Hamburg. Laut einer Studie des Ökostromanbieters LichtBlick sind Einsparungen von gut 50.000 Euro über 20 Jahre erreichbar.

Eigenheimbesitzer, die ihr Haus mit einer Photovoltaikanlage auf dem Dach, einem Batteriespeicher und einer Wärmepumpe ausstatten sowie auf ein Elektroauto umstellen, müssen zwar zunächst hohe Investitionen stemmen. Aber gemäß Modellrechnungen des Hamburger Ökostromanbieters LichtBlick können sie dann über einen Zeitraum von 20 Jahren unter dem Strich Energiekosteneinsparungen im fünfstelligen Euro-Bereich gegenüber einem „fossilen“ Haushalt mit Gasheizung, Benzin-Pkw und Netzstrom erzielen.

Einschließlich der Investitionen veranschlagt LichtBlick die Gesamtkosten für die Umstellung eines Einfamilienhauses von 120 Quadratmetern aus dem Jahr 1980 auf 101.000 Euro im Zeitraum von 20 Jahren, wobei nur moderat steigende Strompreise angenommen werden. Bei einem unverändert „fossilen Haus“ komme man hingegen auf 130.000 Euro – es ergibt sich ein Vorteil von 29.000 Euro. Sollten die Marktpreise für Strom und Gas aber kräftig steigen, erhöhe sich die Einsparung auf 51.000 Euro.

Energiewende im Eigenheim entlastet Hausbesitzer kräftig

Bei einem Neubau-Einfamilienhaus von 180 Quadratmetern fallen einer weiteren Beispielrechnung zufolge die Kostenvorteile etwas geringer aus. Sie betragen hier 25.000 Euro bei moderat steigenden Energiepreisen und 44.000 Euro bei deutlich kletternden Preisen.

„Der Umstieg von Öl, Gas und Benzin auf selbst erzeugten Sonnenstrom rechnet sich“, sagt LichtBlick-Sprecher Ralph Kampwirth. „Die hohen Energiepreise beschleunigen die Energiewende im Eigenheim. Wir erleben einen Rekordzubau bei Solaranlagen, Wärmepumpen und Heimspeichern.“ Dabei sind die Bestimmungen des von der Bundesregierung angekündigten „Heizungsgesetzes“ noch nicht berücksichtigt. „Mit einer erhöhten Förderung würde sich die Wirtschaftlichkeit noch verbessern“, so Kampwirth.

Doch die Studie des Unternehmens zeige auch, dass das Potenzial bisher kaum ausgeschöpft werde. So seien etwa von den bundesweit 16,1 Millionen Ein- und Zweifamilienhäusern immerhin elf Millionen für ein „Solardach“ geeignet. Bislang seien 18 Prozent von ihnen damit ausgestattet, zwei Prozentpunkte mehr als zum Zeitpunkt der vorangegangenen Studie im Jahr 2021.

Wärmepumpen-Ausbau müsste noch deutlich zulegen

Bei 1,06 Millionen bis heute installierten Wärmepumpen würden erst rund zehn Prozent des Potenzials genutzt, wobei der Anteil gegenüber 2021 ebenfalls um zwei Prozentpunkte zunahm. „Die Entwicklung zeigt, dass es vorangeht“, sagt René Zerwes, Energiewende-Experte bei LichtBlick. „Es sollten aber nicht nur Krisen der Treiber sein.“

Für Zerwes ist „die Wärmepumpe beim Heizen das neue Normal“. Mit dem bisher erreichten Zubautempo – im vorigen Jahr wurden 236.000 dieser Anlagen neu installiert – lasse sich das Ziel der Bundesregierung von mehr als sechs Millionen Wärmepumpen im Jahr 2030 aber nicht erreichen: „Von 2024 an müssten es schon 500.000 pro Jahr sein.“

Über die Kombination aus einer Photovoltaikanlage und einer Wärmepumpe verfügen bisher gerade einmal 571.000 Häuser. Bei voller Ausschöpfung des Potenzials jedoch könnten nach Angaben von LichtBlick die elf Millionen Eigenheime der Studie zufolge 92 Milliarden Kilowattstunden Sonnenstrom im Jahr erzeugen. Das entspreche 88 Prozent ihres eigenen Energiebedarfs beziehungsweise der Produktion von zehn mittleren Kohlekraftwerken.

Es gibt schon mehr private Ladestationen in den Haushalten als E-Autos

Ein interessantes Detail aus der Studie: Zwar gibt es den Daten zufolge erst 880.000 Elektroautos in Deutschland, von den elf Millionen Ein- und Zweifamilienhäusern sind aber schon 1,27 Millionen mit einer Ladestation dafür versehen. Wegen der großzügigen Förderung hätten sich schon mehr Haushalte eine solche „Wallbox“ angeschafft, als es E-Auto-Nutzer unter ihnen gebe, hieß es dazu.

„Das E-Auto als rollender Stromspeicher wird künftig ein relevantes Thema der Energiewende sein“, sagt Zerwes: „Millionen von Elektroautos und Heimspeicher können dann in virtuellen Kraftwerken zu Großbatterien vernetzt werden.“

Doch um solche Möglichkeiten auch im Hinblick auf eine effiziente Netzsteuerung und -stabilisierung voll ausnutzen zu können, müssen „intelligente“ Stromzähler, die sogenannten Smart Meter, vorhanden sein – und deren Ausbaustand ist laut LichtBlick die „Achillesferse der dezentralen Energiewende“. Denn bisher sei erst gut ein Prozent der Ein- und Zweifamilienhäuser damit ausgestattet.

Die CO2-Einsparung entspricht 60 Flügen von Hamburg auf die Kanaren

Dabei ist diese Technologie die Voraussetzung, um zum Beispiel überschüssigen Sonnenstrom nach Marktpreisen ins Netz einspeisen oder dynamische Tarife für den Reststrombezug nutzen zu können. Werden auch solche Chancen ausgeschöpft, lässt sich nach Berechnungen der LichtBlick-Tochter Ison die Wirtschaftlichkeit in den Modell-Eigenheimen innerhalb von 20 Jahren noch um rund 7000 Euro erhöhen.

Allerdings nützt die Umstellung auf Photovoltaik, Wärmepumpe und E-Auto nicht nur den Eigenheimnutzern in Form von erspartem Geld. Sie sei auch gut für das Klima, so Ison-Managerin Bettina Hinken. Über die 20 Jahre lasse sich damit eine CO2-Menge vermeiden, die dem Klimagasausstoß von 60 Flügen von Hamburg nach Fuerteventura und zurück entspreche.

Energiewende: Bürokratie hemmt die dezentrale Energiewende beträchtlich

Allerdings gibt es nicht nur technische Hürden zu überwinden, um solche Möglichkeiten der dezentralen Energiewende realisieren zu können. So fordert Kampwirth von der Bundesregierung neue Regeln für die Stromvermarktung, die die Besonderheiten der dezentralen Energiewelt berücksichtigen: „Bisher wird jedes Solardach so behandelt wie ein Großkraftwerk. Die Anmeldung der Stromeinspeisung ins Netz ist nicht wirklich digitalisiert und kann zwölf Monate dauern.“

Es sei an der Zeit, die „Kleinstaaterei“ aus 900 Stromnetzbetreibern, die mit der digitalen Energiewende überfordert seien, zu beenden. Eine Lösung könnte nach den Vorstellungen von LichtBlick sein, bundesweit sechs „Stromnetz-Zonen“ nach dem Vorbild der aktuellen Verteilnetzplanung zu schaffen.