwarten wir nahezu eine Verdreifachung der weltweiten Passagierzahlen“, sagte Florian Linke im Gespräch mit unserer Redaktion. Der 44-Jährige ist kommissarischer Leiter des in Harburg sitzenden und vor wenigen Tagen offiziell eröffneten Instituts für Luftverkehr beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Flughafen Hamburg: Passagierzahl am Airport soll sich bis 2050 verdoppeln

Im Jahr 2023 seien global 4,286 Milliarden Passagiere gezählt worden, wobei nur die einsteigenden Menschen in die Statistik eingingen. Zur Mitte des Jahrhunderts sollen es nach DLR-Prognose 12,183 Milliarden Fluggäste sein. Ein Plus von 184 Prozent.

„Global ist aufgrund der zu erwartenden positiven Wirtschaftsentwicklung trotz periodisch auftretender Krisen langfristig mit einem weiteren Wachstum des globalen Luftverkehrs zu rechnen“, sagte Linke. Die Wirtschaftsentwicklung sei der entscheidende Treiber der Luftverkehrsentwicklung. Wesentliche Orte des Wachstums seien die asiatischen, aber auch die nordamerikanischen Märkte.

Flughafen Hamburg: Bis 2050 erwartet DLR 14 Millionen abfliegende Passagiere

In Europa werde es aufgrund der zu erwartenden langfristig weniger dynamischen Wirtschaftsentwicklung eher ein schwächeres Wachstum geben, sagt der studierte und promovierte Luft- und Raumfahrtingenieur. „Dies trifft insbesondere auf den deutschen Luftverkehrsmarkt zu. Aber wir gehen davon aus, dass auch dieser sich langfristig wieder von den Krisen wie der Pandemie, dem Ukraine-Krieg und der wirtschaftlichen Schwäche erholen wird.“

Florian Linke, kommissarischer Leiter des in Hamburg sitzenden Instituts für Luftverkehr.
Florian Linke ist kommissarischer Leiter des in Hamburg sitzenden Instituts für Luftverkehr beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. © DLR | DLR

Für den Flughafen Hamburg rechnen die Forscher mit einem deutlichen Zuwachs. Von 6,78 Millionen abreisenden Passagieren soll die Fluggastzahl auf rund 14 Millionen bis Mitte des Jahrhunderts steigen – etwas mehr als eine Verdoppelung. Hamburg Airport meldete 2023 rund 13,6 Millionen Fluggäste; dabei werden allerdings abfliegende und ankommende Passagiere erfasst. Der Rekord datiert aus 2017 mit 17,6 Millionen, zwei Jahre später waren es 17,3 Millionen. 

Flughafen Hamburg: Die Flugzeuge dürften größer werden

Die Airports würden wegen des Wachstums auf Kapazitätsprobleme stoßen, so Linke: „Die Nachfrage, die wir erwarten, wird zukünftig nicht überall mehr von der bestehenden Infrastruktur abgedeckt werden können.“ Platz für neue Start-und-Lande-Bahnen sei in vielen Fällen nicht vorhanden. „Das wird zum einen die Nachfrage dämpfen, zum anderen werden die Flugzeuge immer größer werden, um mit einem Flug mehr Menschen mitzunehmen.“

Seit der Corona-Pandemie sind die deutschen Airports allerdings nicht so stark gewachsen wie viele europäische Wettbewerber. Alle großen nationalen Flughäfen liegen bei der Passagierzahl unterhalb des Vor-Corona-Jahres 2019, das in der Branche als Referenz herangezogen wird. „Wir sind weltweit und auch in Europa fast wieder auf dem Vor-Corona-Niveau – im deutschen Luftverkehr haben wir aber immer noch ein Defizit von fast 20 Prozent“, sagt Linke.

Wie der Flughafen Hamburg bei den Standortkosten dasteht

Seit Monaten machen die Fluggesellschaften die hohen Standortkosten in Deutschland dafür verantwortlich. Ryanair kündigte im Oktober deswegen an, das Angebot in Fuhlsbüttel mit dem Sommerflugplan 2025 um 60 Prozent zu kappen. Eurowings und Condor folgten kurz darauf, kündigten ebenfalls Kapazitätskürzungen an und verwiesen auf die im Frühjahr 2025 geplante Gebührenerhöhung am Helmut-Schmidt-Flughafen von knapp zehn Prozent. Die Entgelte in Fuhlsbüttel seien damit künftig zu hoch, argumentieren beide deutsche Airlines.

Nach Zahlen des DLR kann Fuhlsbüttel mit unmittelbaren Konkurrenten aber durchaus mithalten. So kostet der Start eines Airbus A320neo, einem häufig eingesetzten Flugzeugtypen, in der Hansestadt mit 153 Passagieren an Bord in diesem Jahr gut 6000 Euro. Darin enthalten sind sämtliche staatliche Kosten wie die Luftverkehrssteuer, die Luftsicherheitsabgaben und die Flugsicherung sowie die Flughafenentgelte.

Flughafen Hamburg kann mit nationalen Konkurrenten mithalten, aber international ...

Die direkten Konkurrenten Berlin, Stuttgart und Düsseldorf liegen um mehrere Hundert bis rund 1000 Euro darüber. München und Frankfurt liegen bei (weit) mehr als 8000 Euro.

Der Vergleich mit 2019 zeigt aber das innereuropäische Wettbewerbsproblem: Die großen deutschen Flughäfen sind alle deutlich teurer geworden – Hamburg kam zum Beispiel von rund 4500 Euro –, während andere internationale Flughäfen weniger stark die Preise anzogen, teilweise sogar ziemlich stabil blieben.

Flughafen Hamburg: Seit 2019 sind die Ticketpreise um 30 Prozent gestiegen

Diese Entwicklung sorgt dafür, dass Billigflieger das Angebot in Deutschland zurückgefahren haben oder dies in Hamburg planen – wie Ryanair im nächsten Jahr. Das schlägt sich in höheren Preisen für die Passagiere nieder. „Die Gesamtkosten für ein Ticket vom Flughafen Hamburg aus sind im Schnitt von 2019 bis 2023 um rund 30 Prozent gestiegen“, sagt Linke. Derzeit fallen um die 300 US-Dollar (280 Euro) pro Ticket pro Einzelstrecke inklusive Gebühren an. Wie sich die Ticketpreise künftig im Lichte der neuen Dynamik am Helmut-Schmidt-Flughafen entwickeln werden, könne man jedoch noch nicht seriös vorhersagen.

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Klar ist: In diesem Jahr ist das Flugangebot in Fuhlsbüttel noch gewachsen. 1192 Starts habe es in einer Woche im Juli 2024 gegeben, ermittelte das DLR in seinem Low Cost Monitor. Das waren vier Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Bei den Low Cost Carriern – den sogenannten Billigflugairlines – waren es 489 Starts und damit ein Plus von 3,6 Prozent. Ihr Marktanteil blieb unverändert bei 41 Prozent.

Flughafen Hamburg: Innerdeutscher Flugverkehr deutlich gesunken

Der innerdeutsche Flugverkehr ist hingegen deutlich gesunken, und zwar um rund 50 Prozent in Hamburg. Das liege vor allem an weniger Geschäftsreisenden, gestiegener technischer Möglichkeiten, sich virtuell zu treffen, sowie einigermaßen guten Bahnverbindungen, so Linke: „Zu den Drehkreuzen Frankfurt und München erholt sich der Luftverkehr recht gut. Weil die Leute reisen wollen und die Zubringerflüge zum Beispiel aus Hamburg nutzen, um dort in die Langstreckenmaschinen umzusteigen.“