Hamburg. Closest Loop aus Eimsbüttel machte bei DHDL einen Deal. Doch der Erfolg war nur kurz. Vor dem Ende läuft jetzt der große Ausverkauf.

Leonie und Niklas Heinzerling aus Hamburg hatten eine Vision. Mit ihrer nachhaltigen Spülschwamm-Alternative aus einer besonderen Pflanze wollten sie die Welt ein Stück besser machen. Die Nachhaltigkeitsmanagerin und der Motion Designer gründeten dafür das Start-up The Closest Loop, sammelten Geld über Crowdfunding und präsentierten ihre Idee in der Vox-Show „Die Höhle der Löwen“ (DHDL), rund um Investoren wie Ralf Dümmel und Judith Williams. Das war vor zwei Jahren.

Seitdem ist viel passiert: Die beiden heirateten, bekamen eine Tochter. Und nun, vier Jahre nach Gründung, gaben die Heinzerlings vor wenigen Tagen bekannt, dass sie ihr Unternehmen nicht weiterführen werden. Warum sie diese Entscheidung getroffen haben und was sie jetzt planen, haben sie dem Abendblatt erzählt.

„Die Höhle der Löwen“: Hamburger Start-up gibt schweren Herzens auf

„Wir wissen selber gar nicht so richtig, warum, aber die Nachfrage ist zurückgegangen, und wir merken, dass durch die gesamtwirtschaftliche Lage das Thema Nachhaltigkeit oft hinten runterfällt“, sagt Leonie Heinzerling. Ihr Mann Niklas ergänzt: „Da unser Produkt langlebiger ist, dauert es auch länger, bis Kunden wieder nachkaufen. Neukundenakquise ist teuer und das Marketingbudget ebenso.“

Das Hamburger Start-up besteht aus drei Personen: den Heinzerlings und der B2B-Vertrieblerin Hannah Fischer. Trotz ihrer Bemühungen, das Produktsortiment zu erweitern und neue Kunden zu gewinnen, blieb der erhoffte Erfolg aus. „Unser Herz hing und hängt daran“, betont die 34-Jährige und sagt weiter, „aber wir hatten auch lange Zeit, uns an den Gedanken zu gewöhnen“.

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2022 erzielte die Firma noch 150.000 Euro Umsatz, 2023 fiel er auf 70.000 Euro. „Es war nie ein zahlengetriebenes Start-up, im Vordergrund stand immer die Vision“, sagt der Gründer. Zwar wurden stets schwarze Zahlen geschrieben, doch konnten sich die Gründer kein Gehalt auszahlen, da sie den Gewinn reinvestierten – in die Ausweitung des Anbaus oder in neue Produkte. Das Paar arbeitete deshalb auch immer nebenbei in Teilzeit.

„Die Höhle der Löwen“: Hamburger Gründer begeisterten Ralf Dümmel

In das Jahr mit dem größten wirtschaftlichen Erfolg fiel auch der Aufritt in der „Höhle der Löwen“. im Frühjahr 2022. „Das war einer der krassesten Tage für uns beide“, sagt Heinzerling rückblickend. Die DHDL-Juroren waren – bis auf Carsten Maschmeyer – alle begeistert: So gab es Doppelangebote von Judith Williams und Ralf Dümmel (150.000 Euro für 40 Prozent Firmenanteile) sowie von Dagmar Wöhrl und Sarna Röser (100.000 Euro für 20 Prozent). Die Gründer aus Emsbüttel entschieden sich für letzteres Agebot.

Letztlich beschlossen sie jedoch, den Deal ganz abzulehnen, um ihr Ziel eines durch und durch nachhaltigen Produkts aus eigener Kraft zu verwirklichen. Nach der Ausstrahlung erlebte The Closest Loop einen kurzfristigen Boom mit 30.000 Besuchern auf der Website und 2000 Bestellungen. Doch die Aufmerksamkeit flaute bald ab: „Wir haben es nach ,Höhle der Löwen‘ nicht mehr geschafft, das Umsatzniveau zu halten“, sagt die Gründerin.

Schwämme aus Gurken? Hamburger bauten Luffa erstmals in Deutschland an

Die Gründungsidee entstand 2019, kurz nach den Master-Abschlüssen der Heinzerlings. „In vielen Bereichen haben wir alles auf Nachhaltigkeit umgestellt, haben aber immer noch mit den gelben Plastikschwämmen abgespült“, sagt Leonie Heinzerling. Sie stieß auf die Luffagurke. Dieser Schwammkürbis wächst normalerweise in Afrika, Asien und Südamerika. Ist sie reif, hat sich im Inneren der Gurke eine schwammartige Faserstruktur gebildet. Die kann man als Abwaschschwamm verwenden.

Das Hamburger Start-up The Closest Loop stellt nachhaltige Spülschwamm-Alternativen aus der Luffagurke her. Auch Lappen aus recycelter Bettwäsche gibt es im Sortiment.
Das Hamburger Start-up The Closest Loop stellt nachhaltige Spülschwamm-Alternativen aus der Luffagurke her. Auch Lappen aus recycelter Bettwäsche gibt es im Sortiment. © THORSTEN AHLF / FUNKE FOTO SERVICES | Thorsten Ahlf

Anbau in Übersee und langer Transport nach Deutschland kamen für die Gründer der Ökoschwamm-Firma nicht infrage. Sie fand einen Landwirt in Süddeutschland, in dessen Gewächshaus sie die Pflanzen anbauten. Eine davon trägt drei bis zehn Früchte, woraus sich wiederum vier Schwämme schneiden lassen. The Closest Loop – Abwandlung von Closed Loop, englisch für geschlossener Kreislauf – hat bis heute etwa 40.000 Schwämme produziert.

Putzlappen aus alter Bettwäsche – nachhaltig, aber teuer

Auch bei Winzern sowie in Spanien und Albanien ließ das Eimsbütteler Gründerpaar die frostempfindlichen Luffagurken anbauen, nicht immer erfolgreich. Sie seien bei jeder Ernte dabei gewesen. „Es gibt viele schöne Erinnerungen an diese Zeiten“, sagt der Gründer.

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Neben dem Bestseller-Spülschwamm namens Le Gurque hat The Closest Loop weitere Produkte: den Papiersack Pappe la Papp und Putzlappen aus Biberbettwäsche. Die aus Altkleidersammlungen aussortierten und gereinigten Baumwollstoffe werden in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung zugeschnitten und zu Lappen vernäht.

Aus trotz „Höhle der Löwen“: „Kann mir vorstellen, noch mal zu gründen“

„Durch den Zusatzaufwand bei recyceltem Material, ist man immer teurer mit Recyclingprodukten. Das kann nicht sein, das ist ein Fehler im System“, sagt Leonie Heinzerling. So kostet das Zweier-Schwamm-Paket 15,90 Euro, ein Sechserpack herkömmliche Spülschwämme gibt es im Drogeriemarkt bereits für 0,75 Euro.

Und nun? Ende des Jahres soll der Onlineshop geschlossen werden, der Ausverkauf läuft schon. „Wir merken, dass die Leute sich jetzt noch mal richtig eindecken, einige bestellen für Hunderte Euros Schwämme“, sagt Niklas Heinzerling. Erste Produkte seien bereits ausverkauft. Auch Unverpacktläden in Hamburg, Speyer, Würzburg, Italien und in der Schweiz sowie im Onlineshop Waschbär haben Closest-Loop-Artikel im Sortiment.

Sobald ihre Firma abgewickelt ist, wollen die Gründer erst mal selbst zur Ruhe zu kommen. Im September geht die 34-Jährige nach der Elternzeit wieder in Teilzeit arbeiten. Das Start-up-Duo bleibt trotz des Rückschlags offen für die Selbstständigkeit: „Wenn wir wieder eine gute Idee haben, kann ich mir vorstellen, noch mal zu gründen“, sagt Leonie Heinzerling.