Hamburg. In dieser Woche wird die erste Zinssenkung der EZB erwartet. Experten sagen, womit Bauherren und Käufer dann rechnen können.
Die Phase steigender Zinsen soll jetzt auch ganz offiziell enden. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag den ersten Zinssenkungsschritt machen. Darauf warten auch viele, die eine Immobilie finanzieren wollen. Wird der Einzug in die eigenen vier Wände in den nächsten Monaten günstiger? Denn der ersten Zinssenkung sollen weitere folgen. Lohnt es sich, das abzuwarten?
„Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass die Europäische Zentralbank (EZB) in diesem Monat die Zinswende einleiten wird“, sagt Christian Kopf von der Fondsgesellschaft Union Investment. Bisher liegt der Einlagenzinssatz der EZB, zu dem Banken bei ihr Geld parken, bei vier Prozent. „Wenn nicht alle Stricke reißen, wird dieser Leitzins am 6. Juni um 0,25 Prozentpunkte auf 3,75 Prozent gesenkt werden“, sagt Kopf.
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Doch nach Einschätzung von Experten werden Immobilienkäufer davon kaum etwas haben. „Die wahrscheinliche Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) wird keinen Effekt auf die Konditionen von Baufinanzierungen haben, wie sich das vielleicht viele erhofft haben“, sagt Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender des Baugeldvermittlers Dr. Klein im Gespräch mit dem Abendblatt. „Auch mit Blick auf das Jahresende erwarte ich keine großen Änderungen bei den Baugeldkonditionen.“
Auch andere Experten folgen dieser Einschätzung. „Wir gehen aufgrund der Datenlage und der aktuellen politischen Situation davon aus, dass die Bauzinsen in den nächsten Monaten nicht fallen werden – unabhängig davon, wie sich Inflation und EZB-Leitzins entwickeln“, sagt Max Herbst, Gründer und Geschäftsführer der FMH-Finanzberatung. Denn die Entwicklung der Bauzinsen hängt vorrangig an der Rendite von Bundesanleihen und Pfandbriefen.
Baugeldkonditionen sind von lang laufenden Staatsanleihen abhängig
Ob die Zinsen für langfristige Bundesanleihen und damit am Ende auch die Bauzinsen steigen oder fallen, hat nach der Einschätzung von Herbst vor allem mit dem Vertrauen in die wirtschaftliche und politische Stabilität von Deutschland zu tun. „Das Bild der Ampel-Regierung und die Wirtschaftsdaten sind da eher nicht so ermutigend“, sagt Herbst.
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Schon in den vergangenen Wochen mussten Immobilienkäufer erleben, wie die Konditionen für Baugeld wieder gestiegen sind, weil sich eben auch die Rendite der Bundesanleihen erhöht hat. Das Tief nach dem vorangegangenen massiven Anstieg war bereits Anfang Januar erreicht. Seitdem geht es bei den Bauzinsen unter leichten Schwankungen wieder aufwärts.
Finanzierung ist derzeit im Monat 200 Euro günstiger als Ende 2023
Doch Entlastung gibt es durchaus. Gemessen an den durchschnittlichen Konditionen für eine zehnjährige Zinsbindung und einer für Hamburg repräsentativen, durchschnittlichen Kreditsumme von 400.000 Euro ist die monatliche Kreditrate aus Zins und Tilgung heute knapp 200 Euro günstiger als noch Ende 2023. Die monatliche Rate beträgt 1886 Euro. Das ist fast doppelt so viel wie im Juni 2021, als noch die Niedrigzinsphase mit rund einem Prozent Zinsen war. Doch eine Rückkehr zu diesen Finanzierungsbedingungen ist sehr unwahrscheinlich.
„Wer gut mit Eigenkapital ausgestattet ist, der kann mit weniger als dreieinhalb Prozent finanzieren, und das ist im historischen Vergleich ein sehr guter Wert“, sagt Neumann. Bei einem Kaufpreis der Immobilie in Hamburg von 600.000 Euro und 200.000 Euro Eigenkapital allein für die Finanzierung liegt der günstigste Zinssatz bei einer zehnjährigen Zinsbindung aktuell bei 3,22 Prozent (Interhyp und BB Bank). Für die monatliche Rate müssen dann 1740 Euro aufgewendet werden.
Zinsbindung von 15 Jahren bringt mehr Flexibilität und Sicherheit
15 Jahre Zinsbindung sind kaum teurer und haben einen weiteren Vorteil. Nach zehn Jahren hat der Kreditnehmer ein einseitiges Kündigungsrecht. Wenn dann die Zinsen deutlich günstiger sind, kann er umschulden, ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen. Steigen den Zinsen noch weiter, hat er fünf Jahre weitere Finanzierungssicherheit.
Der günstigste Anbieter für eine 15-Jährige Zinsbindung ist im obigen Beispielfall die Haspa mit einem Zinssatz von 3,29 Prozent. Die monatliche Rate ist mit 1763 Euro nur 23 Euro teurer als bei einer zehnjährigen Zinsbindung – bei gleichzeitig mehr Sicherheit und Flexibilität. Dieser Aufpreis lohnt sich.
Günstige Zinsen erfordern viel Eigenkapital
Der Vergleich zeigt: Günstige Konditionen gibt es nicht nur von Baugeldvermittlern wie Interhyp oder Dr. Klein, auch Filialbanken können mithalten, weil sie inzwischen nicht anders agieren als die Baugeldvermittler. Sie suchen das für den Kunden günstigste Angebot aus einer Fülle von Finanzierungspartnern heraus. Selbst können sie kaum so günstige Zinsen bieten. „Im Beratungsgespräch vergleichen wir mit unseren Kunden die Baufinanzierungsangebote von über 300 namhaften Banken aus Deutschland und finden schnell die Immobilienfinanzierung mit den besten Konditionen“, sagt ein Haspa-Sprecher.
Aber günstige Zinsen erfordern viel Eigenkapital. Stehen bei einer Immobilie von 600.000 Euro nur noch 50.000 Eigenkapital zur Verfügung, weil das zum großen Teil schon von den Erwerbsnebenkosten aufgezehrt wurde, nähern sich die Finanzierungszinsen der Vier-Prozent-Marke, wenn die Bank überhaupt zu einer Finanzierung bereit ist. Das Vergleichsportal der FMH-Finanzberatung blendet bei einer solchen Konstellation gleich rote Warnhinweise ein. Die monatliche Rate liegt dann schon bei rund 2700 Euro.
Experten: Immobilienzinsen verharren zwischen drei und vier Prozent
Um eine solche nur für wenige Haushalte tragbare Belastung zu vermeiden, „gilt es, möglichst viel Eigenkapital zu mobilisieren, und das erleben wir auch“, sagt Neumann. Das könne ein vorgezogenes Erbe sein, ein zinsloses Familiendarlehen oder auch eine abbezahlte Immobilie als Sicherheit. Vielleicht lässt sich auch eine Renten- oder Lebensversicherung vorzeitig auflösen.
Anfang des Jahres gab es noch eine große Hoffnung auf schnelle Zinssenkungen. „Inzwischen stellt sich die Lage aber etwas anders dar, wir haben wieder leicht steigende Inflationsraten“, sagt Neumann.