Hamburg. 86 Prozent finden neues Personal nicht oder nur schwierig. Aber die gegenwärtige Geschäftslage halten viele Firmen für gut.
Die Hamburger Unternehmen der Metall- und Elektrobranche klagen massiv über den Fachkräftemangel. Für 86 Prozent seien qualifizierte Arbeitskräfte schlecht oder unbefriedigend verfügbar, ergab die Frühjahrskonjunkturumfrage der norddeutschen Arbeitgeberverbände, die unserer Redaktion exklusiv vorlag. 14 Prozent halten die Situation für befriedigend, keiner für gut. In Schleswig-Holstein halten immerhin zwei Prozent die Lage für gut, 23 Prozent für befriedigend.
Der Bedarf ist offenbar da. Gut jeder zweite Metall- und Elektrobetrieb an der Elbe (54 Prozent) will im nächsten Vierteljahr Mitarbeiter einstellen. Im gesamten Norden sind es 46 Prozent – der höchste Wert in mehr als sieben Jahren. Rund 1800 Neueinstellungen seien bis zum Hochsommer zu erwarten, hieß es.
Fachkräftemangel: Hamburger Firmen klagen über massive Probleme
Die Politik sollte sich „endlich intensiver auf die Bekämpfung des Fachkräfte- und Azubi-Mangels konzentrieren“, sagte Nordmetall-Vizepräsident Thomas Piehler. Bis heute gebe es weder einen nennenswerten Zuzug qualifizierter Fachkräfte aus dem Ausland, noch werde das Problem der viel zu geringen Zahl gut gebildeter Bewerber für Ausbildungsplätze durch eine ambitioniertere Schulpolitik ernsthaft angegangen. „Beide Negativfaktoren leisten einen zusätzlichen Beitrag zur Deindustrialisierung Deutschlands“, so Piehler, der zudem eine Vielzahl neuer wirtschaftsfeindlicher Gesetze oder Regelungen beklagte.
Für 61 Prozent der Betriebe habe sich die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Deutschland im vergangenen halben Jahr verschlechtert. Das sei der zweithöchste Wert in sieben Jahren. Neue Gesetze bewerten 45 Prozent als erschwerende Wirtschaftsfaktoren, mehr als doppelt so viele wie vor einem Jahr. Hauptbelastungsfaktoren sind aber nach wie vor die hohen Energie-, Material- und Arbeitskosten.
Drei von fünf Hamburger Firmen halten Geschäftslage für gut
Allerdings geht es wirtschaftlich in den Betrieben aufwärts: In Hamburg bewerten 62 Prozent der Unternehmen die gegenwärtige Geschäftslage als gut. Das ist der Topwert unter den fünf norddeutschen Ländern und deutlich höher als der Schnitt von 47 Prozent. Als schlecht oder unbefriedigend beurteilen sowohl in der Hansestadt als in Norddeutschland jeweils zusammen 14 Prozent die Lage.
Für fast jedes zweite Unternehmen im Norden reicht die Auftragslage für mindestens sechs Monate. Im Luft- und Raumfahrtbau um den beherrschenden Konzern Airbus gab es mit rund drei Jahren den Topwert. Rund ein Fünftel der Betriebe ist durch Lieferengpässe noch stark oder sehr stark in der Produktion eingeschränkt – im Herbst war es noch jeder dritte Betrieb.
Fachkräftemangel: Viele Hamburger Unternehmen wollen Lieferketten umstellen
Fast jedes zweite Hamburger Unternehmen will seine Lieferketten auf neue Handelspartner umstellen und Abhängigkeiten verringern. Das ist der höchste Wert im Norden, der Schnitt liegt bei 26 Prozent. Gut jedes fünfte Unternehmen in der Hansestadt blickt positiv in die Zukunft und erwartet eine bessere Geschäftslage im nächsten halben Jahr. Im norddeutschen Schnitt ist dies ähnlich.
„Der Weltmarkt fragt unsere hochklassigen norddeutschen Metall- und Elektroprodukte wieder verstärkt nach“, sagte Piehler, forderte aber bessere Rahmenbedingungen aus der Politik.
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Für die Inflationsrate dürfte es aus der Branche keine Entlastung geben. Die Verkaufspreise müssten im Schnitt um 14 Prozent steigen, um die aktuellen Preissteigerungen auszugleichen, ergab die Umfrage unter 159 Unternehmen mit rund 109.000 Beschäftigten.