Hamburg. Die Hamburger zögern beim Wechsel des Heizsystems. Das Abendblatt wagt den Vergleich. Dabei geht es um die Kosten und den CO2-Ausstoß.

Mit der Beratung eines Energielotsen der Verbraucherzentrale Hamburg in seinem Reihenhaus in Rahlstedt war Michael Busch* zwar zufrieden, mit dem Ergebnis aber weniger. Obwohl das Gebäude aus dem Jahr 1978 bereits eine Fußbodenheizung hat, wäre der finanzielle Aufwand für die Abschaffung der 26 Jahre alten Gasheizung für eine Wärmepumpe immens. „Ich habe zwar jetzt eine Entscheidungsgrundlage, weiß aber doch nicht, ob sich der enorme finanzielle Aufwand lohnt“, sagt der 58-Jährige.

Denn bereits der Energieberater hatte ihn auf hohe Kosten eingestimmt. Wegen einer neuen Elektroverteilung müsse er mit Kosten von rund 45.000 Euro für eine Wärmepumpe rechnen. Weitere Dämmmaßnahmen am Haus sind dabei noch nicht eingerechnet. Eine neue Gasheizung würde 13.000 Euro kosten.

Wärmepumpe statt Gasheizung – lohnt sich der Einbau für Hausbesitzer in Hamburg?

Getriggert hatte Busch ein Artikel im Abendblatt, in dem darüber berichtet wurde, dass Hamburg mit dem Einbau von Wärmepumpen nur langsam vorankommt. Denn in den ersten sieben Monaten dieses Jahres waren aus Hamburg gerade einmal 840 Anträge auf Bundesförderung für Wärmepumpen gestellt worden. Nach den Klima-Plänen des Senats sollen bis 2030 insgesamt 63.000 Wärmepumpen alte Gas- und Ölheizungen ersetzen. Knapp 6000 Wärmepumpen waren Ende Januar 2024 in Hamburg installiert.

„Ich möchte zwar die Energiewende mitmachen, aber nicht, wenn hinterher alle Rücklagen für das Alter verbraucht sind“, sagt Busch und sieht in dem Thema noch viel Sprengstoff: „Wenn erst alle Betroffenen merken, was da finanziell auf sie zukommt, wird sich das schnell zeigen.“ Die staatliche Förderung empfindet er als nicht ausreichend.

Über 70 Prozent aller neu eingebauten Heizungen nutzen noch fossile Brennstoffe

Erst einmal macht Busch jetzt das, was viele tun: abwarten. „Die regelmäßig gewartete Gasheizung zeigt keine Anzeichen, dass sie plötzlich defekt sein könnte“, sagt er. Denn Busch ist kein Einzelfall, wie die jüngsten Absatzzahlen von Heizungen zeigen. Mit Ausnahme der Ölheizung weisen alle Heizsysteme im ersten Halbjahr 2024 einen Rückgang auf.

Von den insgesamt 378.000 neu verbauten Anlagen entfallen 73,5 Prozent auf fossile Wärmeerzeuger. Nur 90.000 Wärmepumpen wurden eingebaut, gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein Rückgang von 54 Prozent. „In einer unübersichtlichen Gemengelage werden die Menschen die Heizungsmodernisierung eher aufschieben“, sagt Markus Staudt, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie. Von rund 21,5 Millionen Heizungen in Deutschland gilt die Hälfte als technisch veraltet. Der Verband rechnet für das Gesamtjahr mit maximal 200.000 installierten Wärmepumpen in Deutschland. Die Pläne der Bundesregierung sehen 500.000 Geräte vor.

Nach der Förderung verbleiben noch 28.500 Euro

Tatsächlich sind die Kosten für den Einbau von Wärmepumpen noch hoch. Andreas Koop vom Fachbetrieb Heinz Koop nennt eine Preisspanne zwischen 25.000 Euro und 40.000 Euro für Einfamilienhäuser. Doch es gibt eine staatliche Förderung. Nach Aussagen der KfW soll über die Anträge auch schnell entschieden werden.

Busch könnte mit einer maximalen Förderung von 55 Prozent rechnen. Die beziehen sich aber nur auf eine Summe von 30.000 Euro, die maximale Bemessungsgrundlage. Das sind 16.500 Euro. Busch müsste also noch 28.500 Euro selbst investieren, etwa doppelt so viel wie für eine Gasheizung. Außerdem hat ihm der Energielotse noch empfohlen, das Dach zu dämmen und die Kellerfenster auszutauschen.

„Eine Gasheizung einbauen möchte ich eigentlich nicht wieder“

Würde die alte Heizung jetzt so kaputtgehen, dass sie nicht repariert werden kann, würde er aus der Not heraus wieder eine Gasheizung einbauen. „Aber eigentlich möchte ich das nicht“, sagt er. Denn er kennt auch die Risiken, die damit verbunden sind. Steigende Kosten des Brennstoffs durch CO2-Abgabe und 15 Prozent Biomethan, das in Hamburg dem Erdgas beigemischt werden muss. Das gilt für Gasheizungen, die seit 2021 in der Hansestadt installiert wurden.

Ab dem Jahr 2035 müsste dieser Anteil auf 30 Prozent und ab 2040 auf 60 Prozent erhöht werden. So sieht es das Heizungsgesetz vor. Solche Gastarife gibt es noch gar nicht, also können auch die künftigen Kosten nicht abgeschätzt werden. Nicht klar ist allerdings auch, wie sich der Strompreis in Deutschland entwickelt. Aber Strom für die Wärmepumpe wird etwas günstiger angeboten als der übliche Haushaltsstrom.

Reihenhaus hat schon eine Fußbodenheizung - gute Voraussetzung für Wärmepumpe

Grundsätzlich sollte auch das Reihenhaus von Busch für eine Wärmepumpe geeignet sein, zumal eine Fußbodenheizung eine gute Voraussetzung ist. „Wir gehen davon aus, dass bis zu 70 Prozent des Gebäudebestandes ohne aufwendige Sanierung mit Wärmepumpen beheizt werden können“, sagt Rainer Lang, Leiter der Vorentwicklung Wärmepumpen bei Vaillant. „Es ist ja nicht so, dass bei älteren Gebäuden noch alle Bauteile aus dem Baujahr stammen.“

Aus der Sicht Wärmepumpenherstellers ist eine solche Einschätzung nachvollziehbar, aber auch Praktiker kommen zu einem ähnlichen Urteil. Viele Energieberater gehen davon aus, dass Gebäude, die schon unter die Wärmeschutzverordnung fallen, für Wärmepumpen grundsätzlich geeignet sind. Das wären Häuser, die nach 1977 errichtet wurden.

Stiftung Warentest vergibt gute Noten für Wärmepumpen

„Wir haben Wärmepumpen in vielen Bestandsbauten schon installiert und erreichen dort Jahresarbeitszahlen (JAZ) zwischen vier und fünf“, sagt Alexander Brunner, Geschäftsführer von August Kahl Heizungs- und Sanitärtechnik. Die JAZ sagt, wie viele Einheiten Wärme aus einer kWh Strom erzeugt werden können. Auch die Stiftung Warentest kam nach einem Test von Luft-Wasser-Wärmepumpen zu dem Ergebnis, dass sie ein Einfamilienhaus aus dem Bestand beheizen können – mit Einschränkungen auch ein schlecht gedämmtes Haus.

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Der Hamburger Busch hat den Energieverbrauch in seinem Haus von mehr als 20.000 Kilowattstunden (kWh) auf 14.000 kWh reduziert, vorwiegend durch niedrigere Temperaturen. Bei einer Wärmepumpe mit JAZ von 3,5 würde er noch 4000 kWh Strom benötigen.

Mit der Wärmepumpe fällt die Energierechnung im Jahr um 260 Euro niedriger aus

Bei einem günstigen Anbieter würde sich die Energierechnung dafür auf rund 1100 Euro belaufen. Ein günstiger Gastarif kostet aktuell rund 1360 Euro im Jahr. Die Einsparung beträgt in dieser vereinfachten Rechnung 260 Euro im Jahr. Gemessen an der Investitionssumme ist das nicht viel. Aber mit einem steigenden Gaspreis würde der Vorteil größer – wenn zugleich der Strompreis konstant bliebe. 

Doch es gibt auch eine Rechnung für die Umwelt. Bei einem Verbrauch von 14.000 kWh Erdgas verursacht Busch 2,8 Tonnen CO2-Emissionen während der Heizperiode. Mit einer Wärmepumpe könnte er diesen Wert mehr als halbieren, obwohl die CO2-Bilanz deutschen Stroms im Winter alles andere als gut ist. Der Mittelwert für die Heizungsmonate Oktober 2023 bis April 2024 liegt laut Electricitymaps bei 383 Gramm CO2 je kWh. Bei einem Verbrauch von 4000 kWh für die Wärmepumpe entspricht das 1,5 Tonnen CO2.

Besitzer von Einzel- oder Reihenhäusern haben kaum eine Alternative zur Wärmepumpe

Busch hofft, dass seine Gasheizung noch etwas durchhält, und er will Fachbetriebe mit konkreten Kostenvoranschlägen beauftragen. Vielleicht wird es ja doch noch etwas günstiger, hofft er. Nach Eingang der Angebote will er dann noch einmal eine Entscheidung treffen.

Früher oder später wird Busch kaum an der Wärmepumpe vorbeikommen. Denn Besitzer von Einzel- oder Reihenhäusern können in Hamburg auch kaum auf Fernwärme hoffen. Jetzt 58 Jahre alt, wäre er im Jahr 2045, dem Zieljahr für die Klimaneutralität, noch nicht einmal 80 Jahre. Spätestens dann soll auch kein Erdgas mehr durch das Hamburger Netz strömen.

*Name der Redaktion bekannt, aber geändert