Hamburg. Zwei Schwestern aus Hamburg motivieren Unternehmen zu einer besonderen Aktion. Welche Idee hinter Oclean steckt.
Glasscherben, Plastikflaschen, Kronkorken und Zigarettenstummel – wer am Elbstrand, im Hamburger Stadtpark oder am Alsterufer spazieren geht, kommt an Müll und Unrat nicht vorbei. Überall in der Stadt, auf Grünflächen, im Rinnstein, in U-Bahnhöfen liegt Abfall, der eigentlich in den Mülleimer gehört.
Doch immer wieder tun Menschen etwas dagegen. Bei Aktionstage wie „Hamburg räumt auf“, öffentlichen Müllsammelaktionen – oder als Teambuilding-Maßnahme für Unternehmen. Manager beim Müllsammeln? Aufräumaktionen von Angestellten? Genau das ist das Konzept von Oclean. Dahinter stecken zwei Schwestern: Hannah und Marie Pippert.
Hamburger Firma Oclean: Wie zwei Schwestern dem Müll den Kampf ansagen
„Wir sind die Einzigen in Hamburg, die solche Müllsammelaktionen für Firmen anbieten“, sagt Hannah Pippert. Aufräumen in Hamburger Parks statt ein Abend auf der Kegelbahn? Dass das funktioniert und Anklang findet, zeigt die Liste der Kunden von Oclean: Hapag-Lloyd, Beiersdorf, Google, Apple, Globetrotter, Warner Music, Fritz-Kola, Henkel, Tchibo.
Die Idee: „Wir wollen mit modernen Formaten bei den Menschen ein Bewusstsein für das Thema Müll schaffen“, sagt die 33 Jahre alte Hamburgerin. Müllsammeln soll cool werden, Spaß machen.
Fünf Jahre gibt es Oclean jetzt, gegründet haben es Hannah und Marie Pippert mit ihrer Schwester Lena. Die lebt in München und unterstützt die Schwestern ehrenamtlich. Neben Hannah und Marie ist eine Werkstudentin bei Oclean angestellt. Große Gewinne erzielen die Schwestern nicht, ihre Firma hat die Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH.
Die Finanzierung läuft über die Bezahlung für die Dienstleistungen. Die Kunden buchen bei Oclean die Organisation einer Aufräumaktion. Wie teuer das ist, hängt vom Umfang und Programm ab. Außerdem erhält die Firma Fördermittel und Spenden. „Die sind für uns sehr wichtig“, sagt Hannah, die Marketingkommunikation studiert und wie ihre jüngere Schwester zuvor in einer Agentur gearbeitet hat. Förderung gibt es für die Bildungsprojekte, die die Schwestern mit Hamburger Schulen und beispielsweise dem HVV durchführen. „Wir wollen die Bildungsarbeit weiter ausbauen, mehr Events machen, mehr Menschen erreichen. Wir wollen ein Sprachrohr für Nachhaltigkeit sein.“
Müllsammeln als Wettbewerb: Aufräumen soll Spaß machen
„Auch auf Flächen, die auf den ersten Blick sauber aussehen, findet man kiloweise Müll“, sagt Marie. Wo aufgeräumt werde, hänge vom Kunden ab. „Wir versuchen immer, in der Umgebung der Firmen Müll zu sammeln.“ Für die öffentlichen Veranstaltungen halten die Schwestern im Alltag ihre Augen offen oder verlassen sich auf die Hinweise ihrer Community in den sozialen Netzwerken. Mehr als 6000 Follower hat Oclean auf Instagram.
Das Aufräumen solle Spaß machen, die Teilnehmer Erfolgserlebnisse haben. „Wir machen daraus einen Wettbewerb, teilen die Gruppen in zwei Teams ein. Das Team, das mehr Kilogramm Müll sammelt, gewinnt“, erklärt Hannah. Die Aufräumaktionen dauerten meist ein bis zwei Stunden, auch die Gründerinnen sind dabei. „Wir starten meistens mit einem kurzen Vortrag, dann geht‘s ans Müllsammeln. Am Ende gibt es noch ein kleines Quiz und eine Siegerehrung“, sagt Marie. Die Preise sind Taschenaschenbecher, nachhaltige Putzlappen oder Kaugummis und Kondome ohne Plastik.
Zu den Kunden von Oclean gehören Tchibo, Henkel, Hapag-Lloyd und Beiersdorf
Bei den Kunden kommt das Konzept an. „Es ist ein schönes Gefühl, etwas Gutes und Sinnvolles zu tun“, sagt Sabine Hoffmann, Senior Global Sustainability Manager der Henkel AG. Es sei erstaunlich, wie viel Müll zu finden sei. „Man wünscht sich, dass jeder einfach im Vorbeigehen nur drei, vier Teile aufhebt und in den Mülleimer wirft.“
„Die Aktionen wurden sehr gut angenommen, auch weil die Quizfragen und das abschließende Wiegen des gesammelten Mülls als spielerische Elemente integriert waren“, sagt auch Anna Schütt, Sustainability Managerin bei Tchibo. Das Unternehmen hatte im Zuge einer Nachhaltigkeitswoche eine Aufräumaktion mit etwa 50 Beschäftigten im Hamburger Stadtpark gebucht.
Hamburger Kunden sammelten 2024 etwa vier Tonnen Müll ein
Fast vier Tonnen Müll kamen bei den Sammelaktionen von Oclean 2023 zusammen, mehr als 1500 Menschen waren beteiligt. „Viele unserer Kunden buchen uns jedes Jahr wieder als Team-Event“, sagt Marie Pippert. Wie so ein „Clean-up“ abläuft, das sei individuell anpassbar. Wichtig sei, dass alle Spaß an der Aktion hätten. „Wir wollen informieren ohne erhobenen Zeigefinger, es soll sich nicht wie Strafarbeit anfühlen.“
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Der gesammelte Müll wird – bis auf Glas und Elektroschrott – an die Stadtreinigung übergeben. „Früher haben wir alles zum Recyclinghof gebracht. Aber der Abfall war oft schon gar nicht mehr recyclingfähig. Jetzt haben wir mit der Stadtreinigung einen tollen Partner“, sagt Hannah.
Hamburger Firma Oclean: Jeder kann mit Müllsammeln einen Beitrag leisten
Dass es das Unternehmen überhaupt gebe, sei ihrem Vater Thomas zu verdanken, sagt Marie. Der habe den Anstoß gegeben, gemeinsame Müllsammelaktionen initiiert. Die Schwestern waren lange ehrenamtlich engagiert, bevor sie sich mit Oclean professionalisierten. „Ich war einmal beim Müllsammeln an der Ostsee. Das war kurz nach Silvester, der Strand sah eigentlich recht sauber aus. Trotzdem haben wir mehr als 100 Kilogramm Müll gefunden. Das war ein Augenöffner und hat total meine Perspektive auf das Thema Müll verändert“, erzählt Hannah.
Wie gut die öffentlichen Clean-ups besucht werden, das hänge vor allem vom Wetter ab. „Die Wetter-App ist mein bester Freund“, sagt Marie. Grundsätzlich könne jeder mitmachen, eine Anmeldung sei nicht nötig. Das benötigte Zubehör – Eimer, Greifzangen, Handschuhe – werde von Oclean gestellt. „Wir wollen alles so niedrigschwellig halten wie möglich“, sagt Hannah.
Wer Lust bekommen hat: Das nächste öffentliche Clean-up findet am Dienstag, 15. Oktober, in Kooperation mit dem Schmidts Tivoli statt. Los geht es um 17 Uhr am Spielbudenplatz 27–28. Mehr Infos gibt es auf www.oclean.hamburg.