Hamburg. Beschäftige werden zeitweise vom Militärdienst freigestellt. Konzernchefin rechnet für 2024 mit Stabilisierung des Gesamtgeschäfts.

Angesichts der immer wieder deprimierenden Nachrichten aus der Ukraine und der Bilder von schweren Zerstörungen klingt die Schilderung, die Angela Titzrath, Chefin der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), am Donnerstag zur Lage des zum Unternehmen gehörenden Terminals in Odessa gab, durchaus erstaunlich: „Das Terminal ist intakt, und wir haben dort in den vergangenen zwei Jahren praktisch keinen Tag Stillstand gehabt.“

Zwar musste auf behördliche Anweisung der seeseitige Umschlag infolge des Kriegs eingestellt werden, nur noch die im Rahmen der „Schwarzmeer-Getreide-Initiative“ eingesetzten Getreidefrachter wurden seitdem in dem ukrainischen Hafen abgefertigt. Der landseitige Güterumschlag werde aber von den rund 500 Mitarbeitern in „rollierender Besetzung“ weiter aufrechterhalten, sagte Titzrath: „120 Beschäftigte werden dafür immer nach vier Wochen von ihrem Militärdienst freigestellt.“

Seefracht für die Ukraine werde im ebenfalls zur HHLA gehörenden Terminal des italienischen Adria-Hafens Triest entladen und dann auf Zügen der HHLA-Bahnlogistiktochter Metrans zur Weiterverteilung nach Odessa gebracht, hieß es. „Wir werden weiterhin alles tun, um unser Team vor Ort und die Menschen in der Ukraine zu unterstützen“, sagte Titzrath.

Hafenkonzern HHLA: Terminal in Odessa steht trotz Kriegs keinen Tag still

Insgesamt liege im internationalen Geschäft eine „wichtige Erfolgsperspektive für die HHLA“, erklärte die Konzernchefin bei der Bilanzvorlage in Hamburg. Denn: „Die Zukunft gehört nicht unbedingt den größten Umschlagunternehmen, sondern denen mit dem besten Netzwerk und der nachhaltigsten Aufstellung.“ So werden aktuell unter anderem zwei weitere Terminals für den Bahn- und Lkw-Verkehr in Ungarn gebaut.

Im Hinblick auf die Nachhaltigkeit merkte Titzrath an, die HHLA habe die CO2-Emissionen im vorigen Jahr um 10,8 Prozent reduziert – was allerdings durch den Rückgang beim Containerumschlag um 7,5 Prozent auf 5,9 Millionen Standardcontainer (TEU) erleichtert worden sein dürfte. Im Vergleich zum Basisjahr 2018 habe sich der CO2-Ausstoß um rund 40 Prozent verringert.

Auch auf den noch nicht abgeschlossenen Einstieg der weltgrößten Reederei Mediterranean Shipping Company (MSC) mit Sitz in Genf ging Titzrath ein. Gegen die Beteiligung von 49,9 Prozent an der HHLA gibt es heftige Widerstände von der Gewerkschaft Ver.di und von Beschäftigten, die um die Mitbestimmung und um ihre Jobs bangen, auch wenn die Stadt Hamburg weiterhin mit 50,1 Prozent die Mehrheit halten soll. „Wir haben früh erkannt, dass solche Beteiligungen sinnvoll und wichtig sind“, sagte Titzrath. Die Vereinbarung sichere langfristig stabile Ladungsmengen.

HHLA-Chefin: Neue Reederei-Kooperation gefährdet Ladungsmengen in Hamburg

„Wir sehen die Sorgen und Bedenken in der Belegschaft und nehmen sie ernst“, ergänzte die Vorstandsvorsitzende. Es seien aber „weitreichende Absicherungen für die Beschäftigten“ vorgesehen, auch die Entscheidungshoheit über Investitionen bleibe bei der HHLA.

Während die Vereinbarung mit MSC Ladungsmengen sichern soll, dürfte eine andere Entwicklung in der Reederei-Branche das Umschlagvolumen im Hamburger Hafen verringern: Die Hamburger Containerreederei Hapag-Lloyd will ab 2025 mit dem dänischen Konkurrenten Maersk eine langfristige Zusammenarbeit unter dem Namen „Gemini Cooperation“ starten. Vorgesehen ist, sich stärker auf Häfen zu konzentrieren, in denen die Partner bereits eine starke Terminalpräsenz haben. Das sind in Deutschland Bremerhaven und Wilhelmshaven. Hapag-Lloyd-Chef Rolf Habben Jansen rechnet daher mit einem Rückgang von etwa zehn Prozent des bisherigen Umschlags der Reederei in Hamburg.

Titzrath sagte dazu, die konkreten Auswirkungen dieser angekündigten Verschiebungen seien noch nicht abzusehen. Auf Zahlen wollte sie sich nicht festlegen. „Wir befinden uns gerade erst am Anfang der Gespräche, auch mit unserem Kunden Hapag-Lloyd“, so Titzrath. Nach ihrer Darstellung ist das Containerterminal Altenwerder, an dem Hapag-Lloyd beteiligt ist, „heute das modernste und klimafreundlichste Terminal in der ganzen Welt“. Sie fügte an: „Es schnurrt wie eine Katze“ und es werde sehr gern von Kunden angefahren.

Hafenkonzern HHLA: 2024 soll der Containerumschlag deutlich wachsen

Unbezweifelbar jedoch war 2023 kein gutes Jahr für die HHLA. Der Containerumschlag des Unternehmens ging in Hamburg vor dem Hintergrund der geopolitischen Krisen um 6,3 Prozent auf knapp 5,7 Millionen TEU zurück. Damit sank der Konzernumsatz um 8,3 Prozent auf 1,447 Milliarden Euro, das Betriebsergebnis (Ebit) halbierte sich auf 109 Millionen Euro.

Allerdings habe sich Hamburg besser geschlagen als wichtige Wettbewerber, so Titzrath: Der Gesamthafen habe mit einem Rückgang des Containerumschlags um 6,9 Prozent etwas weniger stark gelitten als Rotterdam (minus 7 Prozent) und Antwerpen/Brügge (minus 7,2 Prozent).

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Für 2024 stellte die HHLA-Chefin eine Stabilisierung des Geschäfts in Aussicht. Für den Containerumschlag rechne man mit einem „deutlichen Anstieg“, der Umsatz soll „moderat“ zulegen. Weniger optimistisch ist Titzrath für das Betriebsergebnis, das in einer Bandbreite zwischen 85 Millionen und 115 Millionen Euro erwartet wird – was somit eher auf einen weiteren Rückgang hindeutet.

Hafenkonzern HHLA: 2024 mehr Umsatz, aber weniger Gewinn?

Diese Aussagen gelten nach Angaben des Vorstands aber nur unter starken Vorbehalten: „Aufgrund der ungewissen weiteren Entwicklung der geopolitischen Spannungen, des anhaltenden Kriegs in der Ukraine und der Auswirkungen der angekündigten Neuausrichtungen der Konsortialstrukturen der Reeder“ unterliege die Prognose hohen Unsicherheiten. Dazu trägt nach den Worten von Titzrath auch die Sicherheitslage im Roten Meer bei, denn die Angriffe von Huthi-Rebellen auf Handelsschiffe sorgten für „höhere Volatilität“ in allen Häfen.