Hamburg. Haushüter betreuen Heim und Tiere, wenn die Besitzer verreist sind. Gunter Freudenthal (84) erzählt, was er dabei schon erlebt hat.
Wenn Gunter Freudenthal zur Arbeit fährt, fühlt sich das für ihn fast wie Ferien an. Der 84 Jahre alte Ruheständler ist Housesitter. Mehrmals im Jahr packt er seine Koffer – doch statt in den Urlaub geht es für Freudenthal in die Häuser von Hamburgerinnen und Hamburgern, die beruflich oder privat verreist sind.
Der Haushüter sorgt dafür, dass das Haus belebt aussieht, gießt ab und an die Blumen – und kümmert sich um Hund, Katze oder Fische, die bei seinen Kundinnen und Kunden leben. Meist wechselt er für eine oder zwei Wochen sein Zuhause – je nachdem, wie lang die Besitzerin oder der Besitzer unterwegs ist.
Housesitting: Warum Alter in diesem Job kein Nachteil ist
„Ich hatte im Radio von einem anderen Housesitting-Service gehört“, sagt der Uhlenhorster. „Und ich dachte sofort: Das klingt nach einem Job für mich.“ Das war vor 15 Jahren, als er schon fünf Jahre in Rente war. Zuvor war Freudenthal freier Handelsvertreter für Mess- und Regelungstechnik gewesen.
Mit dem Job als Housesitter verdient er sich im Alter etwas hinzu: Etwa 25 Euro netto am Tag bekommt er für seine Dienste. Freudenthal arbeitet für die Haushüter-Agentur von Irmgard Everding. Seit 1983 bringt die Hamburgerin Haus und Hüter zusammen und beschäftigt derzeit 20 Menschen.
Besonders beliebt für den Service sind Pensionärinnen und Pensionäre – wie Freudenthal. „Anfangs glaubten wir, dass wir auch junge Menschen einsetzen können“, sagt Everding, „aber die Auftraggeber wollten ältere Haushüter.“
Denn: „Housesitting ist eine Dienstleistung, die sehr viel Vertrauen voraussetzt“, sagt Franziska Köster. Auch die 34-Jährige betreibt einen Haussitter-Service in Hamburg und auf Sylt. Insbesondere in den hochpreisigen Gebieten um die Alster und in den Hamburger Elbvororten wohnt ihre Kundschaft.
Hamburger Haussitterin: „Keine Alarmanlage ersetzt die Präsenz im Haus“
Wer anderen sein Zuhause anvertraut, will sich darauf verlassen können, dass mit Eigenheim und Haustieren pfleglich umgegangen wird. Dabei sei es wichtig, die Intimsphäre von Kundinnen und Kunden zu wahren und diskret zu arbeiten. Köster sagt deshalb: „Nicht einmal meine Freunde und Familie wissen, wo genau ich im Einsatz bin.“
Denn nicht nur um Hund oder Katze zu versorgen, sei ihre Dienstleistung wichtig. Auch Einbrüche sollen so verhindert werden. „Keine Alarmanlage ersetzt die Präsenz im Haus“, sagt Köster. Der Service von Haushütern zählt auch offiziell zu den Sicherheitsberufen.
So finden Hamburger einen seriösen Haussitter
In Hamburg gibt es mehrere Housesitting-Anbieter. Das bestätigt Kay Scepanik vom Verband Deutscher Haushüter-Agenturen (VDHA). Er mahnt jedoch dazu, zwischen seriösen Haushüter-Agenturen und Internet-Plattformen zu unterscheiden, die ungeprüfte Privatpersonen vermitteln.
„Diese Plattformen bewegen sich in einer Grauzone“, sagt Scepanik. Sie böten wenig bis keinen Versicherungsschutz und prüften auch die von ihnen vermittelten Haussitter nicht. Und: Viele Internetplattformen lassen sich sowohl vom Haushüter als auch vom Hausbesitzer bezahlen. Bei Trusted Housesitters etwa kostet eine Standardmitgliedschaft für Haussitter 119 Euro im Jahr, Hausbesitzer zahlen mindestens 139 Euro jährlich.
„Bei unseren geprüften Agenturen kommt es auf Seriosität und Qualität an“, sagt Scepanik. Zwei Agenturen, die im Hamburger Raum Haushüter vermitteln, sind Mitglied im VDHA. Und diese Prüfung habe auch ihren Preis: Ein Haushüter kostet bei diesen Agenturen je nach Anzahl der Tiere und gebuchter anderer Services zwischen 70 und 90 Euro am Tag. Da Housesitting zu den haushaltsnahen Dienstleistungen zählt, können jedoch 20 Prozent der Kosten – bei einem Minijob-Verhältnis höchstens 510 Euro pro Jahr – von der Steuer abgesetzt werden.
Gunter Freudenthal hat vor seinem ersten Einsatz ein polizeiliches Führungszeugnis vorgelegt. Sein Dienstausweis ist der Beweis, dass er als Haushüter im Einsatz ist, zum Beispiel bei Polizeikontrollen. Das hat sich auch schon als praktisch erwiesen.
Haussitter mit Einbrecher verwechselt
Denn die Nachbarin eines Kunden hatte Freudenthal einmal für einen Eindringling gehalten, der unrechtmäßig durch den Garten spaziert – und rief die Polizei. Schnell konnte Freudenthal die Situation aufklären. „Wir empfehlen Kunden, dass sie ihre Nachbarn über unseren Einsatz als Haushüter vorab informieren“, sagt der 84-Jährige.
In seinem Job konnte Gunter Freudenthal schon hinter viele Fassaden blicken. Oft wohnt er in größerem Luxus, als er aus seiner Uhlenhorster Wohnung gewohnt ist. Einmal hütete der Pensionär etwa eine Katze in einem riesigen Atriumhaus in Langenhorn. Dort war er sogar in einer eigenen kleinen Wohnung untergebracht. Skurril wurde es, als er im Zuhause eines Kunden rund 150 Orchideen gießen sollte.
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Housitting: Rentner Freudenthal findet das Zusammenleben mit Haustieren am schönsten
Spannend fand Freudenthal außerdem die Erfahrung, in einem Reetdachhaus zu leben. „In solchen Häusern herrscht sowohl im Sommer als auch Winter ein angenehmes Innenklima“, sagt der Haushüter. Und noch etwas erfreut den aktiven 84-Jährigen im Zuhause seiner Kunden: ein gut bestücktes Bücherregal.
Am schönsten an seinem Beruf findet Freudenthal allerdings das Zusammenleben mit den Haustieren: Mehr als zwanzig Tiere durfte er so schon versorgen. „Ein furchtloser Umgang mit Hund oder Katze ist Grundvoraussetzung für Haushüter“, sagt der Rentner, der selbst schon mehrere Berner Sennenhunde besessen hat.
Sicherheit im Urlaub: Das sind die Vorteile von Housesitting
Im Gegensatz zu einer Tierpension können die Haustiere in ihrer gewohnten Umgebung bleiben und müssen sich nur mit ihrem neuen Herrchen oder Frauchen auf Zeit vertraut machen. Damit der Übergang klappt, reist Freudenthal meist einen Abend vor Abreise der Kundschaft an. Dann lässt er sich erklären, was er beim Füttern, Gassigehen oder Kuscheln beachten sollte.
Mehrmals im Jahr wechselt der Pensionär sein Zuhause, er hat schon einige Stammkunden. Nachdem die Corona-Pandemie der Housesitting-Branche zugesetzt hatte, gebe es wieder vermehrt Buchungen von Haussittern, sagt VDHA-Vorstand Kay Scepanik. Das Niveau von vor der Pandemie habe man allerdings noch nicht erreicht: Im Jahr 2019 seien die Haushüter der beiden Agenturen aus Hamburg insgesamt 250 Wochen gebucht gewesen.
Nach einem Einsatz bleiben Haushüter Freudenthal als Andenken die Fotos von den Tieren, die er gehütet hat. Und manchmal gibt’s von den Kundinnen und Kunden neben Trinkgeld auch ein Mitbringsel aus dem Urlaub: Tiroler Bauernspeck oder eine witzige Tasse waren schon dabei. Und ein Buch über Freudenthals Leidenschaft – die Brauereigeschichte.