Hamburg. Seit Jahresbeginn hat das Hamburger Unternehmen Hunderte Stellen abgebaut. Vorstandschefin Petra von Strombeck sagt, wie es weitergeht.

Die Rezession in Deutschland hat auch vor der Internetwirtschaft nicht haltgemacht. Zuletzt hat die New Work SE, deren größte Marken die Job-Plattformen Xing und Kununu sind, mehrere Hundert Stellen gestrichen und einen Umzug angekündigt. Nun ist bekannt, wo die neue Zentraledes geschrumpften Unternehmens sein wird.

New Work SE: Hier entsteht die neue Zentrale der Xing-Mutter

„Wir haben den Stellenabbau weitestgehend abgeschlossen“, sagt Petra von Strombeck, Vorstandsvorsitzende der New Work SE, dem Abendblatt. Am Hauptsitz in Hamburg sei man innerhalb von nur drei Monaten von etwa 800 Vollzeitarbeitsplätzen auf 600 geschrumpft. Insgesamt hat das Unternehmen die Zahl der Beschäftigten im In- und Ausland von 1800 Vollzeitkräfte auf 1400 verringert. Grund dafür ist die wirtschaftliche Lage.

Durch Freiwilligenprogramme und Abfindungen habe man sich einvernehmlich von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern getrennt, sagt die Firmen-Chefin. Zum Abschied gab es Ende März sogar noch einen gemeinsamen Umtrunk mit den rund 200 scheidenden Beschäftigten in der sogenannten Kiez-Kneipe des Unternehmens, erzählt Petra von Strombeck. „Es ist aber natürlich immer ein schmerzhafter Prozess.“

New Work Harbour erst im Herbst 2021 bezogen

Nun steht fast ein ganzes Stockwerk in der seit Herbst 2021 angemieteten Zentrale in der HafenCity leer. Der „New Work Harbour“, wie das futuristische Bürogebäude an der Elbe heißt, sei mit seiner Dachterrasse und der modernen Gestaltung zwar sehr schön, das verglaste Gebäude schlucke aber auch Menschen, wie von Strombeck es formuliert: Um in viele Büros zu kommen, müsse man über das Atrium des riesigen schiffsähnlichen Bauwerks laufen. Das Gebäude wirke nie richtig voll, selbst wenn alle Beschäftigten in ihren Büros arbeiten würden. Am neuen Standort rückt man zukünftig hingegen etwas näher zusammen.

Im Hamburg New Work Harbour, früher bekannt unter dem Namen Unilever-Haus, mietet die New Work SE Büroflächen – noch.
Im Hamburg New Work Harbour, früher bekannt unter dem Namen Unilever-Haus, mietet die New Work SE Büroflächen – noch. © imago/Stephan Wallocha | IMAGO/Stephan Wallocha

Der Nähe zur Elbphilharmonie und HafenCity bleibt man dabei treu: Zum Jahreswechsel 2025/2026 zieht das börsennotierte Unternehmen New Work SE in das Überseehaus am Baumwall, das bis dahin umgebaut sein wird. „Wir gehen von einer Homoffice-Quote von rund 50 Prozent aus“, sagt von Strombeck. Daher werden in der neuen Zentrale voraussichtlich rund 350 Schreibtische aufgestellt. Den ehemaligen Hauptsitz von New Work übernimmt dann die Hafenbehörde Hamburg Port Authority, die das Gebäude für 157 Millionen Euro gekauft hatte.

Xing: Wandel des Jobmarkts verändert auch das Geschäftsmodell

Der Stellenabbau im großen Stil ist eine Folge der strategischen Neuausrichtung des Unternehmens. Dabei setzt von Strombeck insbesondere auf die Plattformen Xing und Kununu. Seit der Gründung des Job-Netzwerks Xing im Jahr 2003, das anfangs noch Open Business Club – kurz: Open BC – hieß, hat sich der Arbeitsmarkt komplett gedreht. Zu Anfangszeiten hat sich das Unternehmen vor allem über Premium-Mitgliedschaften und Werbung finanziert. „Der Jobmarkt war ein anderer“, sagt Petra von Strombeck. „Jobs waren rar, und talentierte Arbeitskräfte deshalb bereit, für ein exklusives Job-Netzwerk Geld zu zahlen.“

Heute vertreibt die New Work SE ihre digitalen Produkte vorwiegend an Unternehmen. Zwar zeige sich die Rezession in Deutschland aktuell durch Einstellungsstopps in vielen Firmen. Die 55-Jährige ist jedoch optimistisch, dass sich das bald ändern wird: „Während die Prognose für 2024 nach unten korrigiert werden musste, bleiben die Voraussagen für das Jahr 2025 stabil“, so von Strombeck. Außerdem würden der Fachkräftemangel und die nach und nach aus dem Berufsleben ausscheidenden Babyboomer einen Kampf um Talente auslösen.

Damit verdient die New Work SE ihr Geld

Mehr als 22 Millionen Mitglieder hat die Job-Plattform Xing im Jahr 2024. Auf Unternehmensseite zahlen die Personalabteilungen für den sogenannten „Talent Manager“, der den Recruiting-Prozess vereinfachen soll. Außerdem verdient Xing am Geschäft mit Stellenanzeigen auf der Plattform. Premium-Mitgliedschaften und Werbeeinnahmen spielen hingegen eine untergeordnete Rolle.

Zweites großes Zugpferd soll in Zukunft die Plattform Kununu sein: Arbeitnehmer bewerten hier ihre Arbeitgeber in den Kategorien Karriere & Gehalt, Unternehmenskultur, Arbeitsumgebung sowie Vielfalt. Mehr als 360.000 Firmenprofile finden sich inzwischen auf dem Portal sowie insgesamt rund zehn Millionen Bewertungen und Gehaltsangaben.

Kununu: Tausende Unternehmen pro Jahr hinterfragen die Bewertungen

Jährlich kommen nach Angaben des Unternehmens zwei Millionen neue Dateneintragungen hinzu. Eine „Transparenzmaschine“ nennt Petra von Strombeck die Internetseite. Und während Kununu für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den Arbeitsmarkt durchsichtiger macht und das Werbe-Blabla in den Stellenanzeigen vieler Unternehmen entzaubert, freuen diese sich nicht immer über die Bewertungen auf dem Portal.

Im Überseehaus am Baumwall wird die New Work SE voraussichtlich zum Jahreswechsel 2025/2026 ihre neue Zentrale einrichten.
Im Überseehaus am Baumwall wird die New Work SE voraussichtlich zum Jahreswechsel 2025/2026 ihre neue Zentrale einrichten. © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

„Tausende Unternehmen kommen im Jahr auf uns zu und wollen schlechte Bewertungen überprüfen lassen“, sagt Petra von Strombeck. Sie betont jedoch: „Alle Bewertungen unterliegen vor Veröffentlichung einem Qualitätscheck.“ Werden Namen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern genannt oder diese diffamiert, werden die Einträge deaktiviert. Bestehen Zweifel daran, dass ein Eintrag echt ist, wird ein Kundenservice-Team eingeschaltet, das die Bewertung prüft. „Wir fordern auch manchmal Nachweise von bewertenden Personen ein, dass sie tatsächlich bei dem Unternehmen tätig sind oder waren“, so von Strombeck.

Unternehmen hatte gegen Bewertungsplattform Kununu geklagt

Dabei bleibe jedoch die Anonymität der Bewertenden stets gewahrt. Kürzlich hatte ein Unternehmen die Echtheit einer Arbeitgeber-Bewertung auf Kununu angezweifelt und gegen die Job-Plattform geklagt. Es forderte die Herausgabe von Klarnamen. Das Oberlandesgericht Hamburg hatte dem Kläger in einem Eil-Verfahren im Februar 2024 recht gegeben. Bringt diese Entscheidung das Geschäftsmodell von Kununu ins Wanken?

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Die Firmenchefin von New Work SE zeigt sich darüber gelassen: Denn der Bundesgerichtshof (BGH) hatte Bewertungsportalen in der Vergangenheit zugesichert, dass die Abgabe anonymisierter Bewertungen auf Portalen wie Kununu gesetzlich anerkannt ist. „Aus den BGH-Beschlüssen ergibt sich jedoch nicht die Notwendigkeit, Klarnamen herausgeben zu müssen“, stellt von Strombeck klar. Man gebe deshalb geschwärzte Nachweise heraus, die keine Rückschlüsse auf die Identität der Bewertenden zulassen. Im aktuellen Fall werde man das Hauptsacheverfahren abwarten. Von Strombeck ist zuversichtlich, dass dies im Sinne von Kununu ausfallen wird. Anderenfalls werde man dagegen vorgehen.

Petra von Strombeck über Kununu: „Wir schützen die Anonymität unserer Nutzerinnen und Nutzer“

Dass Transparenz für Unternehmen aber nicht immer angenehm ist, zeigt auch das Kununu-Profil von New Work SE selbst. Zwar kommt das Unternehmen im April 2024 in der Gesamtwertung auf 4,4 von fünf möglichen Sternen. Zur aktuellen Situation heißt es jedoch in einem durch künstliche Intelligenz (KI) generierten Vorstellungstext, das Unternehmen erlebe eine Phase der Unsicherheit. „Die Arbeitsatmosphäre ist angespannt aufgrund von Entlassungen und unklaren Strukturen“, fasst die KI die Bewertungen des vergangenen Jahres zusammen. Und der Titel einer der aktuellsten Eintragungen lautet: „War mal einer der besten Arbeitgeber in Hamburg und ist dann ganz tief gefallen.“