Hollenstedt. Verleger aus Hamburger Umland wurde vom Meta-Konzern in der Reichweite beschränkt, mit wirtschaftlichen Folgen. Vorwurf klingt absurd.

Als Stefan Kruecken am vergangenen Freitagmittag bei Facebook einen Post verfassen will, ploppt eine Benachrichtigung auf: Er habe mit der Facebook-Seite von seinem Indie-Verlag Ankerherz gegen die Richtlinien verstoßen. Die Konsequenz: Die Seite, der fast 250.000 Menschen folgen, wurde in ihrer Reichweite eingeschränkt. Kruecken ist überrascht – vor allem über den Grund, den Facebook nennt: „Offenbar hast du intime Bilder von anderen ohne deren Zustimmung bzw. Inhalte, die sexuelle Gewalt zeigen, geteilt oder verschickt.“

Wegen Trump-Artikel: Hamburger Verlag bei Facebook abgestraft

Doch in dem vom sozialen Netzwerk beanstandeten Beitrag geht es weder um intime Bilder noch um sexuelle Gewalt, sondern um Donald Trump. Genauer: um Donald Trumps Gerichtsprozess um Schweigegeldzahlungen an Porno-Darstellerin Stormy Daniels. Der Indie-Verleger hatte am 30. Mai 2024 einen Artikel der Zeitung „New York Times“ bei Facebook veröffentlicht. „Trump guilty on all counts“, lautete die Überschrift. Dazu schrieb Kruecken von Ankerherz: „Schuldig in 34 Anklagepunkten. Ein historischer Tag.“

Stefan Kruecken leitet den Verlag Ankerherz. Der Indie-Verlag sitzt in Hollenstedt vor den Toren Hamburgs.
Stefan Kruecken leitet den Verlag Ankerherz. Der Indie-Verlag sitzt in Hollenstedt vor den Toren Hamburgs. © Markus Čolić (geboren Wustmann) | Markus Čolić (geboren Wustmann)

Es ist nicht das erste Mal, dass Kruecken sich bei Facebook zu Nachrichten oder dem politischen Zeitgeschehen äußert. Zwar verorte sich der Verlag ausdrücklich nicht parteipolitisch, so Kruecken. „Aber wir positionieren uns klar gegen die AfD.“ Das führte in der Vergangenheit immer wieder zu Anfeindungen, Drohungen und Beleidigungen gegen Kruecken und seine Familie. Mehrmals habe der 49-Jährige dies bei Facebook gemeldet – passiert sei nie etwas.

Vermutung des Verlegers: Haben rechte Trolle seine Seite gemeldet?

Nun vermutet der Buchverleger, dass sich rechte Trolle verabredet haben und gemeinsam seinen Beitrag zum Trump-Prozess gemeldet haben könnten. „Massenmeldungen sind ein beliebtes Mittel, um Menschen mundtot zu machen“, sagt der Verleger und Autor. Vor allem den Zeitpunkt der Sperrung hält er für keinen Zufall: zwei Tage vor der Europawahl. „Ein politisches Statement vor der Wahl war so nicht möglich“, so Kruecken.

Weitere Wirtschaftsthemen

Den Beitrag zum Trump-Prozess hat Facebook inzwischen gelöscht. Krueckens Reichweite wurde mehrere Tage massiv gedrosselt. Das hatte für den Verlag auch wirtschaftliche Folgen. Die Facebook-Seite ist Krueckens Hauptkanal, zwischenzeitlich konnte der Verleger mit seinen Beiträgen nur noch etwa ein Prozent seiner Follower erreichen. Davon seien auch Werbeanzeigen betroffen gewesen, so Kruecken. „Das schadet uns wirtschaftlich massiv.“

Ankerherz-Verlag: Gedrosselte Reichweite „schadet uns wirtschaftlich massiv“

Ansprechpersonen bei Facebook, das zum Meta-Konzern gehört, konnte Kruecken nur über persönliche Umwege erreichen. Mit Erfolg: Seit Mittwochmittag ist die Einschränkung seiner Seite wieder aufgehoben. „Tatsächlich war der Account fälschlicherweise eingeschränkt“, teilte die Pressestelle von Facebook am Mittwochmittag auf Abendblatt-Anfrage mit. Für Kruecken ist die Angelegenheit noch nicht vorbei. Dass Accounts wie seiner irrtümlich eingeschränkt werden, hält der 49-Jährige für „demokratiegefährdend“. Die drängendste Frage, die er sich stellt, lautet aber: Kann sich so etwas wiederholen?