Hamburg. Warnstreik hat massive Auswirkungen auf die Terminals. Derweil verlangt Gruppe von Arbeitern mehr als ihre eigene Gewerkschaft.

Im Hamburger Hafen stehen die Kräne am Freitag still. Mit Beginn der Frühschicht um 6 Uhr hat die Gewerkschaft Ver.di die rund 6000 Hamburger Hafenarbeiterzu einem Warnstreik aufgerufen. Auf allen großen Terminals wurde die Arbeit niedergelegt. Hintergrund ist die aktuelle Tarifauseinandersetzung.

Die Streikbeteiligung sei hoch, sagte ein Sprecher der Gewerkschaft Ver.di am Morgen. Seit Streikbeginn um 5.30 Uhr sei der Betrieb im Umschlag und in weiteren Arbeitsbereichen des Hafens erheblich eingeschränkt. Der Warnstreik soll bis in den späten Abend dauern.

Hamburgs Hafen steht durch Warnstreik still – 18,7 Prozent Lohnplus gefordert

Hamburgs größter Hafenkonzern, die Hamburger Hafen und Logistik AG, bestätigte, dass es zu erheblichen Beeinträchtigungen gekommen sei. „Der Betrieb an den Terminals wird heute größtenteils streikbedingt ruhen“, sagte eine HHLA-Sprecherin. Ein Notdienst vor Ort werde sichergestellt. Die HHLA habe ihre Kunden und Partnerunternehmen entsprechend informiert.

Streikende stehen Fahnen schwenkend vor dem Hauptgebäude des Containerterminals Burchardkai.
Streikende stehen Fahnen schwenkend vor dem Hauptgebäude des Containerterminals Burchardkai. © dpa | Bodo Marks

Auch Eurogate teilte den Kunden mit, dass wegen des Streiks Tourenplanungen und Terminbuchungen zum Anliefern und Abholen von Containern nicht möglich seien.

Einzelne Hafenarbeiter stellen sich gegen Gewerkschaft

Um 10 Uhr versammelten sich rund 1000 Hafenarbeiter zu einer Kundgebung vor dem Containerterminal Burchardkai. Dabei sagte Ver.di-Verhandlungsführerin Maren Ulbrich, die Arbeitgeber hätten mit ihrem viel zu niedrigen Verhandlungsangebot Streiks provoziert. „Das Angebot, das die Arbeitgeber vorgelegt haben, ist völlig unzureichend. Es bedeutet für die Beschäftigten keinen echten Reallohnzuwachs, und die soziale Komponente ist auch absolut unzureichend.“

Die Containertransportwagen (Van-Carrier) stehen am Freitag still. Die Hafenarbeiter protestieren davor.
Die Containertransportwagen (Van-Carrier) stehen am Freitag still. Die Hafenarbeiter protestieren davor. © dpa | Bodo Marks

Die Gewerkschaft fordert für jeden Hafenarbeiter drei Euro pro Stunde mehr. Das sind 522 Euro im Monat. Zusätzlich sollen die Schichtzuschläge angehoben werden. Doch nicht alle Hafenarbeiter sind damit einverstanden. Am Mittag versandte ein Lademeister der HHLA stellvertretend für eine Gruppe von Hafenarbeitern ein Schreiben, in dem eine pauschale Forderung von 18,77 Prozent mehr Lohn erhoben wird.

Forderung nach 18,77 Prozent mehr Lohn

Die addierte Inflation für den Zeitraum zwischen dem letzten Tarifabschluss von 2022 bis Mitte 2024 betrage 16,77 Prozent. „Um nicht nur den Inflationsausgleich zu erreichen, sondern auch real um 2 Prozent mehr zu verdienen, haben wir berechnet, dass eine Lohnerhöhung von insgesamt 18,77 Prozent notwendig ist“, heißt es in dem Schreiben, das dem Abendblatt vorliegt.

Die aktuellen Forderungen der Gewerkschaft Ver.di nach einer Erhöhung der Stundenlöhne um drei Euro würden nicht ausreichen, den Kaufkraftverlust zu kompensieren. Bei den höheren Lohngruppen würde die Anhebung ein Plus von weniger als 10 Prozent bedeuten und bei den niedrigeren Lohngruppen etwa 14 bis 15 Prozent erreichen.

Ver.di weist Zusatzforderungen zurück

Verhandlungsführerin Ulbrich wies das zusätzliche Ansinnen einzelner Hafenarbeiter zurück. „Die Forderung von drei Euro pro Stunde mehr Lohn ist gut begründet und breit abgestimmt. Es hat dazu eine Mitgliederbefragung gegeben, die Bundestarifkommission hat auf Grundlage ihrer umfangreichen Auswertung diese Forderung beschlossen“, sagte sie auf Nachfrage des Abendblatts.

Gerade die unteren Lohngruppen würden gestärkt: Für die untersten Lohngruppen in der Autoverladung sei man bei einem Plus von mehr als 18 Prozent.

Wirtschaftliche Lage der Betriebe schwierig

Dem Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) ist schon das zu viel. Dessen Angebot sieht vor, dass die Grundstundenlöhne der Seehafenarbeiter ab dem 1. Juni 2024 um 2,5 Prozent angehoben werden. Für die unteren Lohngruppen bietet der ZDS als soziale Komponente einen festen Mindestbetrag an, der nach eigenen Worten einer Steigerung von mehr als drei Prozent entspricht. „In Verbindung mit dem sehr hohen Tarifabschluss aus 2022 bildet dieses Angebot trotz der zwischenzeitlich hohen Inflationsraten eine Reallohnsteigerung für alle Einkommensgruppen ab”, sagte der ZDS-Hauptgeschäftsführer Daniel Hosseus.

Auch auf dem Container-Terminal von Eurogate wurde die Arbeit niedergelegt.
Auch auf dem Container-Terminal von Eurogate wurde die Arbeit niedergelegt. © dpa | Christian Charisius

Nach dessen Worten befinden sich die Betriebe in den Seehäfen in einer wirtschaftlich schwierigen Lage. Neben den Auswirkungen der vielfältigen aktuellen Krisen und deren wirtschaftlichen Konsequenzen würden sie mit diversen Transformationsprozessen, wie der Energiewende, konfrontiert.

Arbeitgeber hoffen auf rasche Einigung

„Für deren Bewältigung sind erhebliche Investitionen in Anlagen und Qualifizierung von Beschäftigten notwendig. Der hohe internationale Wettbewerbsdruck verlangt zusätzlich nach Steigerungen von Effizienz und Produktivität in den Häfen“, hieß es in einer Erklärung des ZDS.

Auf Basis der bisher guten Gespräche sei man optimistisch, in der anstehenden dritten Verhandlungsrunde am 17. und 18. Juni in Hamburg zu einem für beide Seiten tragfähigen Tarifergebnis zu kommen.

Bei der HHLA wird unterdessen festgelegt, wie man den durch den Streik verursachten Rückstau bei der Ladungsabfertigung aufholen will. „Die Terminals arbeiten bereits an der Wiederaufnahme des Betriebs gegen 23 Uhr und planen weitere Maßnahmen für das Wochenende, um den streikbedingten Ausfall von heute zu kompensieren. Dazu zählen unter anderem verlängerte Öffnungszeiten in der Lkw-Abfertigung sowie die zusätzliche Bahnabfertigung in der Nachtschicht“, sagte die Unternehmenssprecherin.

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Wer unterdessen glaubt, mit diesem Warnstreik sei der Arbeitskampf vorbei, der irrt sich. Für den Dienstag kommender Woche hat Ver.di zu einem Warnstreik während der Frühschicht in Bremen aufgerufen. Am Mittwoch sind dann der Autoumschlag und die Containerterminals in Bremerhaven von einer Arbeitsniederlegung betroffen. Hamburg ist somit nur der Anfang.