Hamburg. Neue Studie berechnet die Ticketpreise für Strecken auf die Insel und innerhalb Hamburgs. Die Details zu Routen und Zeitersparnissen.

Als die Idee der Lufttaxis vor einigen Jahren immer stärker aufkam, weckten sie große Erwartungen. Sie könnten in großen Städten die Stauprobleme am Boden lösen, indem der Nahverkehr in die Luft verlagert werde, lautete eine Hoffnung. Realistisch scheint das aus heutiger Sicht auf absehbare Zeit allerdings nicht. Denn als Massentransportmittel scheiden die zum Beispiel bis zu vier Menschen fassenden Fluggeräte aus.

Taxidienste mit Drohnen oder Kleinflugzeugen seien zumindest in der Anfangszeit nur in einem Premium-Nischenmarkt wirtschaftlich realisierbar, lautete das Fazit einer neuen Studie, die die Unternehmensberatung Roland Berger und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) erstellten. Der Clou der Arbeit aus Hamburger Sicht: Die Experten berechneten für drei Strecken in der Hansestadt die Preise, die Anbieter nehmen müssten, um profitabel zu sein.

Über Hamburg mit dem Flugtaxi – Studie: Das könnten Flüge kosten

Entscheidend seien dabei neben den Anschaffungskosten für die Lufttaxis die Betriebskosten, die letztlich auf die Ticketpreise durchschlagen. Diese seien in allen drei Anwendungsfällen von den Start- und Landegebühren der Vertiports – also der Start- und Landeplätze, von denen die Vehikel senkrecht starten und landen können – sowie den zukünftigen Preisen für flugtaugliche Batterien und deren Lebensdauer abhängig.

Die Studienautoren rechneten für jeden Anwendungsfall unterschiedliche Annahmen durch, inklusive einer 13-Prozent-Gewinnmarge. Als erste Strecke pickten sich die Experten einen Flug vom Hauptbahnhof zum Airbus-Standort auf Finkenwerder heraus – City Taxi nennen sie diese Kategorie. Bei der mit zwölf Kilometer angegebenen Luftdistanz würden dicht besiedelte Gebiete vermieden, stattdessen werde eher über Wasser geflogen und ein Umweg in Kauf genommen, hieß es.

Vom Hauptbahnhof zu Airbus werden bis zu 350 Euro pro Passagier fällig

Für einen Passagier würde dieser Flug den Berechnungen nach zwischen 175 und 350 Euro kosten. Die Reisezeit wäre mit 11,6 Minuten deutlich kürzer als am Boden. Diese wurde mit mindestens 35 Minuten bis zu mehr als einer Stunde im Berufsverkehr für die gut 20 Kilometer große Distanz angegeben.

Für diese Strecke gingen die Autoren von einem eVOTL – also einem elektrisch angetriebenen, senkrecht startenden und landendem Fluggerät – aus, das einen Passagier und einen Piloten befördern kann. Bei einem ferngesteuerten Flug könnte statt des Piloten ein zweiter Passagier mitfliegen. Das ist keine Utopie: Die Hersteller versuchen ihre Fluggeräte so zu entwickeln, dass sie autonom fliegen könnten. Die Ticketkosten würden sich dann halbieren. Die Berechnung der Kosten basiert auf 20 Flügen pro Tag und 330 Betriebstagen pro Jahr.

Im Flugtaxi von Blankenese zum Flughafen – deutlich schneller als im Auto

Der zweite Anwendungsfall bezieht sich auf einen Airport-Shuttle, der von Blankenese zum Flughafen in Fuhlsbüttel führt und bis zu vier Passagiere plus Gepäck aufnehmen kann. Die gut 17 Kilometer lange Luftstrecke, bei der erneut Umwege einkalkuliert werden, sei in zwölf Minuten zurückzulegen. Bei einer 75-prozentigen Sitzauslastung würden zwischen 75 und 160 Euro pro Passagier fällig.

Grundlage seien auch hierfür 20 Flüge pro Tag bei 330 Betriebstagen pro Jahr. Das DLR und Roland Berger geben als Vergleich an, dass ein Taxi oder ein Limousinen-Service 45 Minuten benötige und zwischen 65 und 140 Euro koste – für das gesamte Fahrzeug.

Mit dem Flugtaxi nach Sylt könnte günstiger als mit dem Flugzeug sein

Der dritte Anwendungsfall ist ein regelmäßiger Flug vom Flughafen Hamburg nach Sylt und soll exemplarisch für Flüge zwischen Städten stehen, die für normale, bisherige Flugverbindungen eigentlich zu nah beieinander liegen (Inter City Modell). Bei 330 Betriebstagen pro Jahr werden vier Flüge pro Tag als Grundlage angenommen.

Das Ergebnis: In einem sechssitzigen Lufttaxi müsste jeder Passagier 200 bis 300 Euro zahlen, wenn die Sitzauslastung bei 75 Prozent liege. Damit wäre das Flugtaxi etwas günstiger als die bestehende, mit 50 Minuten angesetzte Flugverbindung von Sylt Air, für die zwischen 270 und 320 Euro pro Ticket aufgerufen werden.

Studie: Flugtaxis sind anfangs Premium-Nischenmarkt

Die Dauer des Lufttaxi-Fluges wird mit 56 Minuten angegeben, die Distanz mit 225 Kilometer. Damit ist sie länger als der Weg auf dem Boden, weil dicht besiedelte Gebiete erneut beim Überflug vermieden werden sollen. Bodengebunden dauere die Fahrt für die rund 200 Kilometer zweieinhalb bis vier Stunden und koste zwischen 45 Euro pro Person für öffentliche Verkehrsmittel bis zu 820 Euro für einen Limousinen-Service, so die Autoren.

Flugtaxidienste blieben in den ersten Jahren zwar ein Premium-Nischenmarkt, zieht Manfred Hader, Partner bei Roland Berger, ein Fazit der Studie. Aber in begrenzten Anwendungsfällen und geeigneten Szenarien im kommerziellen Betrieb könnten sie rentabel sein. Das sei aber auch vom Gesamtökosystem und zum Beispiel der Entwicklung der Strompreise abhängig. Grundsätzlich sei die Zahlungsbereitschaft entsprechender Zielgruppen vorhanden, wie bestehende Helikopterdienste zeigten.

Als City-Taxis eignen sich Flugtaxis nur eingeschränkt

Für das City-Taxi-Beispiel gelte das allerdings nur eingeschränkt, weil die Kosten pro Kilometer höher als bei Helikopterdiensten seien. Nur wenn der Pilot an Bord durch eine Fernsteuerung entbehrlich und ein zweiter Passagier Platz in der Maschine findet, seien die Betriebskosten des eVTOL günstiger als die eines Hubschraubers – und zudem der Betrieb nachhaltiger und der Lärm geringer.

Den Airport-Shuttle halten die Autoren für attraktiv, insbesondere mit steigenden Distanzen auf bis zu 50 Kilometer. Die Zielgruppe ist mit Geschäftsleuten klar umrissen. Diese lägen viel Wert auf eine klare Planbarkeit des Weges und seien bereit, mehr zu zahlen, wenn sie, statt in den Stau auf dem Boden zu geraten, garantiert pünktlich am Flughafen ankämen.

Per Flugtaxi nach Sylt – das könnte an der Reichweite scheitern

Die Preise seien zudem günstiger als bei Helikopterservices. Man gehe davon aus, dass auf langen Strecken die Kosten zwischen vier und zehn US-Dollar pro Passagiermeile liegen könnten. Das entspricht in etwa zwei bis fünf Euro pro Kilometer.

Das Inter-City-Modell mit den Flügen nach Sylt könnte laut DLR/Roland Berger an der zu geringen Reichweite vieler Lufttaxis dieser Größenordnung scheitern und dürfte wohl nur etwas für wohlhabende Passagiere sein – die auch jetzt schon die Flugverbindung von Hamburg auf die Nordseeinsel nutzen.

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Wann die ersten Lufttaxis tatsächlich erstmals mit zahlenden Passagieren abheben, ist noch offen. Im nächsten oder übernächsten Jahr könnte es so weit sein. Insofern gibt es noch keine tatsächlich erzielten Preise. Ein größerer kommerzieller Einsatz in diesem Jahrzehnt erscheint unwahrscheinlich – und über Deutschland oder gar Hamburg werden die Premieren wohl kaum stattfinden.