Hamburg. In Thüringen gibt es bis 100 Euro vom Staat, wenn Geräte repariert statt entsorgt werden. Nun wird das Modell auch in Hamburg diskutiert.

Reparieren ist schon lange out: Wenn ein Elektrogerät den Geist aufgibt, wird es heutzutage in der Regel entsorgt und ein neues gekauft. Reparaturen gelten als zu teuer, oft fehlen die Teile, oder die Geräte sind gar nicht darauf ausgelegt, dass ein Fachmann ein defektes Teil einfach tauschen kann. Durch die von den Herstellern mitgeförderte Wegwerfmentalität gehen zwar viele neue Geräte über die Tresen oder werden von Paketboten verteilt. Zugleich aber entstehen auch Unmengen an Abfall. In der EU landeten im Jahr 2020 rund 4,7 Millionen Tonnen Elektrogeräte im Müll, allein in Deutschland war es eine gute Million Tonne. Das schreibt die Hamburger Linksfraktion in einem aktuellen Bürgerschaftsantrag – und macht auch gleich einen Vorschlag, wie Hamburg an einer Lösung des Problems mitwirken könnte.

Dafür soll es nach Idee der Linken in der Hansestadt künftig einen „Reparaturbonus“ geben, nach dem Vorbild der Bundesländer Thüringen und Sachsen. „Thüringen hat als erstes Bundesland bereits positive Erfahrungen sammeln können“, heißt es im Linken-Antrag. „Hier ist 2021 erstmalig ein Reparaturbonus auf den Weg gebracht worden, der zum Ziel hatte, Entscheidungen zugunsten der Reparatur zu fördern. Wer ein Elektrogerät reparieren lässt, statt es zu entsorgen, bekommt die Hälfte der Kosten erstattet (maximal 100 Euro pro Person und Kalenderjahr). Anträge für den Reparaturbonus können digital gestellt werden. Förderfähig sind zahlreiche haushaltsübliche Elektrogeräte vom E-Herd bis zum Wäschetrockner.“ 

Reparieren statt wegwerfen: In Thüringen wurden zuletzt 14.000 Anträge auf den Bonus gestellt

Im Jahr 2023 stellten die Menschen in Thüringen laut Linken-Antrag mehr als 14.000 Anträge. „Rund 12.500 Mal wurde der Reparaturbonus gewährt. Im Schnitt hat die Reparatur eines Elektrogerätes 182 Euro gekostet, womit im Schnitt 76 Euro an Reparaturbonus gezahlt wurden“, so die Linke. „Insgesamt hat das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz 950.000 Euro ausgezahlt. Mobiltelefone zählten hierbei zu den häufigsten Reparaturen, aber auch für Kaffeemaschinen, Nähmaschinen oder Bohrmaschinen wurden Reparaturzuschüsse gewährt.“

Hamburg solle sich Thüringen zumindest in diesem Fall als Vorbild nehmen und ebenfalls einen solchen Reparaturbonus einführen. Dafür solle die Stadt zehn Millionen Euro zur Verfügung stellen, fordert die Linke in dem Antrag, der voraussichtlich im September in der Bürgerschaft debattiert und abgestimmt werden soll.

„Wenn das Wegwerfen günstiger ist als das Reparieren, liegt der Fehler im System“

„Wenn es erschwinglicher ist, ein Gerät einfach wegzuwerfen, statt es zu reparieren, liegt der Fehler im System“, sagte Linken-Umweltpolitiker Stephan Jersch dem Abendblatt. „Es werden unnötig Ressourcen verschwendet – und das zulasten von Umwelt und Klima. Wir müssen hier zügig umdenken.“

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Besonders Menschen mit geringen Einkommen profitierten von einem entsprechenden Reparaturbonus – dazu komme, dass er die lokale Wirtschaft stärke, so Jersch. „Thüringen und Sachsen haben vorgemacht, wie es geht, und Hamburg sollte hier schnellstmöglich nachziehen.“

EU-Richtlinie: Ab 2026 soll es in allen Staaten ein „Recht auf Reparatur“ geben

Auch die EU hatte das Thema schon länger auf der Agenda. Das Europäische Parlament verabschiedete nach jahrelangen Vorbereitungen im April 2024 eine Richtlinie über die Förderung des „Rechts auf Reparatur“. Ziel ist die „Förderung von nachhaltigerem Konsum, indem die Reparatur defekter Waren erleichtert, Abfall reduziert und der Reparatursektor unterstützt werden“. Künftig werde „einfacher und billiger sein, zu reparieren, anstatt neue, teure Produkte zu kaufen“, hieß es. Im Juli ist die europäische Richtlinie in Kraft getreten. Bis Ende Juni 2026 muss die Regelung nun in allen EU-Staaten in nationales Recht umgesetzt werden, also auch in Deutschland.

Eine Hauptbegründung für die Einführung eines Reparatursbonus liefert auch die Linke in ihrem aktuellen Hamburger Antrag. „Insbesondere Elektrogeräte enthalten wertvolle Ressourcen, wie z.B. seltene Erden“, heißt es darin. „Mit dem Wegwerfen von elektronischen Geräten gehen diese auch zum Teil verloren. Die Reparatur statt der Neukauf von elektronischen Geräten führt zu einem geringeren Verbrauch von beispielsweise Metallen, seltenen Erden, Wasser sowie Chemikalien und schont gleichzeitig Klima und Umwelt.“