Hamburg. Die Zinsen lagen damals deutlich höher. Doch die Preise haben stark angezogen. Das Abendblatt wagt den Vergleich – mit Überraschungen.

  • Zinsen für Immobiliendarlehen sind heute niedriger
  • Die Preise für Immobiien haben stark angezogen
  • Steuer, Notarkosten und Maklergebühren verteuern den Kauf

Für viele Hamburger ist der Immobilienkauf heute schwieriger denn je. Nach dem Ende der Niedrigzinsphase mussten viele den Traum von den eigenen vier Wänden aufgeben, nachdem die Zinsen für Immobilienkredite von rund einem Prozent auf mehr als vier Prozent gestiegen waren. Inzwischen sind die Konditionen wieder etwas günstiger und im langfristigen historischen Vergleich nicht ungewöhnlich hoch. Denn zu Beginn der 1990er-Jahre lagen sie im Schnitt bei fast neun Prozent. Wie teuer war es damals und heute, ein frei stehendes Einfamilienhaus aus dem Bestand in Hamburg zu kaufen und zu finanzieren? Das Abendblatt hat nachgerechnet.

Nach den Zahlen des Gutachterausschusses Hamburg, der die Immobilien-Kaufverträge auswertet, kostete 1993 ein frei stehendes Einfamilienhaus aus dem Bestand in Hamburg im Schnitt 312.910 Euro. Der Einfachheit halber wurden alle Beträge aus diesem Jahr in Euro umgerechnet. Die Zinsen für Immobilienfinanzierungen lagen damals bei fast acht Prozent und erreichten ein Jahr später fast neun Prozent. Der durchschnittliche Bruttolohn eines Hamburgers betrug umgerechnet 27.775 Euro.

Größere Einschränkungen für den Kauf einer Immobilie

„In den 1990er-Jahren war die eigene Immobilie das Höchste, was man erreichen konnte, und dafür waren die Käufer auch bereit, sich einzuschränken. Dies schon lange vor dem Kauf, um Eigenkapital anzusparen und auch in den ersten Jahren des Besitzes“, sagt André Tiedemann, der schon in dieser Zeit Baufinanzierungsspezialist der Haspa war.

Dinge wie ein neues Auto, Essen außer Haus in Restaurants oder Urlaub wurden aufgeschoben, um sich den Traum von den eigenen vier Wänden zu erfüllen. Die Käufer waren damals schon zu größeren Einschränkungen bereit, und auch schon angesparte Bausparverträge spielten eine größere Rolle für die Finanzierung.

Hohe Erwerbsnebenkosten erschweren den Immobilienkauf

Denn auch wenn der Kaufpreis aus heutiger Sicht niedrig erscheint, ein Durchschnittsverdiener konnte sich auch damals ein Einfamilienhaus nicht leisten – bei einem Monatsverdienst von rund 2300 Euro. Selbst für Doppelverdiener war das nicht zu stemmen, denn die monatliche Belastung aus der Rate für Zins und Tilgung lag bei 1975 Euro.

Für beide Vergleichsrechnungen wurde angenommen, dass die Erwerbsnebenkosten aus den eigenen Ersparnissen bezahlt werden und das Eigenkapital zusätzlich für rund 15 Prozent des Kaufpreises reicht. Grunderwerbsteuer, Notar- und Gerichtskosten und Maklercourtage summierten sich 1993 auf rund 30.500 Euro. Die Gesamtkosten lagen damit bei 343.419 Euro. Abzüglich 75.000 Euro Eigenkapital mussten 268.419 Euro finanziert werden.

Jahrzehntelang wurde die eigene Immobilie staatlich gefördert – bis 2021

Eine zehnjährige Zinsbindung war damals nach Einschätzung von Tiedemann üblich, ebenso eine Tilgung von nur einem Prozent. Im Mai 1993 lagen die Zinsen im Schnitt bei 7,83 Prozent. Daraus ergibt sich die monatliche Rate von 1975 Euro.

Allerdings wäre diese Rate durch Steuerersparnisse in den ersten vier Jahren noch um einige Hundert Euro niedriger ausgefallen. Je nach Steuersatz wäre geschätzt eine Entlastung zwischen 200 und 400 Euro im Monat möglich gewesen. Im Beispielfall konnte die monatliche Belastung in den ersten vier Jahren bis auf rund 1550 Euro sinken. „Die Steuervergünstigungen beim Immobilienkauf in den 1990er-Jahren waren nicht so klar berechenbar wie die spätere Eigenheimzulage“, sagt Tiedemann. „Die hatte einen sichtbareren Effekt, darauf konnte man sogar attraktive Finanzierungsprodukte aufbauen.“ Sie wurde aber erst 1996 eingeführt und lief bis 2005. Eine Familie mit zwei Kindern bekam für ein gekauftes Bestandsobjekt in den ersten acht Jahren insgesamt rund 22.400 Euro vom Staat. Jahrzehntelang wurde der Immobilienerwerb staatlich gefördert, doch seit dem Auslaufen des Baukindergeldes 2021 gibt es keine direkte Förderung mehr.

1993 lag die Grunderwerbsteuer in Hamburg noch bei zwei Prozent

Die einzige Konstante beim Immobilienerwerb sind die Nebenkosten. Sie machen 1993 wie 30 Jahre später rund zehn Prozent des Immobilienpreises aus. Durch den Anstieg der Immobilienpreise hat sich die Summe allerdings fast verdreifacht. Zwar betrug die Grunderwerbsteuer 1993 in Hamburg nur zwei Prozent, dafür musste damals die Maklercourtage (6,25 Prozent) allein vom Käufer getragen werden. Seit einigen Jahren teilen sich Käufer und Verkäufer das Maklerhonorar. Die Grunderwerbsteuer beträgt aber inzwischen in Hamburg 5,5 Prozent.

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Seit 1993 haben sich Einfamilienhäuser in Hamburg um 209 Prozent verteuert und übersprangen zwischenzeitlich die Marke von einer Million Euro. Durch einen Preisrückgang von elf Prozent im Jahr 2023 lag der der Durchschnittspreis bei 967.000 Euro. Mit den Erwerbsnebenkosten beträgt die Gesamtinvestition 1.064.860 Euro. Abzüglich des Eigenkapitals von 245.000 Euro müssen 819.860 Euro zu einem Zinssatz von 3,75 Prozent finanziert werden. Die monatliche Rate liegt bei 3928 Euro.

Das Eigenkapital kommt heute von Eltern und Großeltern

„Wenn heute Einfamilienhäuser gekauft werden, dann kommt das Eigenkapital häufig von den Eltern, Großeltern oder aus Erbschaften“, sagt Haspa-Baufinanzierungsexperte Tiedemann. Die elterliche Unterstützung spiele eine wesentlich größere Rolle als in den 1990er-Jahren.

Nach Einschätzung von Tiedemann ist „die eigene Immobilie auch heute noch ein hohes Gut und für viele Hamburgerinnen und Hamburger ein Lebenstraum“. Die Bereitschaft zur Einschränkung sei aber nicht mehr ganz so groß wie früher. „Aber man muss dabei auch berücksichtigen, dass die Finanzierung in der Niedrigzinsphase mit Zinsen von rund einem Prozent supergünstig war. Es gab also auch weniger Gründe, sich einzuschränken.“

Seit 1993 hat sich der Wert eines Einfamilienhauses in Hamburg verdreifacht

Das könnte sich jetzt wieder ändern. „Inzwischen hat eine Trendwende eingesetzt, wir erleben wieder eine höhere Nachfrage nach Baufinanzierungen. Die Preise haben sich auf einem niedrigeren Niveau eingependelt, und die Käufer stellen sich auch auf das höhere Zinsniveau ein“, sagt Tiedemann.

Der Wert eines Einfamilienhauses hat sich in Hamburg innerhalb von 30 Jahren verdreifacht und stellt andere Preissteigerungen in den Schatten. Denn die Verbraucherpreise sind in diesem Zeitraum nur um 72 Prozent gestiegen und die Bruttolöhne um 81 Prozent.

Heute ist der Immobilienkauf eine größere Herausforderung als 1993

Trotz deutlich niedrigerer Zinsen als in den 1990er-Jahren ist der Kauf eines Einfamilienhauses in Hamburg eine größere Herausforderung als 1993. Auch wenn sich die finanzielle Belastung aus der monatlichen Finanzierung „nur“ verdoppelt hat und die Einkommensentwicklung das fast auffängt: Der Anstieg der Immobilienpreise erfordert ein dreifach höheres Eigenkapital, das größte Problem bei den meisten Finanzierungen. Und in einer Zeit der Niedrig- und Negativzinsen gab es auch keinen Anreiz zum Sparen.

Die Immobilienkäufer von 1993 hatten es trotz hoher Zinsen etwas leichter, da der Immobilienerwerb steuerlich gefördert wurde und sie auch zu größerem Verzicht bereit waren. Häufig wurde mit einem Bausparvertrag schon in der Ausbildung früher der Grundstein für die eigenen vier Wände gelegt. Hohe Sparzinsen in dieser Zeit waren ein weiterer Anreiz.