Hamburg. Europäische Kommission fordert weitere Informationen von Gegner des umstrittenen Geschäfts an. Gerät der Deal des Senats ins Wanken?
Überraschende Wendung im umstrittenen Teilverkauf der HHLA an die Schweizer Reederei MSC. Wenige Tage nachdem der Haushaltsausschuss der Bürgerschaft mit der Stimmenmehrheit der Regierungskoalition von SPD und Grünen die Transaktion abgesegnet hat, wurde nun bekannt, dass die EU in Brüssel in das Verfahren einsteigt.
Dabei geht es um die Frage, ob der Deal gegen das Beihilferecht verstößt. Wie berichtet, haben mehrere Kleinaktionäre bei der EU-Kommission Beschwerde gegen den Teilverkauf des Hafenkonzerns HHLA eingelegt. Ihr Vorwurf: Der Kaufpreis sei zu gering. Der Senat verkaufe seine HHLA-Anteile an MSC unter Wert. Jetzt kündigte Brüssel an, sich mit den Beschwerden zu befassen.
MSC-Deal: EU prüft Beschwerden gegen Teilverkauf der HHLA
Der Senat hat nach eigenen Angaben keine beihilferechtliche Überprüfung seines Vertrags mit MSC beantragt, weil er keine Notwendigkeit sieht. Der Deal verstoße schlichtweg nicht gegen das Beihilferecht, heißt es. Die von Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard und Finanzsenator Andreas Dressel (beide SPD) beauftragten Rechtsexperten verdeutlichen sowohl im Wirtschafts- als auch im Haushaltsausschuss, dass man die beihilferechtliche Frage seit Beginn der Gespräche mit MSC untersucht habe. Dabei habe sich aber herausgestellt, dass eine zusätzliche Prüfung durch die EU nicht notwendig sei.
Die EU-Kommission teilte nun auf Nachfrage mit, dass es tatsächlich derzeit kein förmliches Prüfverfahren bezüglich des Zusammenschlusses gebe. Zugleich erklärt sie aber, dass man sich um die Beschwerden kümmere. „Wir können bestätigen, dass wir eine Beschwerde in dieser Angelegenheit erhalten haben, die wir gemäß unseren Standardverfahren prüfen“, teilte eine Sprecherin der EU-Kommission mit. Weiter wolle man sich dazu nicht äußern.
Hamburger Hafen: Brüssel prüft Beschwerden gegen den HHLA-Deal von MSC
Aus der Hamburger Wirtschaftsbehörde hieß es, dass die Kommission sicherlich Unterlagen beziehungsweise Darstellungen zum Sachverhalt anfordern würde, bevor sie ein Verfahren eröffne. Das habe sie aber nicht getan. „Uns sind nur die öffentlich bekannten Berichte über vermeintlich eingelegte Beschwerden bekannt. Ein beihilferechtliches Verfahren seitens der Kommission ist der zuständigen Behörde nicht bekannt“, sagte ein Behördensprecher.
Tatsächlich hat sich Brüssel aber schon bei mindestens einem der Beschwerdeführer gemeldet und mitgeteilt, dessen Einwände gegen den Deal zu prüfen. Dabei handelt es sich um den CDU-Bürgerschaftsabgeordneten und Hafenexperten, Götz Wiese. Er möge ergänzend insbesondere mitteilen, ob er seine HHLA-Aktien noch halte, wie hoch er den Schaden pro Aktie berechne und wie sich die Transaktion auf seine Position als Hapag-Lloyd-Aktionär auswirken würde.
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„Der Senat hat beim Thema Beihilfe eine riesige, offene Flanke. Die neutralen Experten haben in mehreren Anhörungen immer wieder erhebliche Zweifel geäußert, der Senat aber hat für den Fall der Nichtigkeit keinen Plan B – und das bei einer der weitreichendsten hafenpolitischen Weichenstellung für die nächsten Jahrzehnte“, sagte Wiese dem Abendblatt. „Unsere Forderung: Die Bürgerschaft darf erst dann abstimmen, wenn das Beihilfeverfahren abgeschlossen ist. Sonst droht Chaos. Bis dahin sollte die HHLA einschließlich der Tochtergesellschaft Metrans neu bewertet werden. Dann wird sich auch zeigen, welche Lösung für den Hafen am besten ist.“