Hamburg. Rebellenangriffe wirken sich negativ auf Lieferketten aus. Betriebsergebnis sinkt um 23,9 Prozent. Was die Vorstandschefin sagt.
Die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) bleibt in der Problemzone. Musste der Hafenkonzern im vergangenen Jahr bereits Umsatzminus und Gewinneinbruch vermelden, hat sich die negative Entwicklung im ersten Quartal 2024 trotz einer leichten Steigerung des Containerumschlags verfestigt. Dabei rutscht das Unternehmen nun sogar ins Minus.
Wegen der allgemeinen Konjunkturschwäche und neuer Störungen der Lieferketten hat sich der Konzernumsatz zwar nur geringfügig um 0,3 Prozent auf 363,6 Millionen Euro verringert. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 364,7 Millionen Euro gewesen. Das Betriebsergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) verringerte sich aber um 23,9 Prozent auf 17,4 Millionen Euro (Vorjahr 22,9 Millionen Euro). Unterm Strich steht nach Anteilen anderer Gesellschafter ein Verlust von 1,1 Millionen Euro.
Hamburger Hafen: Konzern HHLA rutscht in die roten Zahlen
Das von andauernden Krisen und zunehmenden geopolitischen Spannungen geprägte Umfeld habe die weltwirtschaftliche Entwicklung weiter belastet, teilte die HHLA am Mittwoch mit. Zudem wirkten sich der militärische Konflikt im Roten Meer und die daraus resultierenden Schiffsverspätungen und -ausfälle in den europäischen Häfen inzwischen auch auf die Hinterlandverkehre aus.
Mitverantwortlich für den Ergebnisrückgang waren auch inflationsbedingte Kostensteigerungen und der Wegfall zusätzlicher Erträge, die sich im vergangenen Jahr noch durch hohe Lagergelderlöse wegen Schiffsverspätungen ergeben hatten.
HHLA: Neue Störungen in den Lieferketten
„Der Start der HHLA in das Jahr 2024 wurde durch die Störungen in den Lieferketten aufgrund der Situation im Roten Meer und das herausfordernde wirtschaftliche Umfeld abermals erschwert. Schiffe erreichten die Häfen verspätet, was sich auch auf die Containerterminals und die Hinterlandverkehre der HHLA auswirkte“, sagte HHLA-Chefin Angela Titzrath.
Insbesondere ein deutlicher Mengenrückgang beim Weitertransport der Ladung außerhalb des Hamburger Hafens hat das HHLA-Ergebnis belastet. Der Containertransport auf Straße, Schiene und Binnenschiffen reduzierte sich insgesamt um 5,5 Prozent auf 386.000 Standardcontainer (TEU). Im Vorjahreszeitraum waren es 408.000 TEU gewesen. Die Bahntransporte verringerten sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 3,2 Prozent auf 329.000 Boxen.
Containertransport geht um 5,5 Prozent zurück
Von dem Rückgang waren vorwiegend die Verbindungen mit den Seehäfen an der Adria sowie die Verkehre von und nach Polen betroffen. Die Straßentransporte verzeichneten einen Rückgang um 16,8 Prozent auf 56.000 TEU (im Vorjahr: 68.000 TEU).
Positiv konnte die HHLA vermelden, dass der Containerumschlag in den Häfen um 3,3 Prozent auf 1,46 Millionen Standardcontainer (TEU) zulegte, nach 1,41 Millionen TEU im Vorjahr. Nicht etwa Asien, sondern Amerika war dabei der Wachstumstreiber: Das Umschlagvolumen an den Hamburger Containerterminals lag mit 1,4 Millionen TEU um 2,9 Prozent über dem Vergleichswert des Vorjahres.
Insbesondere das Volumen für die Fahrtgebiete Süd-, Mittel- und Nordamerika stieg an. Besonders die Ladungsmengen der USA verzeichneten einen großen Zuwachs. Die Umschlagmenge des Fahrgebiets Fernost ging weiter zurück.
HHLA-Terminal in Tallinn vermeldet Umschlagsplus
Die internationalen Containerterminals des Hamburger Hafenkonzerns verzeichneten einen Anstieg im Umschlagvolumen von 12,7 Prozent auf 63.000 TEU (im Vorjahr: 56.000). Treiber hierfür war der starke Anstieg am Multifunktionsterminal HHLA TK Estonia in Estlands Hauptstadt Tallinn.
Dieses profitierte kurzfristig auch noch von einem besonderen Effekt: Aufgrund eines mehrwöchigen Streiks in den nur drei Fahrtstunden entfernten finnischen Häfen lagerten mehrere Reedereien ihre für Finnland bestimmte Ladung im Hafen von Tallinn zwischen.
HHLA-Chefin erwartet Stabilisierung des Geschäftsverlaufs
An ihrer Prognose für das Gesamtjahr hält Konzernchefin Titzrath fest. Sie rechnet weiter mit einer Stabilisierung des Geschäftsverlaufs und mit einem moderaten Anstieg von Umsatz und Ergebnis. Dabei stehen die Zahlen wegen des geplanten Teilverkaufs unter besonderer Beobachtung.
Wie berichtet, will der Hamburger Senat das Unternehmen von der Börse nehmen. Künftig soll der Hafenkonzern nur noch zwei Gesellschafter haben. Die Stadt, die mit 50,1 Prozent auch weiterhin die Mehrheit an dem Unternehmen haben will und zu 49,9 Prozent die Schweizer Reederei MSC.
Weiter Widerstand gegen Teilverkauf an MSC
Der Senat erhofft sich durch den Einstieg der weltgrößten Reederei eine Stabilisierung des Containerumschlags, mittelfristig ein Wachstum und insgesamt eine progressive Entwicklung des Hamburger Hafens, der in den vergangenen Jahren Marktanteile an seine Konkurrenten in Rotterdam und Antwerpen verloren hat.
Während der Senat und die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen den Deal mit MSC möglichst noch vor der Sommerpause unter Dach und Fach bringen wollen, gibt es in anderen Kreisen erhebliche Bedenken – nicht nur bei den HHLA-Beschäftigten, die einen Ausverkauf ihres Unternehmens befürchten und um ihre Arbeitsplätze bangen.
Hamburger Hafen: FDP führt schwaches Ergebnis auf MSC-Deal zurück
CDU und Linksfraktion in der Bürgerschaft lehnen den Deal ebenso ab. Der ehemalige Wirtschaftssenator und maritime Unternehmer Ian Karan (parteilos) übte am Wochenende bei einer Veranstaltung der CDU Eimsbüttel massive Kritik. „Es ist richtig, private Investitionen in den Hafen zu holen und bei der HHLA hätte längst etwas passieren müssen“, sagte der Container-Unternehmer. „Aber doch nicht so!“ MSC sei bei dem Deal viel zu billig weggekommen.
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Der FDP-Bundestagsabgeordnete und Hafenexperte Michael Kruse gibt sogar dem geplanten MSC-Deal eine Mitschuld an dem schwachen Ergebnis der HHLA: „Die negativen Auswirkungen des MSC-Deals werden bereits vor dem geplanten Abschluss sichtbar. Wenn die HHLA in einem wachsenden Markt Umschlagsmengen auf Schiene und Straße verliert, dann muss der MSC-Deal hinterfragt werden“, sagte Kruse. Seine Begründung: „Die Kunden der HHLA ergreifen bereits die Flucht, denn sie wollen nicht, dass ihre Daten durch den Deal bei der Konkurrenz von MSC landen. Sie ziehen deshalb bereits Ladung von der HHLA und deren Hinterlandverkehren ab.“
Dieser Effekt würde sich bei einem Abschluss des MSC-Deals noch drastisch beschleunigen, so Kruse. Bürgermeister Peter Tschentscher müsse den MSC-Deal stoppen, bevor er dem Hafen und seinem größten Umschlagsunternehmen einen schweren, irreparablen Schaden zufüge. Kruse: „Der Bürgermeister handelt mit dem MSC-Deal gegen die Interessen der Stadt.“