Hamburg. Kritik an hohen Preisen an öffentlichen Ladesäulen wird lauter. Wie die Situation in Hamburg ist und mit welchem Trick man sparen kann.
Bis zum vorigen Jahr hatten Elektroautos gegenüber Verbrennern in der Regel einen Betriebskostenvorteil, denn der Ladestrom war günstiger als Benzin oder Diesel. Doch zumindest für Fahrer, die häufig öffentliche Ladesäulen nutzen müssen, gilt das jetzt nicht mehr.
Während Benzin (Super E10) seit Juni 2022 laut dem Statistikportal Statista um 17 Cent je Liter billiger geworden ist, kostet Ladestrom nach dem Tarif „Horizont Mobil“ der Hamburger Energiewerke seit zwei Jahren unverändert 49,90 Cent je Kilowattstunde (kWh). Dabei hat sich der durchschnittliche Haushaltsstrompreis dem Vergleichsportal Verivox zufolge gegenüber 2022 um 13 Prozent auf 37,37 Cent pro kWh verringert – für Neukunden berechnen die Versorger aktuell sogar nur noch rund 26 Cent.
Regelrecht empört über diese Situation ist der Hamburger Elektroautofahrer Julius Hirsch *): „Ich war jetzt in ganz Europa unterwegs, und so langsam kann man die Hamburger Preise als Skandal bezeichnen. Uns werden hier immer noch 50 Cent aus der Tasche gezogen, obwohl die Strompreise wieder massiv gesunken sind.“ Selbst der Tesla-Supercharger am Brenner-Pass sei günstiger. Tatsächlich zahlen Tesla-Fahrer dort aktuell 48 Cent je kWh.
Ist Ladestrom für E-Autos in Hamburg mittlerweile zu teuer?
Auch in einer Untersuchung des Hamburger Ökostromanbieters LichtBlick kommt die Hansestadt im Hinblick auf die Ladekosten von E-Autos nicht gut weg. Für den jährlichen „Ladesäulencheck“ ermittelt LichtBlick, wie viel es kostet, bei einem Volkswagen ID.3 weitere 100 Kilometer Reichweite aufzuladen (20 kWh). Es geht dabei um die Tarife für das „Laden unterwegs“ – also die Preise, die für Nicht-Vertragskunden gelten.
Bei den Hamburger Energiewerken kommt LichtBlick so auf Kosten von 60 Cent je kWh einschließlich einer pauschalen Ladegebühr von 1,99 Euro für „Direct Pay“. Damit liegen die Hamburger oberhalb des Durchschnitts aus den Preisen von 13 regionalen und überregionalen Anbietern aus dem gesamten Bundesgebiet. Dieser Mittelwert beträgt 55 Cent je kWh für das „Tanken“ an Wechselstrom-Säulen (Ladeleistung bis 22 kW).
Teuerster Anbieter ist demnach Mainova (64 Cent), am unteren Ende der Spanne rangieren die EWE aus Oldenburg, RheinEnergie aus Köln und die Stadtwerke München mit jeweils 49 Cent. Interessant dabei ist: Gegenüber dem Vorjahr hat sich der Durchschnittspreis sogar von 52 Cent auf 55 Cent je kWh erhöht, obwohl ja Haushaltsstrom zuletzt günstiger geworden ist.
LichtBlick: Die Hamburger Energiewerke haben einen Ladesäulen-Marktanteil von 86 Prozent
David Kappenberg, Sprecher der Hamburger Energiewerke, erklärt dazu: „Die Preise von Haushaltsstrom und Ladestrom sind nicht zu vergleichen.“ Der Preis an öffentlichen Ladesäulen enthalte neben den tatsächlichen Stromkosten auch den Aufwand „für den Aufbau, den technischen und kaufmännischen Betrieb sowie die regelmäßige Wartung und Prüfung der Ladesäulen“. Bei privatem Laden an einer sogenannten Wallbox entfielen diese Preiskomponenten.
LichtBlick hingegen weist auf einen ganz anderen Faktor hin: „Ein Hauptgrund für die gestiegenen Preise an öffentlichen Normalladesäulen ist die Monopolbildung im Markt.“ Lokale Monopolisten hätten über Jahre hinweg ihre hohen Anteile im Markt verfestigen können: „Diese Monopolisten sind in der Regel die jeweiligen lokalen Energieversorger, die mit dem örtlichen Stromnetzbetreiber konzernrechtlich verbunden oder selbst Stromnetzbetreiber sind.“ Marktanteile von über 80 Prozent bei Normalladepunkten stellten den Normalfall dar – für Hamburg kommt LichtBlick bei seinen Berechnungen auf eine Quote von 86 Prozent. Tatsächlich hat eine Tochter der Hamburger Energiewerke zu Jahresanfang die fast 1600 städtischen Ladepunkte von Stromnetz Hamburg übernommen.
Kappenberg hält dem entgegen: „In Hamburg können E-Mobilisten aus mehr als 60 Anbietern mit Ladekartenangebot frei wählen, darunter die Hamburger Energiewerke mit ihrem Tarif ‚Horizont Mobil‘ wie auch LichtBlick.“ Nur gerade einmal acht Prozent aller mehr als 100.000 Ladevorgänge an den eigenen Säulen entfielen auf das sogenannte „Ad-hoc-Laden“ ohne vorherige Registrierung, auf das sich die LichtBlick-Studie bezieht.
In der Mittelklasse sind E-Autos nicht mehr generell wirtschaftlicher
Jedoch ändert das nicht generell etwas an dem von LichtBlick kritisierten Preistrend. „Die Preise an den Tank- und Ladesäulen sorgen bei Autofahrerinnen und Autofahrern für Fehlanreize und fördern damit klimaschädliches Verhalten“, sagt Markus Adam, Chefjurist von LichtBlick. Für eine Reichweite von 100 Kilometern fielen Kosten in Höhe von 11,10 Euro für eine Stromladung an – beziehungsweise sogar 13,11 Euro an Schnellladesäulen –, während für ein Verbrenner-Auto bei sechs Litern Benzinverbrauch die gleiche Strecke nur 10,38 Euro koste. „Klimaschädliches Tanken ist damit günstiger als Laden unterwegs“, so Adam. Das mache den Umstieg auf Elektromobilität auch langfristig unattraktiver.
Insgesamt haben sich die finanziellen Rahmenbedingungen für sie in diesem Jahr erheblich verschlechtert. Hauptgrund dafür ist die überraschende Entscheidung der Bundesregierung aus dem Dezember 2023, den „Umweltbonus“ von bis zu 4500 Euro auf den Kauf von neuen Elektroautos mit praktisch sofortiger Wirkung wegfallen zu lassen. Das hatte erhebliche Auswirkungen auf die relative Wirtschaftlichkeit dieser Fahrzeuge.
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Denn der Wertverlust ist nach Berechnungen der Experten des Automobilclubs ADAC „bei jeder Antriebsart der größte Kostentreiber“ – und durch die Streichung der staatlichen Förderung hat sich der vom Käufer anzusetzende effektive Neupreis eben deutlich erhöht. Während es noch im Mai 2023 vom ADAC hieß, unter Berücksichtigung aller Kosten lohne sich zumindest in der Mittelklasse bei einer Jahresfahrleistung von 15.000 Kilometern und einer Haltedauer von fünf Jahren der Umstieg auf ein E-Auto „fast immer“, ist das jetzt nicht mehr so. Einer neuen Berechnung aus dem April 2024 zufolge schneidet nur noch in manchen Fällen das Elektrofahrzeug günstiger ab, „meist aber das vergleichbare Modell als Benziner oder Diesel“.
*) Name geändert