Hamburg. Die Entscheidung der Bundesregierung trifft nicht nur bei Kunden auf Unverständnis. Doch einige Verkäufer verlängern den Zuschuss.

Für Hamburger, die derzeit vor dem Kauf eines Elektroautos stehen, ist das wie eine kalte Dusche: völlig überraschend hat die Bundesregierung die staatliche Förderung mit sofortiger Wirkung beendet. Am Wochenende zog das Kabinett angesichts der akuten Haushaltsprobleme den Stecker. Neue Förderanträge konnten nur noch bis zum Sonntag eingereicht werden.

Damit hat die Bundesregierung große Verunsicherung ausgelöst. „Gefühlt jeder Kunde, mit dem wir wegen eines Autokaufs in Kontakt sind, fragt uns, was jetzt geschieht“, sagt Viktor Hafner, der als Geschäftsführer des Hamburger Autohändlers SPT Avior Fahrzeuge des chinesischen E-Auto-Herstellers BYD vermarktet. „Nachdem sich die Politik bisher immer bemüht hat, die Menschen für die Elektromobilität zu gewinnen, wird ihr jetzt der Boden weggerissen“, sagt Björn Böttcher, Geschäftsführer der Hamburger Autohandelsgruppe Dello. Für ihn ist die Entscheidung aus Berlin ein „kommunikatives Desaster“, denn: „Die Kunden haben im Vertrauen auf die Prämie ihr E-Auto bestellt, und dieses Vertrauen ist arg missbraucht worden.“

Kaufprämie für E-Autos fällt weg – in Hamburg kommt ein Problem hinzu

Aktuell wisse niemand, wie es weitergehen soll. „Da wird sicher der eine oder andere Käufer von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch machen.“ Das Problem: Alle, die den Förderantrag nicht bis einschließlich Sonntag gestellt haben, sind nach den Worten von ADAC-Sprecherin Katrin van Randenborgh „nach jetzigem Stand raus“ – ganz gleich, ob das Auto bereits gekauft und zugelassen wurde und nur eben noch der Antrag hätte gestellt werden müssen. Dabei geht es immerhin um bis zu 4500 Euro.

Weil man aber den Antrag erst nach erfolgter Zulassung stellen kann, kommt in Hamburg aus der Perspektive der Käufer noch ein weiteres Ärgernis hinzu: „Wegen der Streiks im öffentlichen Dienst haben Zulassungsstellen hier immer zeitweise nicht gearbeitet, manche Zulassungen haben sich um zwei Wochen verzögert“, so Hafner.

Autohersteller verkaufen lieber große und teure Modelle

Nachdem zum 1. Januar 2023 der Bundesanteil der Förderung für batterieelektrische Fahrzeuge mit einem Nettolistenpreis bis zu 40.000 Euro bereits von zuvor 6000 Euro auf 4500 Euro gesenkt worden war, sei der politisch gewollte Umstieg auf E-Autos im Massenmarkt ohnehin schon „ins Stocken geraten“, sagt Böttcher. Dazu trage bei, dass „die Hersteller offenbar eher daran interessiert sind, große und teure Modelle zu bauen“. Tatsächlich gibt es bisher gerade einmal drei E-Autos, die weniger als 30.000 Euro kosten – es sind die Typen Fiat 500e, Dacia Spring und Renault Twingo. Damit spielte die Förderung eine umso größere Rolle.

Vor diesem Hintergrund sieht der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) jetzt die Autoindustrie am Zug. „Was gerade die deutschen Konzerne an E-Autos anbieten, ist für einen Großteil der Bevölkerung schlicht nicht finanzierbar“, sagte der BUND-Verkehrsexperte Jens Hilgenberg der Nachrichtenagentur dpa. Bei Kleinwagen schlummere ein großes Potenzial. „Deutsche Konzerne verweigern jedoch aktuell bezahlbare E-Autos für die Masse.“

Kfz-Gewerbe spricht von „unfassbar großem Vertrauensbruch“ durch den Bund

Mit ihrer Entscheidung schädige die Bundesregierung „viele Tausend Kundinnen und Kunden sowie die Autohändler und zerstört gleichzeitig das Vertrauen in eine nachvollziehbare und rationale Politik zur Förderung der Elektromobilität“, heißt es vom Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). „Das ist ein unfassbar großer Vertrauensbruch für mehrere Zehntausend Kundinnen und Kunden, die ihre E-Fahrzeuge bestellt haben unter der Voraussetzung, dass die Fördersumme fließt“, sagte ZDK-Präsident Arne Joswig. Das Ziel, bis zum Jahr 2030 bundesweit 15 Millionen batterieelektrische Fahrzeuge auf die Straße zu bekommen, rücke so in noch weitere Ferne.

„Das Mindeste wäre, den Umweltbonus bis zum Jahresende laufen zu lassen und gleichzeitig in Abstimmung mit Ländern und Kommunen dafür zu sorgen, dass bis zum 31. Dezember 2023 Zulassungsstellen geöffnet bleiben, um Zulassungen vornehmen zu können“, findet Joswig. „Unsere Händler stehen für einen schnellen Hochlauf der Elektromobilität – es geht nicht an, ihnen Knüppel zwischen die Beine zu werfen!“

ADAC hält eine Korrektur der Regierungsentscheidung für möglich

Über politischen oder über öffentlichen Druck könne sich womöglich aber noch etwas bewegen, meint ADAC-Sprecherin van Randenborgh: „Die Kritik ist auch innerhalb der Ampelkoalition ja jetzt sehr, sehr laut, sodass sich die Bundesregierung da vielleicht noch mal korrigiert.“

Manche Automarken jedenfalls kommen den Kunden zumindest ein Stück weit entgegen. So teilte der Stellantis-Konzern (unter anderem Peugeot, Opel, Fiat, Jeep) mit, er übernehme kurzfristig den gesamten Umweltbonus für seine Privatkunden. Man garantiere bis zum Jahresende die volle Prämie – bis zu 6750 Euro inklusive Herstelleranteil – für Elektrofahrzeuge, die bis zum 31. Dezember zugelassen werden.

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Noch etwas kulanter zeigt sich der koreanische Anbieter Kia. Bei ihm gilt der Stichtag 31. Dezember nicht für die Zulassung, sondern für die Bestellung. „Bei einer Bestellung bis zum 31.12.2023 garantieren wir den vollen Umweltbonus für den Kia Niro EV, Kia EV6 und Kia EV6 GT.2“, heißt es etwa beim Poppenbütteler Kia-Händler Autohaus Günther. Laut dem Neuwagen-Vergleichsportal Carwow verfährt der ebenfalls koreanische Hersteller Hyundai bei den Modellen Ioniq 5 und Ioniq 6 genauso.

Doch die Autokonzerne könnten sich demnächst womöglich ohnehin etwas großzügiger zeigen, glaubt die ADAC-Sprecherin van Randenborgh: „Wir gehen davon aus, dass jetzt ein bisschen mehr Preiswettbewerb in den Markt kommt vor dem Hintergrund, dass die Fahrzeuge einfach noch so teuer sind, dass sie am Ende des Tages nur schwer verkäuflich sind.“