Hamburg. Hamburgerin Sibilla Kawala war schon 2016 in der Show. Die Investoren sind längst weg – und Limberry macht viel mehr als Trachtenmode.
Hamburg und Trachtenmode? Was auf den ersten Blick unvereinbar scheint, entpuppt sich heute als gute Geschäftsidee. Limberry, gegründet von Sibilla Kawala, einer Hamburgerin mit einer Leidenschaft für Tracht, hat sich in den vergangenen 14 Jahren von einem kleinen Online-Shop zu einer Marke mit Wiedererkennungswert gewandelt. „Ich liebe Tracht. Seitdem ich denken kann, bin ich in Bayern, auf der Wiesn oder in den Bergen wandern“, sagt die promovierte Betriebswirtin.
In der Vox-Show „Die Höhle der Löwen“ (DHDL) suchte die 40-Jährige vor einigen Jahren nach passenden Investoren – die sie mit Carsten Maschmeyer und Judith Williams gefunden hat. Mit Ankerkraut waren damals gleich zwei aufstrebende junge Unternehmen aus der Hansestadt unter den Kandidaten in der Investorenshow. Doch seit der Ausstrahlung hat sich einiges getan, das Gründer-Ehepaar der Gewürzfirma verkaufte an Nestlé. Aber was wurde eigentlich aus Limberry und Sibilla Kawala, der Gründerin des Dirndl-Start-ups vom Mühlenkamp?
„Höhle der Löwen“: Dirndl aus Hamburg? Funktioniert bestens!
Die Antwort findet sich in einem 550 Quadratmeter großen Büro in Winterhude. Eine Erweiterung um 250 Quadratmeter ist in Planung. Limberry beschäftigt heute um die 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Wir sind profitabel, machen einen siebenstelligen Umsatz“, sagt Sibilla Kawala.
Anfangs, als die heute 40 Jahre alte promovierte Betriebswirtin noch allein in ihrer Wohnung designte, war die Firma eine Art Online-Konfigurator für Damenmode. Die Hamburgerin hatte 2010 eine Vision – Mode individuell gestalten, ähnlich wie es in der Automobilindustrie längst üblich war. Für die Gründerin war es sowohl die Fallstudie ihrer Doktorarbeit als auch der Start in die Selbstständigkeit.
Weil aber Dirndl der klare Favorit der Kundinnen waren, verlegte Kawala sich bald allein auf Trachtenmode. Heute bietet Limberry im Onlineshop 740 unterschiedliche Teile an, im Lager hängen aktuell um die 6000 Dirndl. Gefertigt wird in Polen. Das Herzstück von Limberry sei die Eigenkollektion, sagt die Gründerin. „Wir lieben die Tradition, trauen uns aber auch mal, was Neues auszuprobieren.“
So werden Materialien verwendet, die nicht klassisch zur Tracht passen – jedes Dirndl wird mit zwei Schürzen geliefert. „Im Vergleich zur Konkurrenz sind wir deshalb auch preislich attraktiver“, sagt Kawala. Die Kleider gibt es ab 499 Euro. Das Dahlia-Dirndl ist das teuerste im Sortiment, es kostet 750 Euro. Zweimal im Jahr bringt Limberry neue Kollektionen heraus. Äußerst beliebt ist das Samtkleid „Imani Seafoam“. Es wurde bereits hundertfach verkauft, Kundinnen müssen zunächst auf die Warteliste.
„Höhle der Löwen“: Hamburger Unternehmen führt Männer-Kollektion ein
Vor wenigen Wochen haben Kawala und ihr Team erstmals eine Kollektion für Männer herausgebracht – mit Lederhosen, Hemden und Jankern. Schon länger ist Brautmode ein zweites Standbein des Unternehmens. Während der Corona-Pandemie entwickelte die Firma das Shopping-Format „Mix and Match“. Dabei können zukünftige Bräute Oberteile, Hosen, Röcke und Blazer miteinander kombinieren.
Ein Limberry Dirndl-Geschäft in Hamburg aber existiert bis heute nicht. „Wir sind noch zu klein, um alles zu machen“, sagt Sibilla Kawala. Sie überlässt diesen Vertriebsweg in der Hansestadt einstweilen der Trachtendiele am Ballindamm. In München dagegen betreibt die Firma seit 2023 immer vor dem Oktoberfest zwei Monate lang einen Pop-up-Store. Bayerns Landeshauptstadt sei eben eine Art Epizentrum für das Dirndl-Start-up. Ohnehin: Einen Großteil des Umsatzes macht Limberry mit Kundinnen aus Süddeutschland.
Nun steht eine Expansion nach Österreich auf der Agenda: Für das kommende Jahr ist eine Veranstaltungsreihe geplant, bei der Limberry voraussichtlich in München, Wien, Salzburg und Kitzbühel die Eigenmarke präsentiert.
Limberry nach „Höhle der Löwen“: Gründerin hat jetzt andere Investoren im Boot
Vor acht Jahren sicherte sich Kawala das Vertrauen der Investoren Judith Williams und Carsten Maschmeyer, die zusammen 250.000 Euro in das Hamburger Unternehmen investierten. Der Auftritt in der „Höhle der Löwen“ brachte nicht nur frisches Kapital, sondern auch reichlich mediale Aufmerksamkeit. „Zu dieser Zeit gab es nicht viele sichtbare Gründerinnen.“ Bei Limberry wurde Frauen-Power von Anfang an gelebt: Kawalas Mutter war die erste Mitarbeiterin, sie arbeitet heute noch im Bereich Produktion und Design – so wie Kawala selbst. Ihre 94 Jahre alte Oma ist gelernte Schneiderin, hilft immer noch bei Fachfragen.
Nach dem Ausstieg von Maschmeyer und Williams vor rund drei Jahren kamen neue Investoren aus der Fashion-Branche an Bord. Trotzdem würde Kawala immer wieder an der Gründershow teilnehmen. „Eine frühere Ausstrahlung wäre umsatztechnisch noch besser gewesen“, sagt sie heute über den Abend des 23. August 2016.
„Unseren Umsatz machen wir zu 70 Prozent rund um das Oktoberfest“
Das Oktoberfest ist zwar erst Ende September, doch Wiesn-Gänger decken sich mit neuer Tracht meist bereits Ende Juni ein. „Unseren Umsatz machen wir zu 70 Prozent rund um das Oktoberfest“, sagt Kawala. Limberry ist ein klassisches Saisongeschäft, ähnlich wie bei einer Eisdiele, jedoch ohne Schließung über die Wintermonate: „Wir finanzieren mit wenigen Monaten Umsatz das ganze Jahr.“
Nach „Höhle der Löwen“: Kommen bald Kinder-Dirndl von Limberry?
Die Gründerin verbindet ihr Unternehmerdasein inzwischen mit dem Familienleben. Als Mutter einer zweijährigen Tochter, die in den Büroräumen ihre ersten Schritte machte, hat Kawala nie wirklich Elternzeit genommen. „Ich habe noch im Krankenhaus Mails geschrieben“, erzählt sie. Schon Anfang 2020 hatte sie erkannt, dass sie Unterstützung braucht. Seitdem gibt es mit Maurizio Koch einen Co-Geschäftsführer.
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So bleibt Sibilla Kawala mehr Zeit, ihre Pläne voranzutreiben. Mit einer eigenen Brautmoden-Designerin will sie diesen Bereich ausbauen. Die neue Männerlinie ist das zweite Segment, auf dem große Wachstumshoffnungen ruhen. Und wann kommen von der Hamburgerin und jungen Mutter die ersten selbst designten Kinderdirndl? Da sei noch nichts in Planung, sagt Sibilla Kawala. Aber: „Ich sage niemals nie.“