Hamburg. Verbraucherzentrale Hamburg untersucht Aldi, Edeka, Rewe & Co. Viele Angebote für Süßes, Snacks und Alkohol, wenige für Obst und Gemüse.

Wer in dieser Woche auf den Onlineprospekt von Rewe schaut, findet auf der Titelseite die Zweiliterflasche Cola für 1,29 Euro, den Kasten Beck’s Pils für 10,99 Euro und eine Flasche Nordlicht Wodka für 8,99 Euro. Es sind Angebote wie diese, die zu scharfer Kritik der Verbraucherzentrale Hamburg (vzhh) geführt haben.

Verbraucherinnen und Verbrauchern werde es unnötig schwer gemacht, sich ausgewogen und nachhaltig zu ernähren – zu diesem Ergebnis kommt die vzhh in einem aktuellen Marktcheck. Denn die Supermärkte und Discounter würden in ihren Verkaufsprospekten zu selten Lebensmittel bewerben, die laut Ernährungspyramide zu bevorzugen seien, und stattdessen Produkte mit Rabatt anbieten, die nur in Maßen verzehrt werden sollten.

Aldi, Edeka, Rewe & Co.: Scharfe Kritik an Werbung für Süßes und Ungesundes

Die Hamburger Verbraucherschützer haben von Mai bis August nach eigenen Angaben 3457 Abbildungen in Werbeblättern von Aldi Nord, Edeka, Kaufland, Lidl, Penny und Rewe untersucht. Ihr Ergebnis: Fast jedes zweite Produkt der beworbenen Lebensmittel sei nicht empfehlenswert.

Demnach würden 30 Prozent der Abbildungen auf die Lebensmittelgruppe der Genusswaren entfallen. Dazu zählen Süßes und Snacks, süße Getränke sowie Alkohol. Weitere 15 Prozent bewarben Fleisch- und Wurstprodukte – auch dies stößt auf Kritik, weil Ernährungsexperten zu einer überwiegend pflanzlichen Ernährung rieten.

Verbraucherzentrale: Händler bewerben häufiger Fleischwaren als Obst und Gemüse

Doch in den Prospekten der Händler dominiere die Werbung für Fleisch- und Wurstprodukte gegenüber Obst und Gemüse. Bei Lidl entfielen 18 Prozent der Abbildungen auf Fleisch und Wurst, aber nur sieben Prozent auf Obst und Gemüse.

„Für eine ausgewogene Ernährung müsste das Verhältnis eigentlich umgekehrt sein. Ganz abgesehen davon, dass viele tierische Lebensmittel auch eine Belastung für Klima und Umwelt sind“, sagte Verbraucherschützin Jana Fischer. Im Untersuchungszeitraum sei Rewe übrigens der einzige Händler gewesen, der mehr für Obst und Gemüse (18 Prozent) als für Fleisch- und Wurstprodukte (13 Prozent) geworben habe.

Verbraucherzentrale: Nur jede zehnte Werbung entfällt auf Obst und Gemüse

Über alle analysierten Händler hinweg seien auch Fertiggerichte und Convenience-Produkte mit 14 Prozent häufig inseriert gewesen – auch diese sollte man nicht in rauen Mengen verzehren. Allerdings ist die Bandbreite sehr groß, vom ungesunden fertigen Fleischeintopf aus der Dose bis hin zum eher gesunden Salat mit Dressing.

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Obst und Gemüse hätten dagegen nur zehn Prozent ausgemacht. Auch Brot, Getreide, Kartoffeln und andere Beilagen sind mit einem Anteil von fünf Prozent selten vertreten. „Mit der Werbung in ihren Verkaufsprospekten stellen die Händler die Ernährungspyramide buchstäblich auf den Kopf“, sagte Fischer. „Statt Obst, Gemüse und Wasser dominieren Süßes, Snacks und Alkohol.“

Bei Aldi und Lidl entfällt jedes fünfte Angebot auf Süßes und Snacks

Süßes und Snacks würden bei den beiden Discountern Aldi und Penny mit einem Anteil von 20 Prozent besonders häufig angeboten. Spitzenreiter bei alkoholischen Getränken sei Kaufland mit 14 Prozent. Dabei sollten diese Genusswaren, wenn überhaupt, in der täglichen Ernährung nur in kleinen Mengen vorkommen, Alkohol besser gar nicht, so Fischer.

Aldi Alkohol Prospekt
Der aktuelle Aldi-Katalog: Auf dieser Doppelseite dominieren süße Getränke sowie Alkohol. © Aldi Nord | ALDI Nord

Bei jedem der untersuchten Händler zählen Süßigkeiten und Snacks zu den drei am häufigsten reduzierten Lebensmittelgruppen. „Es ist höchste Zeit, dass der Handel seiner Verantwortung gerecht wird und Kundinnen und Kunden wirklich dabei unterstützt, sich gesund und nachhaltig zu ernähren“, sagte Fischer. „Derzeit setzen die Unternehmen völlig falsche Anreize.“

Wer sich nachhaltig und fair ernähren wolle, finde nur selten entsprechende Angebote in den Prospekten aller Händler. Das Bio-Siegel tauche nur bei acht Prozent der Lebensmittel auf, das Fair-Trade-Label bei nur einem Prozent. Fischer: „Die Unternehmen werben zwar oft mit schönen Worten und Bildern für ihr Nachhaltigkeitsengagement, in den Prospekten wird aber wenig davon geboten.“

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Folge 47: Warum uns hochverarbeitete Lebensmittel so extrem schaden

Dr. Matthias Riedl - So geht gesunde Ernährung