Hamburg. Bank reduziert erstmals Konditionen und folgt einer besonderen Strategie. Mit welchem Zins Kunden im nächsten Jahr rechnen können.
Der Neobroker Trade Republic, der auch bei vielen jungen Hamburgern beliebt ist, gibt die jüngste Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) voll an seine Kunden weiter. Ab Mittwoch wird es keine vier Prozent Zinsen mehr auf das Tagesgeldkonto geben.
„Trade Republic wird ab 12. Juni allen Neu- und Bestandskunden einen jährlichen Zins von 3,75 Prozent auf das verfügbare Geldguthaben zahlen. Die Zinsen werden weiterhin tagesaktuell berechnet und monatlich ausgezahlt“, sagt ein Sprecher der Bank auf Anfrage des Abendblatts.
Geldanlage: Erste Zinssenkung der EZB wird an Kunden weitergegeben
Die EZB hatte in der vergangenen Woche nach einer beispiellosen Serie von Zinserhöhungen erstmals die Zinsen wieder gesenkt. Nach knapp neun Monaten auf Rekordhoch verringerte die Zentralbank den Einlagenzins, den Banken für geparkte Gelder erhalten, um 0,25 Prozentpunkte auf 3,75 Prozent. Dieser Zins ist vor allem für kurzfristige Einlagen wie Tagesgeld relevant.
Trade Republic hatte immer betont, bei der Verzinsung des nicht investierten Geldes der Kunden sich an der Zinspolitik der EZB zu orientieren. Das wurde jetzt auch umgesetzt. Deshalb müssen sich die Kunden auf weitere Zinssenkungen im Verlauf des Jahres einstellen. Die Commerzbank erwartet in einer Studie zur Zinspolitik der EZB für die kommenden drei Quartale weitere Zinssenkungen um jeweils 25 Basispunkte, womit der EZB-Einlagensatz Anfang nächsten Jahres bei drei Prozent läge.
Anfang des Jahres könnte der Zins bei nur noch drei Prozent sein
Setzt Trade Republic seine Zinsanpassungen konsequent fort, müssten sich die Kunden auch eine Verzinsung von nur noch drei Prozent im nächsten Jahr einstellen. Nach Einschätzung der Commerzbank wären dann aber die Zinssenkungen der EZB erst einmal gestoppt.
„Danach sehen wir keine weiteren Zinssenkungen. Man kann also nicht von einem echten Zinssenkungszyklus sprechen“, sagt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. „Wegen der bis zuletzt stark steigenden Löhne dürfte sich die Inflation am Jahresende eher bei drei Prozent als bei zwei Prozent einpendeln.“ Weitere Zinssenkungen sind kaum noch möglich, wenn die Inflationsdaten wieder anziehen.
Trade Republic behauptet sich weiterhin unter Spitzenanbietern
Mit einem Zins von 3,75 Prozent steht Trade Republic weiterhin mit an der Spitze bei den Anbietern für Tagesgeld. Deutlich höhere Zinsen mit vier Prozent bietet lediglich der niederländische Anbieter Bunq. Allerdings nur für vier Monate, danach sinkt der Zins auf 1,56 Prozent.
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Obwohl Trade Republic mit vier Millionen Kunden als kostengünstiger Broker für Aktien, Anleihen und ETF groß geworden ist, ist der Kauf von Wertpapieren keine Voraussetzung für die Nutzung des Tagesgeldes. Das gleichzeitig eingerichtete Depot ist komplett kostenfrei. Inzwischen bietet Trade Republic als Vollbank auch ein Girokonto und eine Kreditkarte an.
Kunde muss Verzinsung aktiv einstellen – Bank achtet auf religiöse Gründe
Gezahlt wird die Verzinsung von aktuell 3,75 Prozent bis zu einer Einlage von 50.000 Euro. Kunden müssen aber berücksichtigen, das Trade Republic die Kundengelder auf vier verschiedene Banken verteilt, ohne dass der Kunde darauf Einfluss nehmen kann.
Diese Praxis stammt noch aus der Zeit, als Trade Republic noch keine Vollbanklizenz hatte. Außerdem muss der Broker so keine Erlöse mit den Kundengeldern selbst generieren, sondern erhält von den Partnerbanken eine Vergütung, die an die Kunden weitergereicht wird. Es handelt sich um die Deutsche Bank, die J.P. Morgan SE, die Citibank Europe und die HSBC Continental Europe S.A. Damit unterliegen die Guthaben entweder der deutschen oder der irischen Einlagensicherung.
Um die Zinsen auch wirklich zu bekommen, müssen die Anleger nach der Überweisung des Geldes aktiv werden. Denn wer sein Guthaben verzinst haben möchte, muss die Verzinsung im Reiter „Cash“ der App erst noch einmalig aktivieren. Der entsprechende Button in der rechten unteren Ecke des Bildschirms ist auffällig farblich markiert. Wer diese Bestätigung nicht vornimmt, geht leer aus. Einem Sprecher des Neobrokers zufolge kommt der Neobroker damit vereinzelten Wünschen seiner Kundschaft nach, die die Verzinsung ihres Kapitals teilweise aus religiösen Gründen ablehnt.