Hamburg. Kaffee, Kuchen, Retro-Charme: Seit 1950 ist das Lokal an der Rothenbaumchaussee ein Treffpunkt. Jetzt ist es im Insolvenzverfahren.

  • Fremdantrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beim Amtsgericht Hamburg gestellt
  • Betrieb läuft weiter: Das sind die neuen Öffnungszeiten
  • Henning Venske, Carlo von Tiedemann und die Sprecher der drei Fragezeichen sind Stammgäste

Zum runden Geburtstag gab es eine überdimensionierte Torte in Form einer 70, reich verziert mit Blumen und gezuckerten Früchten. Zum Gratulieren waren NDR-Moderator Carlo von Tiedemann, Moderator und Autor Jörg Thadeusz und der ehemalige NDR-Indentant Lutz Marmor ins Funk-Eck an der Rothenbaumchaussee gekommen. Wegen Corona war das Fest verschoben worden, der guten Laune hatte das nicht geschadet.

Jetzt ist die Stimmung in dem bekannten Café und Restaurant schräg gegenüber des NDR-Landesfunkhauses gedrückt. „Für die Caféhaus Besch GmbH, die den 1950 gegründeten Traditionsbetrieb, das Funk-Eck, betreibt, wurde ein Fremdantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim Amtsgericht in Hamburg eingereicht“, sagte Geschäftsführerin Angelika Besch, die das Familienunternehmen mit Tochter Alexa Grau führt, auf Abendblatt-Anfrage. Die Folge: Die Öffnungszeiten sind aktuell deutlich reduziert.

Kultcafé Funk-Eck: Das ändert sich in dem Traditionsbetrieb

Als vorläufige Insolvenzverwalterin wurde Yvonne van Dongen von der Hamburger Kanzlei Weiland Rechtsanwälte bestellt. Am Montag hatte den Angaben zufolge eine erste Mitarbeiterversammlung stattgefunden. „Im Moment sind wir noch ganz am Anfang. Das Ziel ist, den Betrieb zu übertragen und die Arbeitsplätze zu erhalten“, sagte die Sanierungsexpertin.

Im Klartext: Es wird ein Käufer für das Funk-Eck gesucht. Erste Interessenten haben sich bereits gemeldet. Parallel prüft die Insolvenzverwaltung die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes für die Beschäftigten.

Das Café Funk-Eck an der Rothenbaumchaussee wird seit 1950 von Familie Besch geführt.
Das Café Funk-Eck an der Rothenbaumchaussee wird seit 1950 von Familie Besch geführt. © Bertold Fabricius | Bertold Fabricius

Das Funk-Eck ist weiterhin geöffnet. Das wird vor allem die vielen Stammgäste freuen. Seit der Eröffnung vor 74 Jahren hat sich das Café zu einer Institution entwickelt. Großes Frühstücksangebot, leckerer Kuchen und gutbürgerliche Küche in gediegenem Retro-Charme: Das stadtbekannte Lokal ist ein beliebter Treffpunkt. Volksschauspielerin Heidi Kabel lernte dort ihre Rollen, Großautor Siegfried Lenz feilte an Manukripten. Für manchen, wie NDR-Urgestein Carlo von Tiedemann, ist es „das zweite Wohnzimmer“. Von Satiriker Henning Venske heißt es, für ihn zähle der Butterkuchen im Funk-Eck zur Grundversorgung. Auch TV-Promi Hape Kerkeling, Journalist Heiner Bremer, die Sprecher der Kult-Hörspiele Die Drei Fragezeichen und andere Prominente kehren gern ein.

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Legendär auch die Öffnungszeiten: von 9 bis 19 Uhr an 365 Tagen im Jahr. Aktuell gelten allerdings geänderte Öffnungszeiten, wie Inhaberin Besch auf einem Schild am Café und bei Facebook mitteilt: „Mittwoch bis Sonntag von 11 bis 18 Uhr, leider ohne Frühstück, aber wie gewohnt mit Mittagessen (bis 15.30 Uhr) und Kaffee und Kuchen.“ Nächste Woche kündigt sie eine kleine Ausnahme der neuen Regelung an. Da ist haben am Montag (21.10.) geöffnet und am Dienstag und Mittwoch (22./23.10.) geschlossen.

Zu den Gründen für die wirtschaftliche Schieflage erklärte Angelika Besch, die das Funk-Eck 1976 mit Ehemann und Gründersohn Bernd Besch übernommen hatte: „Wir kämpfen seit der Corona-Zeit um jeden Gast, haben unsere Wareneinkäufe streng kontrolliert und angepasst – ohne an der Qualität zu sparen, aber die Erhöhung der Mehrwertsteuer von sieben auf 19 Prozent im Januar macht es Gastronomen wie uns neben dem herrschenden Personalmangel, steigenden Energie- und Mietkosten und stetig höher werdenden Wareneinkaufskosten sehr schwer.“

Kultcafé Funk-Eck: Das ändert sich jetzt in dem Traditionsbetrieb

In den vergangenen Monaten waren mehrere Geschäftsschließungen in der Hamburger Gastronomie bekannt geworden. Darunter das bekannte Lokal Brodersen in der Rothenbaumchaussee 46, das nach einer Insolvenz inzwischen unter neuer Leitung wiedereröffnet hat. Auch das Chapeau! im Goldbekhaus in Winterhude hatte Insolvenz angemeldet und wird inzwischen unter dem Namen Salut weitergeführt.