Hamburg. Behörde von Finanzsenator Andreas Dressel besitzt etliche Grundstücke und Häuser. Beim unvollendeten Elbtower winkt der Sozialdemokrat ab.

Es sind die glücklichen Momente im Leben eines Politikers, wenn man das Schöne mit dem Notwendigen, das Gute mit dem Nützlichen verbinden kann. Für Andreas Dressel sind das Tage auf seiner Lieblingsinsel Neuwerk. Seit seinem ersten Besuch auf Hamburgs Außenposten im Elbwatt begeistert ihn dieses Eiland. Und als Finanzsenator kann er nun zum Gelingen auf Neuwerk beitragen.

Dressel empfängt zum Podcast „Was wird aus Hamburg“ im Leuchtturm auf Neuwerk, dem ältesten Profangebäude der Stadt, der bald im alten Glanz erstrahlen soll. 22 Millionen Euro fließen in die Sanierung des Turms aus dem Jahr 1310, Geld, das das Wahrzeichen fit für die Zukunft und die Insel zum attraktiven Tourismusziel machen soll.

Immobilien Hamburg: Wie die Stadt die Preise dämpfen will

Der Finanzsenator ist qua Amt Großgrundbesitzer und Immobilienmogul, seine Behörde einer der wichtigsten Player bei der Entwicklung der Stadt. „Es ist gut, dass Hamburg solche Möglichkeiten hat. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass das freie Spiel der Kräfte am Immobilienmarkt es allein nicht richten kann“, sagt der Sozialdemokrat.

Angesichts der Preisentwicklung der vergangenen Jahre sei es klug, dass die Stadt ihr Immobilienportfolio aktiv managt und erweitert. „Das kann die Preise dämpfen, und zugleich können wir das historische Erbe der Stadt bewahren“, sagt der Volksdorfer.

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Warum die Stadt den Elbtower nicht retten will

Was wird aus Hamburg? Der Stadtentwicklungs-Podcast

Ähnlich wichtig sei die Bodenpolitik, weshalb die Stadt immer wieder Grundstücke erwirbt: „Mindestens die Hälfte der Fläche sollte der Stadt gehören: Dadurch bekommen wir mehr Steuerungsmöglichkeiten und können gegen Spekulation vorgehen. So machen wir Wohnraum und Infrastruktur langfristig bezahlbar.“ 

Warum Andreas Dressel Milliarden für den Schulbau lockermacht

Das Argument, Hamburg solle besser in Köpfe als in Steine investieren, lässt der Vater von drei Kindern nicht gelten: „Manchmal muss man in Steine investieren, um Investitionen in Köpfe erst möglich zu machen.“ Dressel verweist auf den Schulbau, der in Deutschland Modell geworden sei. „Bis Ende der 20er-Jahre investieren wir hier rund zehn Milliarden Euro. Der Raum ist der dritte Pädagoge, der sich positiv auf die Bildungserfolge auswirkt“, sagt der 49-Jährige. Er selbst ging in einem Fritz-Schumacher-Bau zur Schule. „Da habe ich mich auch wegen der Räume immer wohlgefühlt.“ 

Insgesamt bewertet Dressel die Schulpolitik in Hamburg als beeindruckenden Erfolg: Dressel lobt den langjährigen Schulsenator Ties Rabe. „Früher lagen wir in allen Rankings am Ende und haben uns heute ins Mittelfeld oder sogar nach vorne geschoben.“ Der Schulfrieden habe gewirkt und die Konstanz beim Schulbau zu Erfolg beigetragen. „Gute Schulen sind ein wichtiger Standortfaktor, wenn sich Familien überlegen, wo sie sich niederlassen oder wo sie eine Firma gründen.“

Dressel: „Anfang der 30er-Jahre werden wir die besten Schulgebäude Deutschlands haben“

Nun soll eine Offensive im Hochschulbau folgen. Mit Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) hat Dressel eine Bestandsaufnahme gemacht. „Wir werden das Erfolgsmodell auf den Hochschulbau ausdehnen und sechs Milliarden plus x investieren.“ Der langjährige SPD-Fraktionschef in der Bürgerschaft legt sich fest: „Anfang der 30er-Jahre werden wir die besten Schulgebäude und Sportanlagen Deutschlands haben, Anfang der 40er-Jahre die besten Hochschulgebäude.“ 

Der Landesbetrieb Immobilienmanagement investiert zudem in Immobilien, die für die Stadt wichtig sind, zuletzt in das Harburger Karstadt-Gebäude. „Wir wechseln nicht ins Handelsgeschäft, hier geht es um Stadtentwicklung.“ Mit dem Bezirksamt Harburg erarbeitet der LIG ein Zukunftskonzept, das auf einem vernünftigen Wirtschaftskonzept fußen muss. „Das wird kein Wünsch-dir-was, das kann ich dem Steuerzahler nicht zuzumuten.“

Umzug des Bahnhofs Altona: Leise Zweifel am Zeitplan

Der Finanzsenator macht deutlich, dass sich Ankäufe rechnen müssen: „Wir prüfen immer Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit. Am Ende muss es unser Ziel sein, dass ordentliche Mieten bezahlt werden, welche die Betriebskosten wieder einspielen.“ Das gilt auch für das Bahnhofsgebäude in Altona, das die Stadt erworben hat. „Wenn der Umzug zum Diebsteich Ende der 20er-Jahre ansteht, kann man das Gebäude überplanen und eine Grünachse vom Altonaer Balkon bis zur Neuen Mitte Altona gestalten.“

Auch Wohnen und Gewerbe sieht der Finanzsenator im neuen Herzen des Stadtteils. Interessant: Eigentlich ist der Umzug für 2027 terminiert, aber Dressel sagt: „Bei der Pünktlichkeit der Bahn sollten wir diese Zeitpläne mit Vorsicht genießen.“ 

Der SPD-Politiker stellt klar, dass die Stadt nicht überall als Retter auftreten kann und will. „Wir haben die Insolvenzmasse eines österreichischen Investors“, sagt er mit Bezug auf die Pleite von René Benko und dessen Großbaustellen in der Stadt wie dem Gänsemarkt, dem früheren HSH-Nordbank-Gebäude oder den Flüggerhöfen. „Da muss man gucken, was Sinn ergibt. Ausschließen kann man nichts. Aber wir sind nicht auf großer Shoppingtour.“ 

Elbtower: Dressel ist zuversichtlich – aber die Investoren sind gefordert

Der bekannteste Benko-Bau der Stadt ist der unvollendete Wolkenkratzer an den Elbbrücken: „Ich gehe fest davon aus, dass der Elbtower fertig gebaut wird.“ Der Insolvenzverwalter mache einen guten Job. „Man darf jetzt nicht zu früh die Nerven verlieren, das wird sich in den nächsten Monaten in die richtige Richtung bewegen.“

Seit bald zehn Monaten ruhen die Arbeiten am Elbtower an den Elbbrücken. Andreas Dressel weist nun Forderungen zurück, wonach die Stadt als Mieter einspringen soll.
Seit bald zehn Monaten ruhen die Arbeiten am Elbtower an den Elbbrücken. Andreas Dressel weist nun Forderungen zurück, wonach die Stadt als Mieter einspringen soll. © Michael Rauhe | Michael Rauhe

Ob die Stadt eventuell als Mieter einspringt, wie Investoren fordern? Dressel schließt das für unmittelbare städtische Nutzungen wie Behörden aus und ergänzt: „Die Stadt ist nicht am Zug, wir handeln im Interesse des Steuerzahlers.“ Es gehe um ein privates Investorenprojekt, die Stadt sei über die HafenCity mit allen Beteiligten im Gespräch und helfe, den Prozess in eine gute Richtung zu führen. „Der Spielball liegt im Feld der Investoren. Da muss man jetzt ein bisschen Geduld haben.“ Die Politik solle sich da zurückhalten: „Wenn wir sagen, die Stadt springt als Retter ein, würden sich alle auf uns stürzen.“

Das Paloma-Quartier steht weiter in den Sternen

Das Paloma-Quartier auf dem Kiez ist eine weitere Problembaustelle. Gefragt, welches der beiden Projekte eher fertig wird, zögert Dressel kurz und legt sich dann fest: der Elbtower. 

Denn am Spielbudenplatz geht derzeit nichts voran. 2018 hatten die Stadt und die Bayerische Hausbau einen Vertrag zum Bau des Viertels unterzeichnet – ein ambitioniertes Projekt für St. Pauli mit Kletter-, Skater- und Kunstspieldach, Subkultur und billigem Wohnraum. Als sich keine Baugemeinschaft fand, sprang 2020 die Stadt für ein Baufeld ein.

Bis heute ist kein Stein bewegt worden. Dressel sieht Handlungsbedarf: „Wir müssen mit allen Beteiligten sondieren, welche anderen Möglichkeiten es gibt. Keiner will noch Jahre auf eine Baulücke blicken.“ 

Dressel wünscht sich einen Stresstest für alle großen Immobilienprojekte

Nach vielen gescheiterten Immobilienträumen fordert der Finanzsenator, die wirtschaftliche Tragfähigkeit in Zukunft genauer zu prüfen. „Wir benötigen bei großen Immobilienprojekten einen Stresstest, in dem man simuliert, was passiert, wenn Baupreise oder Zinsen steigen. Wir müssen prüfen, ob große Projekte nur bei gutem Wetter funktionieren oder auch einen Sturm durchstehen.“

Unzufrieden ist Dressel mit den Wohnungsbauzahlen, erwartet aber bald Besserung. „Wir entschlacken die Bauvorschriften: Im Herbst wird der Senat mehrere Deregulierungsvorhaben auf den Weg bringen.“ Große Hoffnungen setzt er auch ins modulare Bauen mit standardisierten und vorproduzierten Wand- und Deckenplatten. Zudem biete die Stadt einmalige Förderungen mit einem Zinssatz von einem Prozent.

Spätestens 2028 sollen wieder 10.000 Wohnungen in Hamburg gebaut werden

Dressel erwartet, dass das Ziel, 10.000 Wohnungen zu errichten, spätestens 2028 wieder erreicht wird, vielleicht schon ein, zwei Jahre früher. Bereits jetzt erholten sich die Einnahmen durch die Grunderwerbsteuer.

Der Finanzsenator setzt auf die stadteigene Saga. „Die kann super bauen, die kann super sanieren und sehr gute Erträge abliefern. Wir haben viel mit der Saga vor, die Saga hat selber auch viel vor.“ Dressel macht einen besonderen Bedarf bei Sozialwohnungen aus. „Fachkräfte kommen nur dann nach Hamburg, wenn sie hier günstig wohnen können“, sagt er. 

Deshalb habe der Senat neben dem ersten Förderweg weitere beschlossen, sodass rund 60 Prozent der Hamburger Anspruch auf geförderten Wohnungsbau haben. „Wir wollen auch Mittelschichtshaushalte erreichen, bevor sie nach Quickborn ziehen. Die können nicht 20 Euro netto kalt zahlen, aber bekommen über den dritten Förderweg nun eine Perspektive und zahlen dann zwölf Euro. Je differenzierter die Förderung ist, umso besser ist das für den Haushalt.“ 

Warum Andreas Dressel ausdrücklich für den Einfamilienhausbau ist

Deutlich grenzt er sich von Forderungen ab, etwa des grünen Bezirksamtsleiters in Nord, Michael Werner-Boelz, der keine Einfamilienhäuser mehr bauen möchte: „Das sehe ich explizit anders.“ Gerade sondiere er für Wandsbek einen Koalitionsvertrag auf Bezirksebene mit. „Egal, wie die Verhandlungen ausgehen, dieser Satz wird im Koalitionsvertrag stehen: Es wird in Wandsbek weiter Einfamilienhausbau geben.“

Besuch Andreas Dressel auf Neuwerk
Der Podcast mit Andreas Dressel fand im Hochzeitszimmer des Leuchtturms Neuwerk statt, das eine Außenstelle des Standesamtes werden soll.  © Matthias Iken | Matthias Iken

Noch ein Projekt treibt den Sozialdemokraten um: Am Haus der digitalen Welt, das die SPD im Wahlkampf 2020 präsentierte, hält Dressel fest. „Es ist eine faszinierende Perspektive, die Zentralbibliothek und die Volkshochschule mit einem digitalen Erlebnisraum zu verbinden. Ein solches Haus könnte eine Anziehungskraft für die ganze Innenstadt werden. Wir haben uns fest vorgenommen, das zu realisieren.“ 

Fünf Fragen an Andreas Dressel

Meine Lieblingsstadt ist Hamburg. Ich bin ein Hamburger Jung, lebe hier fast ununterbrochen seit meiner Geburt. Ich war nur einmal drei Monate zum Rechtsreferendariat in Los Angeles.

Mein Lieblingsstadtteil ist Volksdorf. Ich bin heimatverbunden: Volksdorf war nicht nur ein toller Ort, um groß zu werden, sondern ist perfekt zum Leben. Wie viele Hamburger Stadtteile hat Volksdorf eine super soziale Infrastruktur, von der Bücherhalle über das Schwimmbad bis hin zum Museumsdorf.

Mein Lieblingsort ist die Finanzbehörde am Gänsemarkt, die wir gerade für Hamburg zurückgekauft haben. Da bin ich schon als kleiner Steppke gewesen, als mein Vater Abteilungsleiter im Amt für Vermögen und Beteiligungsverwaltung war.

Mein Lieblingsort in Hamburg ist Neuwerk. Das ist ein besonderes Stück Hamburg mit Nordseeluft, das mich immer wieder begeistert. Es ist wunderbar, die politische Arbeit für die Entwicklung der Insel mit dieser perfekten Wohlfühlatmosphäre zu verbinden.

Einmal mit der Abrissbirne … gibt es einige Gebäude, die in die Jahre gekommen sind. Den Abriss der City-Hochhäuser halte ich für eine kluge und richtige Entscheidung. Was jetzt am Klosterwall entstanden ist, verbessert den Übergang zum Welterbe, zur Speicherstadt und zum Kontorhausviertel und wird ein Gewinn für Hamburg.