Hamburg. Die Energieeffizienz wird beim Immobilienkauf immer wichtiger. Wie groß die Preisunterschiede in der Hansestadt und dem Umland ausfallen.

Der Kauf von Immobilien zieht wieder an, und der seit Sommer 2022 andauernde Preisrückgang hat sich abgeschwächt. Einige Experten sehen sogar schon wieder leicht steigende Immobilienpreise. Gleichzeitig zeigt sich jetzt, wie stark sich der Markt in Hamburg und dem Umland bei den Preisen ausdifferenziert hat. Vor allem in Hamburg sind die Unterschiede von Immobilien mit guter und mit schlechter Energieeffizienz enorm.

Diese Entwicklung hatten Experten immer vorausgesagt, und sie zeigt sich in Hamburg in besonders krassen Preisunterschieden, wie eine Studie des Maklers von Poll Immobilien belegt. Das Unternehmen hat die Preisunterschiede der Immobilien in den beiden besten Energieeffizienzklassen A und B und in den vier schlechtesten Klassen E bis H analysiert. Dabei wurden Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen zusammengefasst.

Über 2500 Euro pro Quadratmeter mehr für gut gedämmte Immobilie

In Hamburg kostet eine Wohnimmobilie mit einer Energieklasse zwischen A und B derzeit durchschnittlich 7651 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Mit Energiewerten zwischen E und H zahlen Käufer im Schnitt 5127 Euro oder 2524 Euro weniger. Damit sind die schlecht gedämmten Immobilien 33 Prozent günstiger als energieeffiziente Bauten. Bei einem 120 Quadratmeter großen Haus beträgt die Differenz rund 300.000 Euro.

Nur im Landkreis Stade fällt der Preisabschlag mit 34,3 Prozent noch etwas höher aus. Für die gut gedämmten Immobilien müssen dort im Schnitt 3599 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche bezahlt werden, für die Energieschleudern nur 2366 Euro, was einem Preisunterschied von 1233 Euro pro Quadratmeter entspricht.

Fast jedes zweite Einfamilienhaus in Hamburg ist ein Sanierungsfall

„Nach einer Phase, in der es kaum Bewegung am Markt für sanierungsbedürftige Immobilien gab, zieht die Nachfrage derzeit wieder an – zum einen wegen der gesunkenen Immobilienpreise, zum anderen wegen der etwas gelockerten Auflagen und Pflichtvorgaben der Bundesregierung“, sagt Sandy Dallmann, Geschäftsführerin bei von Poll Immobilien in Buxtehude und Stade.

In Hamburg gibt es vieler dieser Immobilien mit schlechter Energieeffizienz, wie eine ähnliche Untersuchung des Immobilienportals Immowelt gezeigt hat. Gemessen an der Energieeffizienzklasse ist fast jedes zweite Einfamilienhaus in Hamburg ein Sanierungsfall. Es fällt in die drei schlechtesten Energieeffizienzklassen F, G und H. Der genaue Anteil liegt bei 49,2 Prozent.

Schlecht gedämmte Immobilien sind bis zu 28 Prozent günstiger

Wesentlich besser schneiden in Hamburg Eigentumswohnungen bei der Energieeffizienz ab. Hier liegt der Anteil der Wohnungen mit den drei schlechtesten Energieeffizienzklassen F, G und H bei 19,1 Prozent. Unabhängig von der Bausubstanz verbessern innenliegende Wohnungen ohne Außenwände die Energieeffizienz des Gebäudes. Außerdem wurden im Geschosswohnungsbau in den vergangenen Jahren in der Hansestadt viele neue Wohnungen errichtet.

Abgesehen vom Landkreis Stade liegen die Preisabschläge im Umland von Hamburg für schlecht gedämmte Häuser und Eigentumswohnungen zwischen 28,3 Prozent im Kreis Pinneberg und rund 23 Prozent in den Kreisen Segeberg und Stormarn. Im Kreis Pinneberg müssen für eine gut gedämmte Immobilie 1319 Euro mehr pro Quadratmeter mehr bezahlt werden, nämlich 4657 Euro. Das ist nach Hamburg der zweithöchste Wert.

Die Angebotspreise können noch verhandelt werden

Bei allen genannten Preisen handelt es sich um Angebotspreise, also die Kaufpreisforderungen der Verkäufer. Angesichts der Lage am Immobilienmarkt besteht in den meisten Fällen sicher noch Verhandlungsspielraum. Der ist umso größer, je schlechter die Energieeffizienzklasse der Immobilie ist.

Knapp 4500 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche kostet eine relativ neue Immobilie im Kreis Stormarn. Für eine schlecht gedämmte Immobilie müssen die Käufer im Schnitt nur 3438 Euro pro Quadratmeter bezahlen. Im Kreis Herzogtum-Lauenburg gibt es die Immobilie mit Energieklasse A oder B im Schnitt für 3907 Euro je Quadratmeter Wohnfläche, während schlecht gedämmte Bauten für 2826 Euro zu haben sind.

Die geringsten Preisunterschiede gibt es in den Kreisen Harburg und Segeberg

In den Kreisen Harburg und Segeberg liegt der Preisunterschied bei knapp 1000 Euro und fällt in absoluten Zahlen am niedrigsten aus. So gibt es im Landkreis Harburg Immobilien mit den Energieklassen E bis H im Schnitt für 2959 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Im Kreis Segeberg liegt der Wert bei 3018 Euro.

Angesichts der gestiegenen Zinsen für Immobilienkredite sind die niedrigeren Kaufpreise für Käufer wieder interessant, auch weil die hohen Kaufpreise der gut gedämmten Immobilien von vielen gar nicht finanziert werden können. „Bei sanierungsbedürftigen Immobilien sind die Kaufpreisabschläge höher, was wieder zu einer etwas besseren Nachfrage führt“, sagt Matthias Preuß, Geschäftsstellenleiter bei von Poll Immobilien in der Region Alster-Ost.

Je größer die Preisunterschiede, desto lohnender kann ein Kauf sein

Allerdings werden bei diesen preiswerteren Immobilien weitere Investitionen fällig, die aber eventuell zeitlich gestreckt werden können. Das lohnt eher in Regionen, wo der Preisunterschied zwischen gedämmten und ungedämmten Immobilien hoch ist wie in Hamburg.

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Liegt der Preisunterschied bei knapp 1000 Euro, wie in den Kreisen Harburg und Segeberg, gibt es kaum einen Vorteil, denn 800 bis 1000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche sind eher die untere Grenze, die bei einer energetischen Sanierung aufgewendet werden müssen. Dann kann auch gleich eine Immobilie jüngeren Baujahrs erworben werden.

1000 Euro pro Quadratmeter bringen Immobilie auf modernen energetischen Standard

Ein Beispiel für mögliche Kosten: Einfamilienhaus, Baujahr 1985, mit 140 Quadratmeter Wohnfläche, das aktuell die Energieeffizienzklasse E hat, lässt sich mit rund 140.000 Euro, also 1000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche, auf einen modernen energetischen Standard mit Effizienzklasse B bringen. Dazu werden als energetische Maßnahmen eine Luft-Wärmepumpe eingebaut, das Dach neu gedämmt und eine Fassadendämmung angebracht.

In der Investitionssumme von rund 140.000 Euro, die mithilfe des Sanierungsrechners der Baugeldvermittlers Interhyp berechnet wurde, sind bereits staatliche Zuschüsse wie für Wärmepumpe oder Dämmung berücksichtigt. Für das Geld bekommt das Haus noch einen neuen Außenanstrich, und die Bäder werden erneuert. „Den meisten Kunden sind die vielfältigen Varianten der Förderung kaum bekannt“, sagt Makler Preuß.

53 Prozent der Käufer schrecken vor einer unsanierten Immobilie zurück

Doch nicht nur die Förderung aus verschiedenen Töpfen von KfW über BAFA bis zur IFB Hamburg sind bürokratisch und langwierig, meist drohen bei Sanierungen auch noch unvorhergesehene Probleme mit der alten Bausubstanz. Nach einer neuesten Umfrage von Interhyp sagen 53 Prozent der Kaufinteressenten, dass für sie der Kauf einer unsanierten Bestandsimmobilie überhaupt nicht infrage kommt. Zu unkalkulierbar, zu viel Aufwand, lautet die Begründung.

Das ist zwar nachvollziehbar, doch damit vergeben sich viele auch die Chance auf den Einzug in die eigenen vier Wände. „Dabei können Immobilien mit einer niedrigen Energieeffizienzklasse eine attraktive Einstiegschance in den Markt bieten“, sagt Jörg Utecht, Vorstandsvorsitzender der Interhyp-Gruppe. Denn gerade in diesem Segment ist das Angebot groß.

Um es optimal zu nutzen, hat Utecht diesen Ratschlag: „Um selbstbewusst in Verkaufsverhandlungen gehen zu können, muss ich meine Finanzen geklärt haben und mich mit einem Sachverständigen für Sanierung beraten haben, um zu wissen, was genau gemacht werden muss und wie viel das kostet.“