Hamburg. Hinter den Hamburger Stadtgrenzen haben Käufer gegenüber Mietern schnell einen Vorteil – die Ergebnisse für acht beliebte Umlandkreise.
Angesichts steigender Mieten fragen sich Hamburger immer häufiger: Mieten oder Kaufen? Langfristig rechnet sich das auch für die teure Metropole, wie Vergleichsrechnungen zusammen mit der Stiftung Warentest gezeigt haben. Aber hinter den Hamburger Stadtgrenzen kommen Mieter schneller zum Ziel. Sie sind als Käufer schneller im Vorteil gegenüber Mietern und haben auch eine deutlich niedrigere monatliche Belastung bei den Wohnkosten.
Das ergibt sich aus einer neuen Studie des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) und der Postbank zu Eigentumswohnungen. Zusammen mit den Ergebnissen aus dem Vergleichsrechner der Stiftung Warentest zeigt sich, dass die Käufer in der Regel bereits nach vier bis sechs Jahren bei ihrem Vermögen (Immobilie minus Restschulden) besser dastehen als die Mieter, die das Eigenkapital verzinst (drei Prozent) anlegen.
Immobilien Hamburger Umland: Nach vier bis sechs Jahren sind Käufer im Vorteil gegenüber Mietern
In den Kreisen Stade und Steinburg sind Käufer schon nach vier Jahren im Vorteil, in den Kreisen Herzogtum-Lauenburg, Segeberg und Lüneburg nach fünf Jahren und in den Kreisen Pinneberg und Stormarn nach sechs Jahren. Ein Käufer in Hamburg kommt erst nach zehn Jahren in einen Vorteil gegenüber dem Mieter. Nach vier oder zehn Jahren liegt der Vorteil beim Vermögen bei einigen Tausend Euro, summiert sich aber nach 30 Jahren auf einen sechsstelligen Betrag.
Der Einzug in die eigenen vier Wände wird jetzt attraktiver, weil sich der seit Jahren bestehende Trend, dass die Kaufpreise stärker als die Mieten steigen, umgekehrt hat: Die Nettokaltmieten verteuerten sich nach der HWWI-Studie im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr im Durchschnitt über alle Landkreise und kreisfreien Städte um 4,9 Prozent, bei den Kaufpreisen ergab sich hingegen ein Minus von 4,2 Prozent nominal.
Die Mieten steigen und die Kaufpreise fallen
Das zeigt sich auch im Hamburger Umland. Die stärksten Preisrückgänge gab es im vergangenen Jahr bei Eigentumswohnungen aus dem Bestand mit jeweils 9,1 Prozent in den Kreisen Pinneberg und Steinburg. Dagegen stiegen die Mieten in Pinneberg um 4,6 Prozent und in Steinburg sogar um 6,3 Prozent, den höchsten Wert unter allen Umlandkreisen. In Hamburg stiegen die Mieten um 4,1 Prozent, und die Angebotspreise fielen um 6,8 Prozent, so die HWWI-Studie.
Die Entwicklung der steigenden Miet- und sinkenden Kaufpreise spiegelt sich auch im sogenannten Vervielfältiger wider, eine Kennziffer für Immobilienprofis. Sie bildet ab, wie viele Jahresnettokaltmieten für eine vergleichbare Eigentumswohnung zu bezahlen wären. Bundesweit sank dieser Faktor über alle Landkreise und kreisfreien Städte um 2,6 auf 26,3 Jahresnettokaltmieten. Alle Kreise im Hamburger Umland bis auf Lüneburg (28,1) liegen noch unter diesem Wert.
Hamburg hat den höchsten Kaufpreisfaktor von allen Metropolen
Die meisten Kreise haben einen Wert von rund 25 wie Segeberg, Herzogtum- Lauenburg, Harburg oder Stade. Am niedrigsten liegt der Wert im Kreis Steinburg mit 21 Jahresnettokaltmieten. Den höchsten Wert im Umland erreicht neben Lüneburg der Kreis Stormarn mit 26,1. „Die Ertragschancen für Selbstnutzer sind umso höher, je niedriger der regionale Vervielfältiger ist und je höher die erwartete künftige reale Preissteigerung ausfällt“, sagt Manuel Beermann, verantwortlich für das Immobiliengeschäft der Postbank. Nach der Studie kennzeichnet ein Wert von 27,5 ein hohes Preisniveau.
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Das gilt vor allem für Hamburg. Denn die Stadt hat mit 38,9 den höchsten Vervielfältiger oder Kaufpreisfaktor von allen sieben großen Metropolen. Zwar gab es im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang um 4,5 Jahresnettokaltmieten, aber am Spitzenniveau ändert das nichts. Sieht man von den Kreisen mit den niedrigsten Preisen ab, so ist Hamburg bei Eigentumswohnungen aus dem Bestand fast doppelt so teuer wie der Durchschnittswert in vielen Umlandkreisen.
Im Kreis Stade ist der Kauf nur 107 Euro teurer als die Miete
Ausgangspunkt für die Berechnungen war der Kauf einer 80 Quadratmeter großen Wohnung. Die kostet in Hamburg fast 500.000 Euro, im Kreis Herzogtum-Lauenburg 329.920 Euro und im Landkreis Stade 226.480 Euro, das zweitgünstigste Angebot nach Steinburg. Teuer ist sie noch im Kreis Stormarn mit 279.200 Euro und im Landkreis Lüneburg mit 284.320 Euro.
Bis auf einen Kreis liegt die monatliche Belastung aus Zins und Tilgung über der Kaltmiete, die aber jährlich um angenommene drei Prozent steigt. In Stormarn muss der Käufer dafür 195 Euro mehr als die Kaltmiete aufwenden, also 1085 Euro. Im Landkreis Lüneburg, wo die Wohnung am teuersten ist, zahlt der Käufer mit seiner Rate von 1084 Euro 240 Euro mehr als für die Miete. Deutlich niedriger ist die Mehrbelastung in den Kreisen Herzogtum-Lauenburg (146 Euro), Segeberg (144 Euro), Harburg (136 Euro) und Stade (107 Euro).
Im Kreis Steinburg kostet die Finanzierung der Wohnung weniger als die Miete
Dagegen ist in Hamburg die Differenz zwischen Miete und Finanzierungsrate besonders groß. Während die Kaltmiete bei 1066 Euro liegt, beträgt die Finanzierungsrate 2060 Euro. Ursache dafür ist der hohe Vervielfältiger: 38,9 Jahresnettokaltmieten sind erforderlich, um den Kaufpreis zu bezahlen.
Im Kreis Steinburg mit den niedrigsten Immobilienpreisen, aber der höchsten Mietpreissteigerung kostet der Kauf 14 Euro weniger als Miete mit 646 Euro. Der Grund ist der niedrige Vervielfältiger von 21 Jahresnettokaltmieten.
Käufer haben 30 Prozent Eigenkapital und wählen eine Zinsbindung über 30 Jahre
Aber gerade in diesem Kreis haben die Experten des HWWI Risiken für den Immobilienkäufer ausgemacht: Die Bevölkerung schrumpft, und für die Zukunft werden keine steigenden Immobilienpreise erwartet – im Gegensatz zu den anderen Kreisen. Damit kann auch die Mietpreissteigerung ausbleiben und sich der Vorteil für den Käufer verringern. „Wer ein potenzielles Kaufobjekt bewertet, sollte neben dem Verhältnis von Preis und Miete auch die künftige Preisentwicklung heranziehen“, sagt Postbank-Experte Beermann.
Unterstellt wurde für die Finanzierung ein Eigenkapital von 30 Prozent auf die Gesamtinvestition, also Kaufpreis plus Erwerbsnebenkosten, ein Zins von vier Prozent für eine Laufzeit von 30 Jahren und eine Tilgung von zwei Prozent. Wer nur eine Zinsbindung von zehn Jahren wählt, kommt mit einem Zins von 3,50 Prozent aus und hat niedrigere Raten, etwa 40 Euro im Monat weniger pro 100.000 Euro Kreditsumme.
Immoblilien Hamburger Umland: Nach 30 Jahren haben Käufer mindestens 400.000 Euro mehr als Mieter
Für den Vergleich zwischen Käufer und Mieter müssen aber auch noch andere Faktoren berücksichtigt werden. Der Käufer muss im Gegensatz zum Mieter Rücklagen für die Instandhaltung bilden. Im ersten Jahr ist das ein Prozent des Immobilienwertes, jährlich steigend um zwei Prozent. Auch Steuern auf die Geldanlage werden in einem pauschalisierten Verfahren berücksichtigt, nicht aber die Inflation. Der Mieter kann sein „Eigenkapital“ anlegen. Außerdem unterstellt der Vergleichsrechner der Stiftung Warentest, dass der Mieter auch den Differenzbetrag, den er gegenüber dem Mieter spart, monatlich anlegt. Mit der Zeit wird er aber geringer, weil die Miete steigt.
Der Rechner schlägt eine Ersparnis gegenüber dem Käufer dem Vermögen des Mieters zu, eine Mehrbelastung gegenüber dem Käufer wird von seinem Vermögen abgezogen. Das Vermögen des Käufers besteht aus dem Immobilienwert, abzüglich der Restschuld für den Kredit.
Nach 30 Jahren haben alle Käufer einen deutlichen Vorteil gegenüber den Mietern. Würde die Immobilie verkauft und der Vermögensstand zwischen Mietern und Käufern verglichen, haben die Käufer mit Ausnahme von denen im Kreis Steinburg einen Vorteil von mindestens 400.000 Euro. Eine Gewissheit für diese Entwicklung gibt es nicht, denn die Realität hält sich nicht an Modellrechnungen. Aber der Vorteil der Eigentümer wird deutlich, auch wenn es am Ende ein paar Tausender weniger sein sollten.