Hamburg. Asina Göhr muss ihren Laden am Mühlenkamp endgültig schließen und sitzt auf einem Berg Schulden. Wie es dazu kam.

Aus. Ende. Vorbei. Die Xocolaterie am Mühlenkamp ist Geschichte. Das Schild über dem Eingang ist abmontiert, die Ladeneinrichtung ausgeräumt. Es ist nicht mal elf Monate her, dass Asina Göhr ihre Pralinenmanufaktur eröffnet hat. Jetzt steht sie vor den Trümmern ihrer Existenz. „Ich fühle mich wie im falschen Film, wenn ich an mich vor einem Jahr denke“, sagt die 34-Jährige und kann die Tränen kaum zurückhalten.

Voller Elan hatte Asina Göhr im Ende September ihre Xocolaterie eröffnet. Es lief gut an, bis wenige Tage vor Weihnachten bei ihr Brustkrebs diagnostiziert wurde. Seitdem hat die junge Unternehmerin um ihr Überleben und ihre berufliche Zukunft gekämpft. Nachdem sie anfangs noch gehofft hatte, die Xocolaterie halten zu können, musste sie sich im Februar eingestehen, dass sie ihren Traum vom kleinen, feinen Laden mit ausgesuchten und teilweise selbst gemachten Pralinenkreationen aufgeben muss. Inzwischen ist klar, dass sie zudem Schulden in Höhe von mehr als 90.000 Euro hat.

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Jetzt sitzt sie einige Straßen entfernt in einem Café. Die Haare, die sie im Zuge einer Chemotherapie verloren hatte, wachsen nach. Asina Göhr leidet an einer besonders aggressiven Krebsform, dem sogenannten Triple-negativen Brustkrebs. Im Juli wurde sie operiert. In den Monaten davor hatte sie in Absprache mit Hausverwalter Michael Sturm, der die Immobilie im Besitz der Stiftung Kloster St. Johannis in Eppendorf betreut, einen Nachfolger für ihre Xocolaterie gesucht. „Es war unglaublich hart. Aber ich wollte so gern, dass es weitergeht“, sagt sie rückblickend.

Asina Göhr
Asina Göhr, Inhaberin der Xocolaterie, nach ihrer Krebsdiagnose © privat | Privat

Dass eine Übernahme des Ladens durch andere Betreiber trotz des anfänglichen Entgegenkommens der Verwaltung letztlich nicht zustande gekommen ist, versteht sie bis heute nicht. „Bei mir haben sich mehr als 40 Interessenten gemeldet“, sagt Asina Göhr, die einen Abschlag in Höhe 90.000 Euro für Inventar und Maschinen, Markennamen und Rezepte in dem gut 20 Quadratmeter großen Laden angesetzt hatte. „Das Geld, das ich investiert habe.“ Vier Bewerber, deren Konzept und Bonität sie für geeignet hielt, hatte sie mit den notwendigen Unterlagen als Nachmieter vorgeschlagen. „Keiner von ihnen wurde akzeptiert, aber konkrete Gründe wurden nicht genannt.“

Xocolaterie: Fristlose Kündigung im August

Für die gelernte Hotelfachfrau ein schwerer Schlag. Sie hatte 2023 einen unbefristeten Gewerbemietvertrag mit neunmonatiger Kündigungsfrist abgeschlossen. Schon seit der Krebsdiagnose im Dezember hat sie keine Einnahmen mehr, bekommt Krankengeld. Miete und Fixkosten in Höhe von insgesamt 3500 Euro liefen aber weiter. Ihre gesamten Ersparnisse stecken in der Xocolaterie, dazu hat sie einen Kredit aufgenommen. Mithilfe einer Spendenkampagne, die Freunde initiiert hatten und bei der mehr als 24.000 Euro zusammengekommen waren, stemmte sie die Kosten bis Mai irgendwie.

Nachdem eine vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses gescheitert war und sie im Juli und August die Miete für das Ladenlokal nicht zahlen konnte, kam Anfang vergangener Woche die fristlose Kündigung. Als Frist für die Räumung hatte Verwalter Michael Sturm gerade mal drei Tage angesetzt.

Xocolaterie geschlossen
So trostlos sieht der Laden am Mühlenkamp 3 nach dem Auszug der Xocolaterie aus. © Hanna-Lotte Mikuteit | Hanna-Lotte Mikuteit

Auf Abendblatt-Anfrage äußerte er sich nicht konkret zu Gründen für die Ablehnung der vorgeschlagenen Xocolaterie-Nachmieter. Zur Kündigung sagte er: „So tragisch die persönliche Situation der Mieterin auch sein mag, als Hausverwaltung können wir nicht vom Gewerberaum-Mietvertrag, den Frau Göhr geschlossen hat, abweichen.“ Zudem sei die Vermieterin eine gemeinnützige Organisation, der das Geld für ihre Aufgaben sonst an anderer Stelle fehle.

„Ich habe darauf vertraut, dass sich gemeinsam mit der Vermieterin eine Lösung in meiner schwierigen Situation findet“, sagt Asina Göhr. Als sich zuletzt abgezeichnete, dass daraus nichts wird, hat sie in ihrer Verzweiflung angefangen, das Inventar einzeln zu verkaufen. „Das ist ein Minusgeschäft, aber ich brauche jeden Cent zum Leben“, sagt sie. Inzwischen hat Asina Göhr eine Anwältin eingeschaltet.

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Sie selbst versucht, Abstand zu bekommen. Trotzdem wird die Xocolaterie sie weiter beschäftigen, bis Mietrückstände und Übergabeformalitäten geklärt sind. In diesen Tagen beginnt sie als nächsten Therapieschritt mit Bestrahlung, danach ist eine Reha geplant. „Bislang hat die Behandlung gut angeschlagen. Ich gelte als krebsfrei.“ Für sie erst mal das Allerwichtigste.

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„Aber meine berufliche Existenz ist darüber zerbrochen.“ Aufgeben ist für sie trotzdem keine Option. Sie muss jetzt einen Weg finden, die Schulden abzubezahlen. Zum Weihnachtsgeschäft will sie erst mal das Firmenkundengeschäft mit ihren kleinen Pralinenkunstwerken wieder in Gang bringen. „Ohne Ladengeschäft, vielleicht in einer Produktionsküche.“