Hamburg. Friseurinnen-Legende zieht mit ihrem Flagship-Salon in der City um. Der Trend geht zu kleineren Standorten. Wie es jetzt weitergeht.
Der Namenszug an der Fassade aus anthrazitfarbenem Schiefer ist vornehm zurückhaltend. Wer sich bei Marlies Möller frisieren lassen will, sucht nicht. Die Adresse am Neuen Wall ist bekannt. Exakte Schnitte, schimmernde Strähnchen oder elegante Wellen – hinter der gläsernen Eingangstür öffnet sich der Flagship-Salon der Hamburger Friseurinnen-Legende mit viel Weiß, Schwarz und einem Hauch Luxus. 45 Plätze auf zwei Etagen mit knapp 50 Beschäftigten, seit 21 Jahren schlägt hier das Herz des kleinen Friseurimperiums für die gehobenen Ansprüche.
Demnächst müssen die Kundinnen sich umgewöhnen. Marlies Möller verlässt die Nobelmeile in der Hamburger Innenstadt. „Wir werden mit dem Salon umziehen“, sagt Christian Möller, der seit Jahren die Geschäfte des Familienunternehmens führt.
Hamburg City: Marlies Möller zieht um – neuer Standort ist noch geheim
Wann und wohin? Das soll im Moment noch nicht in die Öffentlichkeit. Die Verhandlungen für eine neue Fläche in der Umgebung seien kurz vor dem Abschluss, die Verträge aber noch nicht unterzeichnet. „So lange ist das noch nicht spruchreif“, so der 62-Jährige, ganz hanseatischer Kaufmann. Klar ist aber: Der neue Salon wird deutlich kleiner – die Miete damit günstiger. Seit Beginn der Corona-Pandemie steht die gesamte Branche unter Druck. Auch Marlies Möller muss sparen.
Gemeinsam mit seiner Mutter hat Möller zum exklusiven Abendblatt-Termin in die obere Etage des Haar-Tempels geladen. „Als wir 2002 aus der Tesdorpfstraße ausgezogen und an den Neuen Wall gekommen sind, war das eine gute Entscheidung“, sagt die Starfriseurin, die mit 87 Jahren nach wie vor die Fäden im Unternehmen mitzieht. Am Neuen Wall mit schicken Geschäften in Alsternähe, den nahen Hotels und Restaurants sei die Marke gut präsentiert gewesen. „Aber der Salon mit mehr als 700 Quadratmetern ist zu groß und nicht mehr zeitgemäß. Jetzt steht die nächste große strategische Entscheidung an“, erklärt die Grande Dame des Friseurhandwerks, deren Initialen MM für ein mehr als 60-jähriges Lebenswerk stehen.
Hamburg City: Marlies Möller frisierte schon Katja Ebstein und Gitte Hænning
1962 hatte Marlies Möller ihren ersten Salon im Souterrain einer Patriziervilla in Rotherbaum eröffnet. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Manfred im Management baute die Friseurmeisterin, die auch Prominenten wie den Schlagerikonen Gitte Hænning und Katja Ebstein oder auch Gloria Estefan den Kopf wusch, das Unternehmen auf. MM, bekannt für ihre eigene Technik auf Basis des Trockenschnitts, entwickelte ein eigenes Haarpflegekonzept, übernahm Lehraufträge, präsentierte auf Haarmode-Veranstaltungen, trat in TV-Shows auf und wurde vielfach ausgezeichnet. Eine Produktlinie unter ihrem Namen, die bundesweit bei Parfümerien wie Douglas & Co. in den Regalen steht, gehört inzwischen zum österreichischen Unternehmen Troll.
Vor gut 20 Jahren startete mit der Eröffnung eines zweiten Salons in Düsseldorf die Expansion. Aktuell betreibt das Unternehmen Marlies Möller sieben Standorte, davon vier in ihrer Heimatstadt Hamburg. Neuer Wall, Waitzstraße, Alstertal Einkaufszentrum – alle in bester Lage und mit deftigen Mieten. Erst kurz vor Beginn der Corona-Pandemie hatte 2019 der Salon in der Milchstraße in Pöseldorf eröffnet. In Hannover gibt es einmal Marlies Möller, nachdem ein zweiter Laden vor Kurzem wieder geschlossen wurde. Weitere sind in Düsseldorf und in Palma auf Mallorca. Das Unternehmen hat etwa 100 Beschäftigte. Viele, gearbeitet wird im einheitlichen MM-Look, sind seit Jahrzehnten dabei und durch die firmeneigene Friseur-Akademie gegangen.
Marlies-Möller-Salons erholen sich nach Corona Pandemie langsam wieder
„Wir machen gute Umsätze und verdienen Geld“, sagt Geschäftsführer Christian Möller. Konkrete Geschäftszahlen nennt er nicht. Aber er tritt Medienberichten entgegen, nach denen das Unternehmen sich in einer finanziellen Schieflage befindet. „Wir haben 2021 und 2022 Geld verdient“, so der Kaufmann, der seit mehr als 30 Jahren im Unternehmen ist. Allerdings finden sich in der im März dieses Jahres im Bundesanzeiger veröffentlichen Bilanz für das Jahr 2021 auch Verbindlichkeiten in Höhe von mehr als zwei Millionen Euro. Dazu sagt Möller: „Diese Zahlen sind fast zwei Jahre alt. 2021 war noch deutlich durch die Corona-Pandemie gekennzeichnet.“
Wie in der gesamten Branche haben auch in den Marlies-Möller-Salons monatelange Geschäftsschließungen und Hygieneauflagen während der Pandemie Löcher in die Kasse gerissen. „Die gute Nachricht: Unsere Kundinnen sind uns treu geblieben“, sagt Christian Möller. Dass sich auf den Friseurstühlen oftmals Damen jenseits der 40 die Locken drehen lassen, stimme zwar. „Es kommen aber auch wieder mehr jüngere Kundinnen“, sagt der Friseur-Unternehmer.
Hamburg City: Friseurbesuch bei Marlies Möller – das sind die Preise
In der Regel seien die Termine einen Monat im Voraus ausgebucht. Aktuell gäbe es Buchungen bis Weihnachten. Sich spontan frisieren zu lassen, sei nach wie vor nur im Ausnahmefall möglich. „Es gibt Wartelisten.“ Und dass, obwohl die Preise ab 100 Euro für einen Damenschnitt inklusive Föhnen nicht gerade günstig sind. Männer zahlen für neue Fasson auf dem Kopf ab 54 Euro. „Wir sind nicht die teuersten in der Stadt, liegen im mittleren Premiumbereich“, betont Christian Möller.
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Trotzdem ist klar, dass sich etwas ändern muss. „Man muss sich den Herausforderungen stellen“, sagt Gründerin Marlies Möller. Die durchsetzungsstarke Friseurmeisterin, die zum Vorbild für viele Frauen mit eigenem Betrieb wurde, könnte sich in ihrem Alter längst aus dem Geschäft zurückziehen. Sie versuche loszulassen, aber es falle ihr schwer, gibt sie zu. „Jeder Stillstand ist Rückgang. Weiterentwicklung ist einfach ein Muss“, lautet eine ihre Botschaften.
Konkret bedeutet das: kleinere Salons. „Wir haben gemerkt, dass sich Flächen mit 200 bis 300 Quadratmeter gut handeln lassen“, sagt Sohn Christian Möller. Schon Anfang des Jahres hatten die Möllers die erste Etage im Flagship-Salon am Neuen Wall stillgelegt. Dabei spiele auch der Fachkräftemangel zunehmend eine Rolle, sagt er. Marlies Möller bildet selbst schon seit längerem nicht mehr aus, schult aber neue Mitarbeiterinnen konsequent und über Monate nach dem eigenen Konzept. „Anders als andere Unternehmen haben wir noch Bewerbungen. Aber es zeichnet sich ab, dass es schwieriger wird.“
Marlies Möller in der Hamburger City: Termine werden weiter handschriftlich eingetragen
Die Folgen? Da reagiert die Gründerin flexibel. „Wir wollen auch die junge Generation ansprechen. Wenn Föhnen nicht mehr nachgefragt ist, dann Schneiden und Färben wir eben nur noch“, sagt die Frau, die in ihrem Leben nach eigenen Angaben schon 80 verschiedene Frisuren getragen hat, mit blitzenden Augen unter dem langen Pony. „Das Wichtigste ist die Qualität.“
Auch etwas anderes soll sich nicht ändern. Die großen Terminbücher mit Spalten und Reihen bleiben, in die das Empfangsteam jedes Salons alle Verabredungen mit Extras der gehobenen Kundschaft handschriftlich einträgt – und bei Bedarf mehrfach umträgt. Sie werden seit Jahrzehnten eigens nach den Vorgaben der Chefin gefertigt und sind so etwas wie das Logbuch ihres Unternehmens. „So ist es viel persönlicher. Unsere Kundinnen haben spezielle Anforderungen, das kann ein Online-System nicht abbilden“, sagt Marlies Möller.