Hamburg. Schon in naher Zukunft halbiert der Autobauer die Zahl seiner Filialen. Was das für die Kunden und die Beschäftigten bedeutet.
Finanziell gesehen war der vergangene Monat für viele der etwa 750 Beschäftigten der Mercedes-Niederlassung Hamburg einigermaßen erfreulich. Mit dem April-Gehalt wurde ihnen die Erfolgsbeteiligung für 2023 ausgezahlt: Immerhin 1000 Euro, doch zugleich deutlich weniger als bei vielen anderen Beschäftigten des Autobauers. Schließlich gab es bis zu 7300 Euro. Es war der bislang höchste Mitarbeiter-Bonus in der Geschichte des Unternehmens.
Angespannt ist die Stimmungslage in den vier konzerneigenen Standorten in der Hansestadt jedoch vor allem aus einem anderen Grund. Kurz nach Jahresbeginn kündigte das Daimler-Management um Vorstandschef Ola Källenius an, Mercedes wolle sich aus dem stationären Autohandel zurückziehen und die deutschen Autohäuser an Investoren aus der Branche verkaufen.
Mercedes schließt überraschend zwei Filialen der Niederlassung Hamburg
Die Beschäftigten sind besorgt und protestierten unlängst öffentlichkeitswirksam gegen die Pläne. Nun stellt sich heraus: Auch die Kunden des Premium-Herstellers in der Hansestadt müssen sich auf Veränderungen einstellen. Die Niederlassung wird in naher Zukunft zwei ihrer vier Filialen schließen.
Das kündigte Matthias Kallis, der Chef der Niederlassungen in Hamburg und in weiteren norddeutschen Städten, im Gespräch mit dem Abendblatt an. Demnach soll der Standort am Bornkampsweg (Bahrenfeld) bereits zum Jahresende aufgegeben werden. Die Verkaufs- und Servicefiliale am Heidenkampsweg (Hammerbrook) mittelfristig. Nach Abendblatt-Informationen ist der Auszug für Mitte 2025 geplant.
Mercedes in Hamburg: Erste Filiale am Jahresende dicht
Das ist auf den ersten Blick durchaus überraschend, denn bei der Bekanntgabe der Verkaufspläne hatte Mercedes betont, es solle kein Standort geschlossen werden. Doch dieses Vorhaben ist auch gar nicht der Grund für die Schließungen in der Hansestadt. Die Abwicklung der beiden Filialen wird intern bereits seit 2022 vorangetrieben. Zuvor hatte Källenius einen anderen Strategiewechsel verkündet.
Er verordnete Mercedes eine Premium-Strategie: Der Konzern konzentriert sich seither stärker auf hochpreisige und margenstarke Modelle. Für die Niederlassung Hamburg hat das weitreichende Folgen. Sie wird künftig nur mehr an den Standorten Kollaustraße und Friedrich-Ebert-Damm präsent sein.
Beide werden seit geraumer Zeit mit Millionenaufwand umgebaut, erweitert, aufgewertet. In Wandsbek hat dieser Tage zudem der Bau eines Autohauses exklusiv für die PS-starken und teuren Modelle der Mercedes-Premium-Marke AMG begonnen. „Wir werden die bereits begonnenen Umbauarbeiten selbstverständlich zu Ende führen“, sagt Kallis. Auch wenn der Konzern bereits auf der Suche nach neuen Eigentümern ist.
Mercedes schließt zwei Filialen – was das für die Kunden bedeutet
Für die Kunden bedeutet die Neuaufstellung der Niederlassung – wer auch immer künftig der Eigentümer sein mag: Alles das, was ihnen bislang an Bornkamps- und Heidenkampsweg geboten wurde, findet künftig an der Kollaustraße (Niendorf) und am Friedrich-Ebert-Damm (Wandsbek) statt.
Die Beschäftigten an den Standorten, die aufgegeben werden, werden sich lediglich an einen neuen Arbeitsweg zu den beiden verbleibenden Filialen gewöhnen müssen. Die Jobs blieben erhalten, es werde niemand entlassen, heißt es. Ohnehin gilt im Konzern eine Beschäftigungsgarantie bis 2029. Kallis betonte: „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind über alle geplanten Veränderungen an den Standorten informiert und aktiv an der Umsetzung beteiligt.“
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Tatsächlich nehmen die Beschäftigten die Standortschließungen nicht nur klaglos hin, sondern sind damit offensichtlich auch einverstanden. Der Betriebsrat wollte sich gegenüber dem Abendblatt zum Thema nicht äußern.
Mehr zu verlieren haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei einem möglichen Verkauf der Filialen. Selbst vergleichsweise schmale Erfolgsbeteiligungen für alle Beschäftigten sind im Autohandel nicht üblich.