Hamburg. Neue Mieter müssen deutlich mehr fürs Wohnen bezahlen. Wie es konkret in Bezirken und Stadtteilen aussieht, wo die Nachfrage gering ist.

Hamburgs Mieter müssen sich weiterhin auf deutlich steigende Wohnkosten einstellen. 76 Prozent der Hamburger Makler registrieren eine steigende Preistendenz, nur 24 Prozent sprechen von konstanten Mieten. Das geht aus einer Umfrage des Immobilienverbandes IVD Nord unter Hamburger Maklern hervor, die dem Abendblatt exklusiv vorliegt.

Vor allem in den vergangenen sechs Monaten beobachteten die über 60 Hamburger Makler stark steigende Mieten in der Hansestadt. 59 Prozent berichten von Anstiegen von bis zu zehn Prozent. Dieser Wert hat sich im Vergleich zu einer Umfrage von Anfang des Jahres noch einmal um elf Prozentpunkte erhöht.

Mietpreissteigerungen werden inzwischen voll ausgereizt

Zehn Prozent sind eine magische Zahl für den Mietwohnungsmarkt, da in Hamburg die Mietpreisbremse gilt. Damit darf bei einer Neuvermietung die neue Miete maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Dennoch sehen sieben Prozent der Makler bei ihren Vermittlungen sogar einen Mietpreisanstieg von über zehn Prozent.

33 Prozent der Makler sprechen nur von Anstiegen von bis zu fünf Prozent. Dieser Wert hat sich gegenüber dem Januar 2024 deutlich verringert. Das zeigt, dass mögliche Mietpreissteigerungen voll ausgereizt werden, mitunter auch deutlich darüber hinaus.

Viele weichen auf den Mietmarkt aus, weil sie sich Eigentum nicht leisten können

„Eine Besserung ist leider nicht in Sicht. Da kommt so schnell kein Wohnungsangebot auf den Markt, denn der Wohnungsneubau und die Projektentwicklung liegen brach“, sagt Anika Schönfeldt-Schulz, Vorsitzende des Vorstandes des Immobilienverbandes Region Nord (IVD). „Zudem bleiben in diesen Zeiten die Menschen länger in ihren Wohnungen. Die Umzugsquote, die in Metropolen mit engem Mietmarkt generell niedrig ist, wird durch die derzeitige Situation sicherlich noch geringer.“

Denn wegen der gestiegenen Zinsen für Immobilienfinanzierungen und der Unwägbarkeiten bei der energetischen Sanierung von Bestandsgebäuden weichen viele Hamburger seit Mitte 2022 verstärkt auf den Mietwohnungsmarkt aus. Anders als bei Kaufimmobilien sehen 92 Prozent der Makler einen Nachfrageüberhang. Das ist ein Grund für die stetig steigenden Mieten.

Hamburger Mieten: Dramatischer Anstieg in nur einem halben Jahr

Wie dramatisch der Mietanstieg in Hamburg ist, zeigen aktuelle Daten des Immobiliendienstleisters JLL für die Hamburger Bezirke. Vom zweiten Halbjahr 2023 bis zum ersten Halbjahr 2024 hat es in Hamburg einen enormen Mietpreisanstieg gegeben. In Hamburg-Mitte kletterten die Neuvertragsmieten für Bestandswohnungen um 11,6 Prozent, gefolgt von 9,3 Prozent für Bergedorf.

Die Tendenz ist offensichtlich: Dort, wo die Neuvertragsmieten noch unter dem Hamburger Durchschnittswert für Bestandsbauten von 15,14 Euro wie in Hamburg-Mitte (13,73 Euro), Bergedorf (12,86 Euro) oder Harburg (11,71 Euro) liegen, fällt der Preisanstieg besonders hoch aus. Selbst der schon teuerste Bezirk Altona verteuerte sich noch einmal um 3,8 Prozent auf 15,47 Euro. In den Bezirken Nord und Eimsbüttel liegt die durchschnittliche Neumiete oberhalb des Hamburger Durchschnitts.

„Das anhaltende Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage sorgt für eine hohe Dynamik bei der Entwicklung der Neuvertragsmieten und für eine zunehmende Diskrepanz zu den strenger regulierten Bestandsmieten“, sagt Sören Gröbel, Marktexperte bei JLL Germany. Von der Angebotsseite werde der Druck auf die Mietpreise auch mittelfristig hoch bleiben.

Die meisten Wohnungen sind nach drei Wochen wieder vermietet

So gibt es bei den Baugenehmigungen für Wohnungen einen deutlichen Einbruch in Hamburg. Im ersten Halbjahr wurden laut Stadtentwicklungsbehörde nur noch 2028 neue Einheiten genehmigt. Das entspricht einem Rückgang von fast 26 Prozent.

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So verwundert es nicht, dass auf den Markt kommende Wohnungen schnell wieder vermietet sind. Nach den Angaben der Makler dauert dies meist nicht länger als drei Wochen. Nur in den weniger gefragten äußeren Stadtteilen dauert es etwas länger. Hier vergingen auch einmal mehr als sechs Wochen bis zur Wiedervermietung, sagten zumindest 13 Prozent der Makler.

Äußere Stadtteile sind nach Maklereinschätzung kaum gefragt

In äußeren Stadtteilen gibt es nach Einschätzung der Makler überhaupt keine Nachfrage nach Mietwohnungen. Auch die Nachfrage nach den Top-Lagen von Hamburg bleibt mit drei Prozent überschaubar. Dagegen dominiert mit 61 Prozent die Nachfrage nach den begehrten Stadtteilen wie Eppendorf, Ottensen oder dem Schanzenviertel. Normale Lagen werden zu 37 Prozent nachgefragt.

„Ein zentrales Ergebnis unserer Umfrage zeigt die Hauptnachfrage für beliebte Stadtteile“, sagt Schönfeldt-Schulz. In den äußeren Lagen gebe es zwar durchaus Mietangebote, die aber nicht nachgefragt werden. „Deswegen müssen wir attestieren, dass durchaus ein Wohnungsangebot besteht, aber die Ansprüche an die Lage sehr hoch sind.“

Immer weniger Mietwohnungen kommen in die Immobilienportale

Diese Einschätzung kommt von Maklern regelmäßig. Allerdings zeigt ein Blick in das Immobilienportal ImmoScout24, dass es auch in den äußeren Stadtteilen wie Rahlstedt, Schnelsen, Billstedt oder Neugraben-Fischbek kein großes Angebot gibt, vor allem an preisgünstigem Wohnraum.

Für Rahlstedt werden zwar 36 Objekte angezeigt, viele davon sind aber Neubauten mit entsprechend hohen Mieten. Nur bei zwei Wohnungen bleibt die Kaltmiete unter zehn Euro. Für Billstedt werden nur sechs Wohnungen ausgewiesen. In Neugraben-Fischbek wird unter den wenigen Objekten eine nur 40 Quadratmeter große Wohnung (Baujahr 1979) mit einem Quadratmeterpreis von knapp 18 Euro angeboten – allerdings nicht von einem Makler.

„Viele frei werdende Wohnungen kommen gar nicht mehr in die Vermittlungsportale“, sagt Schönfeldt-Schulz. „Stattdessen nutzen Verwalter oder Makler die sozialen Netzwerke.“