Hamburg. Ein Blick hinter die Kulissen des Airbus-Werkes in Hamburg: Nach dem Aus des A380 ist nun der A350 der größte Jet des Konzerns.
- Airbus inside: Das neue Flaggschiff – so beginnt der Bau in Hamburg-Finkenwerder.
- Airbus A350-1000 überragt den A380 in der Länge.
- A350 bietet Platz für 350 bis 410 Passagiere, in der A350-1000-Version sogar für bis zu 480.
Eine Nummer größer als an vielen anderen Airbus-Orten auf Finkenwerder geht es in Halle 261 zu. Hamburg ist das Kompetenzzentrum des Luft- und Raumfahrtkonzerns für die A320-Familie. Doch auch für die Langstreckenflugzeuge erfolgen wichtige Arbeiten an der Elbe – wie für das neue Flaggschiff A350. Nach dem Produktionsaus für den A380 ist es der größte Airbus-Jet.
Die Rumpfsektionen in Halle 261 fallen aus zwei Gründen auf. Zum einen hat die Kabine mit rund 5,70 Metern einen zwei Meter größeren Durchmesser als die A320-Jets. Zum anderen sehen sie anders aus: sie sind ockerbraun-gelb statt hellgrün. „Das hängt damit zusammen, dass wir den Rumpf aus einem anderen Werkstoff produzieren“, sagt Tim Vogel, der beim A350-Programm die System- und Ausrüstungsinstallation leitet.
Airbus inside: Das neue Flaggschiff – so beginnt der Bau in Hamburg-Finkenwerder
Als die Ingenieure den noch recht jungen Großraumjet, der 2014 das erste Mal ausgeliefert wurde, konzipierten, setzten sie auf Kohlefaserverbundwerkstoff (CFK) statt Aluminium. Er gilt als wartungsärmer und leichter, sodass weniger Kerosin verbraucht wird. „CFK besitzt andere Materialeigenschaften als Aluminium, und entsprechend benötigt die Außenhaut der A350 eine andere Oberflächenbeschichtung“, sagt Vogel. Deswegen erscheinen die Rümpfe ockerbraun-gelb statt aluminium-grün.
Die ersten Arbeiten erledigen die Monteure nicht in der Tonne, sondern vorab in der Modulfertigung für die Decken und Seitenbereiche. Der große Vorteil für die Beschäftigten: „Die Modulrahmentische können ergonomisch gekippt werden, sodass unsere Werker in optimaler Höhe und Griffausrichtung die elektrischen und mechanischen Installationen durchführen können“, sagt Vogel.
Neues Airbus-Flagschiff: Ausrüstung des A350 erfolgt an insgesamt sechs Stationen
Anschließend wird der Modulrahmen von einer Empore in die Halle hinunter und mit einem Schlittensystem in den Rumpf gefahren sowie montiert. „Das ist eine Riesenarbeitsentlastung“, so Vogel. Das anstrengende Überkopfarbeiten wird deutlich reduziert.
Die Produktionsstraße besteht aus sechs Stationen. An der ersten müssen aber zunächst einmal grundlegende Arbeiten erfolgen wie das Verlegen von (temporären) Fußbodenplatten, damit die Arbeiter sich in dem Rumpfabschnitt sicher bewegen können. Dann beginnt Station für Station die eigentliche Ausrüstungsmontage: Isolationen werden montiert, Module integriert, Kabelbäume, Kraftstoffleitungen, Luft- und Druckluftsysteme sowie hydraulische Leitungen werden verlegt.
Rümpfe für den Airbus A350 rücken alle drei bis dreieinhalb Tage eine Station weiter
Vogel steht im unteren Bereich des Rumpfes, den die Passagiere später nie sehen werden – aber die dort eingebauten Einrichtungen während des Langstreckenfluges wohl sicher nutzen werden. Denn sie sind wichtig für die Waschräume. „Die Wasser- und Abwassertanks für die Kabinensysteme werden über ein Schienensystem an ihre Position gebracht und von zwei bis drei Mitarbeitern installiert“, sagt Vogel. In Flugrichtung rechts befindet sich der Frischwassertank, links der Tank für die Abwassersysteme.
Alle drei bis 3,5 Tage wird getaktet, das heißt, der Rumpfabschnitt „rutscht“ eine Station weiter. Das geschieht in Halle 261 an zwei Produktionsstraßen: an der einen wird das vordere Rumpfsegment ausgerüstet, an der anderen das hintere. Wie beim A320 auch stammen die einzelnen Großteile des A350 aus verschiedenen Standorten in Europa, Hamburg liefert zwei Abschnitte.
Aus Hamburg stammende vordere A350-Sektion wird in Frankreich verheiratet
Die Endmontage des Großraumjets erfolgt nicht in Hamburg, sondern in Toulouse. Die hintere Rumpfsektion wird direkt dorthin geflogen, für die vordere gibt es noch einen Zwischenstopp am Flughafen der westfranzösischen Stadt Saint-Nazaire. „Die vordere Rumpfsektion fliegt zunächst nach Montoir-de-Bretagne und wird dort mit der Cockpitsektion verheiratet“, so Vogel. Aus Frankreich kommt das große Mittelstück des Rumpfes.
Teile für die Flügel stammen aus Broughton, Stade und Bremen, die Türen aus dem Hubschrauberwerk in Donauwörth, das Höhenleitwerk aus Getafe und das Seitenleitwerk aus Stade.
A350-1000 ist das neue Airbus-Flaggschiff – und länger als der A380
In der A350-1000-Version bietet der Großraumjet Platz für maximal 480 Passagiere. In einer typischen Drei-Klassen-Kabine finden zwischen 350 und 410 Fluggäste Platz. Zum Vergleich: Der A380 war für bis zu 853 Passagiere zugelassen, viele Airlines fliegen ihn mit um die 500 Sitzplätze.
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Der A380 ist damit auch dank seiner zwei Etagen von der Kapazität her – auch im Vergleich mit Boeing – das mit Abstand größte Passagierflugzeug der Welt. Das längste Flugzeug ist er hingegen nicht. Denn der A350-1000 ist mit 73,80 Metern sogar rund einen Meter länger als der Vierstrahler, dessen letztes Exemplar Ende 2021 ausgeliefert wurde – und Airbus‘ neue Nummer eins. Boeings noch in der Testphase steckende 777-X ist allerdings rund drei Meter länger.