Hamburg. Er formte einen globalen Logistikkonzern. Seine Verbundenheit zu Hamburg ist groß. Nun wird der 87-Jährige für sein Lebenswerk geehrt.
Für sein Lebenswerk bekommt Klaus-Michael Kühne (87) den Gründerpreis. Der gebürtige Hamburger hat in 66 Jahren aus dem deutschen Mittelständler Kühne + Nagel einen internationalen Logistikkonzern mit Sitz in der Schweiz geschaffen. Seiner Geburtsstadt bleibt der Schulkamerad von Wolf Biermann eng verbunden – durch finanzielles Engagement, aber auch mit kritischer Betrachtung.
In den vergangenen Jahren hat er sich Hamburg in mehreren Etappen angenähert. So investierte Klaus-Michael Kühne als einer der Ersten in der HafenCity und baute dort nicht nur eine Unternehmenszentrale, sondern auch „seine“ Hochschule. Gemeinsam mit der Stadt und der Technischen Universität Hamburg-Harburg gründete er 2003 die Hamburg School of Logistics, die 2007 in Kühne School of Logistics and Management umbenannt wurde und aus der schließlich die Kühne Logistics University (KLU) hervorging. Klaus-Michael Kühne war es auch, der seinem Freund, dem früheren Finanzsenator Wolfgang Peiner, 2008 half, ein Konsortium zur Rettung der Reederei Hapag-Lloyd zu schmieden.
Mit dem Einstieg bei Hapag-Lloyd wuchs seine Verbindung zu Hamburg
Über das Konsortium Albert Ballin wurde er 2008 Gesellschafter der Reederei Hapag-Lloyd und stockte seinen Anteil schließlich auf 30 Prozent auf. Die gute Tat wurde zu einem noch besseren Geschäft. Allein dieser Anteil ist inzwischen rund sieben Milliarden Euro wert. Mit dem Bau des Luxushotels The Fontenay hat er der Stadt und sich eine erste Adresse in Hamburg beschert. Mehrfach hatte Kühne zuletzt signalisiert, dass er Hamburg ein neues Opernhaus in der HafenCity stiften möchte. Wie und ob es dazu kommt, ist derzeit Teil der Verhandlungen zwischen ihm sowie seiner Stiftung und der Stadt. Klaus-Michael Kühne und seine Gattin sind große Kulturliebhaber – so fördert er auch die Elbphilharmonie und war lange Sponsor des Literaturfestivals
Hamburger Abendblatt: Gratulation zum Gründerpreis. Sie werden für Ihr Lebenswerk ausgezeichnet – was macht Sie rückblickend besonders stolz?
Klaus-Michael Kühne: Es macht mich zufrieden, dass ich das Unternehmen Kühne + Nagel so weit voranbringen konnte, dass es nun zur Weltspitze gehör und eine fast perfekte Logistikorganisation ist. Der Weg dorthin war wahrlich kein Zuckerschlecken. Wir mussten viele Rückschläge hinnehmen. Die Globalisierung hat uns dann sehr genutzt, weil wir sehr früh die Grundlagen für eine weltweite Organisation gelegt haben.
Kühne: „Ich war noch sehr jung und unerfahren, als ich mit 21 Jahren ins Unternehmen eintrat.“
War Ihnen immer klar, dass Sie in das väterliche Unternehmen einsteigen werden?
Mein Vater ist immer fest davon ausgegangen, dass ich das Unternehme leite. Er hat mich schon sehr früh herangeführt und gut ausbilden lassen. So bekam ich die nötigen Voraussetzungen. Anfänglich war ich noch skeptisch, weil mir der Durchblick fehlte. Nach der Lehre beim Bankhaus Münchmeyer und verschiedenen Auslandsstationen hatte ich die Komplexität und den Reiz des Ganzen erkannt. Ich war noch sehr jung und unerfahren, als ich mit 21 Jahren ins Unternehmen eintrat.
Hatten Sie als Kind nie einen anderen Berufswunsch?
Eigentlich nicht – schon als ich klein war, spielte das Geschäft zu Hause immer eine große Rolle. Ich hätte später gerne studiert. Es gab aber keine Alternative. Mein Vater war 42 Jahre älter und hatte damals gesundheitliche Probleme. Die Firma stand immer im Mittelpunkt. Da war mein Weg vorgezeichnet.
Kühne fühlt sich in der Schweiz wohl, kommt aber regelmäßig nach Hamburg
Sie sind Hamburger, haben hier Ihre Karriere begonnen, nun bekommen Sie den Gründerpreis für Ihr Lebenswerk. Ist das ein bisschen wie Nach-Hause-Kommen?
Ich bin mit der Stadt vielfältig verbunden mit meinen Engagements bei Hapag-Lloyd, dem The Fontenay, der Elbphilharmonie und der Staatsoper. Vor allem die vor 14 Jahren gegründete Kühne Logistics University profitiert Jahr für Jahr von maßgeblichen Zuwendungen meiner Kühne-Stiftung. Andererseits habe ich mich schon vor Jahrzehnten entschlossen, in der Schweiz zu leben, und fühle mich dort wohl. Meine Frau und ich versuchen aber, einmal im Monat nach Hamburg zu kommen. Das ist mir wichtig.
Der Unternehmer erlebte auch sehr kritische Jahre
Wer 60 Jahre ein Unternehmen führt, macht Fehler. Welcher ärgert Sie besonders?
In den 70er-Jahren haben wir im Reedereigeschäft spekuliert und uns übernommen. Statt in unserem angestammten Geschäft zu bleiben, haben wir diesen Ausflug gewagt und teuer dafür bezahlt. Wir gründeten eine Reederei, die anfänglich gut lief. Davon ließen wir uns blenden und als die Ölkrise kam, saßen wir auf hohen Verlusten. Ich musste dann die Schiffe abstoßen und die Hälfte der Firma Kühne + Nagel an die Lonrho-Gruppe verkaufen. Glücklicherweise war das ein Partner, der mir die Freiheit ließ und nach elf Jahren wieder ausstieg. Da habe ich die Anteile zurückgekauft. Das waren kritische Jahre; danach hatte ich noch weitere Partner. Ich bin wohl ein harter und zäher Verhandler, der sich am Ende durchgesetzt hat. Glück war auch dabei.
Später haben Sie ausgerechnet mit einer Reederei das beste Geschäft Ihres Lebens gemacht. Ihr Anteil an Hapag-Lloyd ist allein rund acht Milliarden Euro wert.
Kühne (lacht): Das kann man sagen. Ich bin 2008 gefragt worden, als die TUI Hapag-Lloyd verkaufen wollte und eine Hamburger Lösung angestrebt wurde. Ich wollte eigentlich nur helfen, die Reederei für die Stadt und Deutschland zu retten. Die Verhandlungen waren schwierig, Hapag-Lloyd war damals in einer bedenklichen Verfassung, hinzu kam die Finanzkrise. Mit der Stadt Hamburg haben wir schließlich eine Einigung erzielt. Doch die ersten Jahre waren alles andere als einfach. Erst in den vergangenen Jahren hat sich das Geschäft komplett gedreht, und wir konnten gutes Geld verdienen. Das kommt einem Wunder gleich. Die Preisentwicklung in der Schifffahrt ist mir fast unheimlich, man kann sie nicht voraussehen. Auch wenn die Boomjahre nun vorbei sind, ist Hapag-Lloyd nun gut aufgestellt.
Klaus-Michael Kühne macht sich Sorgen um Deutschland
Die Boomjahre sind vorbei – das gilt auch für die Bundesrepublik. Wie nehmen Sie die Krise in Deutschland wahr?
Ich mache mir Sorgen, wohin Deutschland mit seiner schwachen Führung und seinen strukturellen Problemen steuert. Ich verstehe auch nicht ganz, wie eine so starke Volkswirtschaft mit so tüchtigen Unternehmen so abrutschen kann. Deutschland ist sehr abhängig von der Weltpolitik – und die wird nicht einfacher. Es müssen nun dringend Veränderungen kommen. Aber ich hoffe auf die Selbstheilungskräfte der Wirtschaft.
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Gilt das auch für Hamburg?
Hamburg ist in keiner guten Verfassung: Es krankt an vielen Stellen, die Stadt kommt nicht recht voran – ob das der Hafen und die Wirtschaft sind, die Forschung und Wissenschaft oder der Sport. Ich vermisse klare Ziele für die Zukunft der Stadt – und eine Führung, die diese Ziele tatkräftig umsetzt.