Hamburg. Hamburger Konzern spürt Kaufzurückhaltung. Hohe Abschreibung auf Beteiligung an About You. Was Beschäftigte und Kunden nun erwartet.
Die Hamburger Otto Group weist auch für das Geschäftsjahr 2023/24 (zum 28. Februar) einen Verlust in dreistelliger Millionenhöhe aus. So stand bei dem Handels- und Logistikkonzern unterm Strich ein Fehlbetrag von 426 Millionen Euro, ein Jahr zuvor waren es 411 Millionen Euro gewesen. Der Verlust wurde damit sogar ausgeweitet. Zum Vergleich: 2021/22 hatte die Otto Group (Otto, Witt, About You, Hermes, Bonprix usw.) noch einen Jahresüberschuss von 1,8 Milliarden Euro erwirtschaftet. Davon ist man nun weit entfernt.
Vorstandchef Alexander Birken sprach von „großen Herausforderungen“ mit Blick auf das weltpolitische und weltwirtschaftliche Umfeld. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die Kriege in der Ukraine, im Nahen Osten, auf demokratiefeindliche Entwicklungen in Europa, aber auch auf die lange Zeit mit hohen Inflationsraten sowie andere belastende makroökonomische Entwicklungen. Dies führe bei den Konsumenten zu „großen Unsicherheiten“.
Otto Group schreibt rote Zahlen – Abschreibung auf About You
Finanzchefin Petra Scharner-Wolff, die Birken im März 2025 an der Spitze des Konzerns ablösen wird, sprach von einer „großen Kaufzurückhaltung“. So ist es wenig verwunderlich, dass der Umsatz der Otto Group 2023/24 insgesamt auf vergleichbarer Basis um sechs Prozent auf 15 Milliarden Euro zurückgegangen ist.
Blickt man auf das Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda), so hat sich diese Größe bei der Otto Group durchaus positiv entwickelt. Hier standen 2023/24 rund 744 Millionen Euro. Im Vorjahr waren es noch 589 Millionen Euro gewesen. Allerdings belastet eine hohe Abschreibung dieses operative Ergebnis. Hierbei geht es um den Mode-Onlinehändler About You. Weil die Otto-Beteiligung kräftig an Wert verloren hat, mussten darauf nun 175 Millionen Euro abgeschrieben werden.
Aktienkurs von About You rauscht in den Keller
Schaut man auf die Aktienkurs-Entwicklung von About You seit dem Börsengang im Frühsommer 2021, so hat das Papier und damit das Unternehmen massiv an Wert eingebüßt. Lag der Ausgabepreis vor rund drei Jahren noch bei 23 Euro, wird die Aktie aktuell mit rund 3,80 Euro gehandelt. Ein Verlust von mehr als 80 Prozent.
Birken hob in seinem Redebeitrag zur Bilanzvorlage vor allem die aus seiner Sicht positiven Entwicklungen in der Otto Group hervor. „Wir haben uns stark auf Profitabilität und Liquidität konzentriert“, sagte er. Im Vergleich zur gesamten Branche stehe man „sehr, sehr gut da“. Der Vorstandschef verwies hier unter anderem auf die Eigenkapitalquote in Höhe von knapp 34 Prozent, betonte aber auch, dass der Konzern auf allen Ergebnisebenen ein positives Vorzeichen anstrebe. Und zwar möglichst schon in diesem Geschäftsjahr, spätestens aber im darauf folgenden. Im Klartext: Die Otto Group will den Jahresfehlbetrag von 426 Millionen Euro schnell herunterfahren und wieder einen Jahresüberschuss oder zumindest ein ausgeglichenes Ergebnis ausweisen.
Arbeitsplätze bei Otto abgebaut – auch in Hamburg
Dazu soll auch eine strenge Kostendisziplin beitragen. „Wir haben die Krise genutzt, um die Otto Group fit für die Zukunft zu machen. Das ist gelungen. Nicht zuletzt können wir nun mit einem anderen, effizienteren Kostengerüst arbeiten. Damit sind wir hervorragend aufgestellt, um mit unseren Geschäftsmodellen im Wettbewerb nachhaltig erfolgreich zu sein und jeglichen Rückenwind des Marktes zu nutzen“, sagte Birken. Dabei hat die Otto Group unter anderem den Geschäftsbetrieb des Spielzeug-Onlinehändlers Mytoys und der belgischen Unigro-Tochter eingestellt. Aber auch im Marketing wurde kräftig gespart.
Dieser strikte Sparkurs blieb nicht ohne Folgen für die Angestellten. Hatte die Otto Group im Geschäftsjahr 2022/23 – auf Vollzeitkräfte umgerechnet – noch 41.186 Beschäftigte, sind es nun 38.456 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, ein Rückgang von 2730 Stellen.
Otto setzt stark auf künstliche Intelligenz
Auch der Standort Hamburg ist vom Personalabbau betroffen. Nach Angaben des Konzerns sind aktuell 8074 Beschäftigte in der Hansestadt für die Otto Group tätig, ein Jahr zuvor seien es noch 8388 gewesen – ein Rückgang von mehr als 300 Arbeitsplätzen. Und der aktuell gültige „grundsätzliche Einstellungsstopp“ soll weiter gelten. Er wird als eine „relevante Maßnahme zur Ergebnissicherung“ beschrieben. Programme zum aktiven Abbau von Arbeitsplätzen werde es aber nicht geben, stattdessen setzt der Konzern auf „natürliche Fluktuation“.
Technologisch baut die Otto Group in den kommenden Jahren verstärkt auf künstliche Intelligenz (KI), auch aus Kostengründen. „Das ist für uns und die gesamte Wirtschaft das große Zukunftsthema“, sagte Birken. Der Bereich solle bei der Otto Group deutlich erweitert werden. Dabei geht es zum einen darum, das sogenannte Shoppingerlebnis für die Kunden zu verbessern, aber auch um die schnellere und preiswertere Zustellung von Waren.
So werden die modernen Logistikzentren in Altenkunstadt (Bayern) und Iłowa (Polen) noch 2024 fertiggestellt. Zudem sollen alle Warenlager stärker als bisher automatisiert werden. „Wer heute online bestellt, erwartet, dass die vollständige Sendung möglichst morgen zugestellt wird“, heißt es. Um dies zu gewährleisten, kommen verstärkt KI-gesteuerte Roboter in den Lagern zum Einsatz. Sie werden bereits im größten deutschen Otto-Logistikzentrum in Haldersleben (Sachsen-Anhalt) getestet.
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Beim sogenannten Shoppingerlebnis will der Onlinehändler ebenfalls mithilfe von KI neue Wege gehen. So bekommen Kundinnen und Kunden zum Teil jetzt schon über Spracheingaben („Ich suche ein Geburtstagsgeschenk für meine Freundin“) Kaufempfehlungen. Diese Möglichkeiten will man erweitern und verbessern. Aber KI hilft auch bei anderen Arbeiten: Während die manuelle Beschreibung eines online angebotenen Artikels auf der Internetseite etwa zehn Minuten dauere, schaffe KI in der gleichen Zeit „rund 1500 solcher Texte in höchster Qualität“, heißt es von der Otto Group. So spart man Zeit und Geld.