Hamburg. Autokonzern will sich von eigenen Niederlassungen trennen. Vier Standorte in Hamburg betroffen. Was das für die Beschäftigten bedeutet.
In den Mercedes-Benz-Autohäusern in Hamburg geht die Angst um. Seitdem der Autokonzern Anfang des Jahres angekündigt hat, sich von seinen eigenen Vertriebsniederlassungen zu trennen, bangen die Mitarbeiter um ihre Zukunft. Es geht um 8000 Stellen, 750 davon in Hamburg.
In der Hansestadt betreibt der Konzern noch vier eigene Niederlassungen, am Friedrich-Ebert-Damm, an der Kollaustraße, am Heidenkampsweg und am Bornkampsweg. An allen vier Standorten fanden am Donnerstag auf Veranlassung des Betriebsrats zeitlich versetzte Betriebsversammlungen statt.
Mercedes sieht das klassische Autohaus als Auslaufmodell
Im Januar hatte das Unternehmen in Stuttgart bekannt gegeben, den Betrieb eigener Autohäuser aufzugeben. Der Konzern favorisiert offenbar den Direktvertrieb online und sieht das Autohaus eher als Auslaufmodell. Laut unbestätigten Meldungen würde es rund 800 Millionen Euro kosten, die Niederlassungen inklusive Digitalisierung fit für die Zukunft zu machen – Geld, das die Schwaben nun sparen wollen. Zudem dürfte der Verkauf zusätzliche Millionen in die Kassen spülen.
Ein Unternehmenssprecher sagte: „Der physische Handel ist und bleibt eine zentrale Säule für den Erfolg von Mercedes-Benz. Um auch im Zeitalter der Digitalisierung und Elektromobilität das beste Kundenerlebnis zu bieten, optimieren wir die traditionellen Vertriebsstrukturen kontinuierlich. Nach sehr guten Erfahrungen in verschiedenen europäischen Märkten prüfen wir nun auch in Deutschland, wie wir unsere konzerneigenen Niederlassungen eigenständiger aufstellen können – dabei ist auch ein Verkauf an erfahrene und renommierte Händlergruppen nicht ausgeschlossen.“ Denn auch das hat Mercedes angekündigt: Es sollen keine Standorte geschlossen werden, sondern lediglich verkauft. Der Beschäftigungssicherungsvertrag, der betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2029 ausschließt, soll auch weiter bestehen.
Mercedes: Schock bei Mitarbeitern sitzt laut Betriebsrat tief
„Diese einseitig getroffene Entscheidung des Vorstands hat bei den Beschäftigten dennoch für Enttäuschung und Bestürzung gesorgt. Die Hoffnung über den Verbleib der Niederlassungen war bei unseren Kolleginnen und Kollegen groß. Deshalb sitzt der Schock über die Vorstandsentscheidung nach wie vor tief“, sagt Kenneth Turan, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender der Niederlassung Hamburg.
„Trotz unserer zahlreichen Bemühungen und hartnäckigen Gespräche konnten wir diese Entscheidung nicht beeinflussen. Den Verkauf der Niederlassungen halten wir für eine Fehlentscheidung, die wir im Grundsatz ablehnen“, so Turan. „Jetzt geht es darum, dafür zu kämpfen, dass der Flächentarifvertrag und die zusätzlichen Betriebsvereinbarungen etwa zum Weihnachtsgeld erhalten bleiben.“
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Ende März haben die Betriebsratsvorsitzenden und stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden der Niederlassungen sowie die zuständigen IG-Metall-Betriebsbetreuer ihre Kräfte gebündelt und gemeinsam eine Verhandlungsstrategie festgelegt, um gestärkt in die Sondierungsgespräche und anschließenden Verhandlungen mit der Geschäftsleitung zu gehen. Zusätzlich wurde eine Hintergrund-Kommission gebildet, die den Prozess engmaschig begleitet und wenn nötig eine „schnelle Eskalation“ ermöglicht, falls erforderlich. „Wir treten als geschlossenes Team auf. Wir halten zusammen – jeden Tag!“, ergänzt Kenneth Turan.